Stadtbaurat Dr. Markus Bradtke über die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung trotz Corona
Sicherer Bürgerdialog
Auch das zweite Sommergespräch stand in diesem Jahr ganz im Zeichen der herrschenden Pandemie. Stadtbaurat Dr. Markus Bradtke sprach über die unterschiedlichen Formen der Bürgerbeteiligung und stellte die Lösungen vor, die sein Team erarbeitet hat, um den wichtigen konstruktiven Austausch auch in dieser schwierigen Zeit fortsetzen zu können - was mit hohem Mehraufwand auf Seiten der Veranstalter verbunden ist. Aber der Bürgerdialog muss weitergehen: mit erweiterten Online-Angeboten und angepassten Veranstaltungsformaten.
"Wir wollen die Meinung der Bürger einholen und an die politischen Gremien, die dann die Entscheidungen über die unterschiedlichen Vorhaben treffen, weitergeben", stellt Stadtbaurat Dr. Markus Bradtke heraus. Oftmals verfügen die Bürger über örtliche Kenntnisse, die der Verwaltung zum Teil nicht vorliegen. Außerdem können Menschen, die in einen Entscheidungsprozess einbezogen wurden und die verschiedenen Sichtweisen kennengelernt haben, das Ergebnis zum Schluss besser akzeptieren.
Zu diesem Zweck werden stetig immer besserere Beteiligungsformate entwickelt, die nun auch vor dem Hintergrund einer Pandemie und sich täglich ändernder Coronaschutzverordnungen funktionieren müssen.
Der Einbezug des Bürgers hat in Bochum eine lange Tradition mit mehreren hundert Veranstaltungen jährlich, darunter Anliegerversammlungen, Jugenddialoge und Planungswerkstätten, aber auch die Bürgerkonferenz mit 371 Bürgerinnen und Bürgern, die nach statistischem Modell ausgewählt wurden. "Beim Planungsgeschehen übertrifft die Stadt Bochum die gesetzlichen Mindeststandards bei Weitem", stellt Dr. Markus Bradtke heraus.
Kleinere Gruppen - mehr Online-Informationen
Um die Sicherheit der Bürger und auch der Mitarbeiter gewährleisten zu können, wurden die unterschiedlichen Beteiligungsformate nun an die geltenden gesetzlichen Bestimmungen angepasst. Die Personenanzahl bei größeren Veranstaltungen, wie etwa Stadtteilwerkstätten mit früher bis zu 300 Teilnehmern, wird drastisch je nach Raumgröße reduziert und die Personen werden in kleinere Gruppen aufgeteilt. Das Angebot, sich im Vorfeld online zu informieren, wurde ausgeweitet. Dadurch kann der früher große Anteil an Frontalunterricht auf ein Mindestmaß reduziert werden. Ein-Weg-Systeme sollen die Nachverfolgung erleichtern, zeitliche Anpassungen sollen für Entzerrungen sorgen. Informationsveranstaltungen vor Ort, wie Konfliktgespräche bei Baumfällungen oder auf Baustellen, finden aktuell nur mit maximal zehn Personen pro Gruppe statt. Auch hier müssen die geltenden Abstandsregeln eingehalten werden, was sich jedoch in emotional aufgeladenen Situationen mitunter als schwierig erweisen kann, wie Dr. Markus Bradtke weiß. Veranstaltungen mit geringer Personenzahl in geschlossenen Räumen, wie Arbeitsgruppen, sollen in größeren Räumen stattfinden, mit Möglichkeiten der Desinfektion. Auch Veranstaltungen, in denen es um Informationen und Erörterungen geht, wie Stadtteilkonferenzen, finden mit reduzierter Personenzahl und unterteilt in Gruppen statt. Hier setzen die Veranstalter vermehrt auf Formate im Freien, wie etwa Spaziergänge. Nach Möglichkeit sollen sich die Teilnehmer zu allen Veranstaltungen im Vorfeld anmelden, was sich jedoch als schwer umsetzbar erweist, da nicht alle Interessierten über einen Onlinezugang verfügen.
Neues Bahnhofsquartier Wattenscheid
Das neue Konzept konnte sich bei der Zwischenpräsentation zum neuen Bahnhofsquartier Wattenscheid bereits bewähren. In der Jahrhunderthalle hatten Bürger die Möglichkeit, sich über den Zwischenstand zu informieren und ihre Meinung zu äußern. Die Veranstaltung war ein Erfolg, wie Dr. Markus Bradtke feststellt: "Es wäre nur schön gewesen, wenn man die Präsentation in Wattenscheid hätte durchführen können".
Umgestaltung des Husemannplatzes
Ein weiteres aktuelles Projekt ist das Vorhaben zur Neugestaltung des Husemannplatzes. Der Architekturwettbewerb, der auf Basis einer vorangegangenen Bürgerbefragung ausgerichtet wurde, begann in der Hochphase der Corona-Pandemie. Das Kolloquium konnte nur online stattfinden, was die Kommunikation erheblich erschwerte. Die Bürger konnten in einer Ausstellung in der Jahrhunderthalle die Vorschläge der verschiedenen Architekturbüros begutachten und kommentieren. Diese Möglichkeit wurde intensiv genutzt. Die Jury konnte so feststellen, welche Themen den Bürgern wichtig waren und diese Kenntnis in ihre Entscheidung miteinbeziehen.
Im Herbst geht es weiter
Die nächsten größeren Beteiligungsformate werden im Oktober stattfinden, wie der Stadtbaurat ankündigt. Er freut sich bereits auf den kritisch-konstruktiven Austausch mit Bürgern und Initiativen. Meinungen und Anregungen sind stets erwünscht.
Autor:Patricia Porwol aus Bochum |
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