Schulen schlagen Alarm: Wandertage, (Austausch-)Fahrten und Lehrgänge auf der Kippe
Hohe Wellen in der Schullandschaft schlägt ein höchstrichterlichen Urteil zur Reisekostenerstattung für Lehrer bei Wandertage oder Studienfahrten. Demnach ist nun Nordrhein-Westfalen, ebenso wie schon viele andere Bundesländer verpflichtet, die Beträge zu erstatten. Darauf dürfen die Pädagogen auch nicht mehr freiwillig verzichten.
Was viele für gerecht halten, hat einen gravierenden Haken: Die Finanzierung ist durch den dafür bereitgestellten Etat von rund sechs Millionen Euro bei weitem nicht gesichert. Durchschnittlich erhielten die Bochumer Gymnasien für das Haushaltsjahr 2012 damit ein Reisekostenbudget von 2.254 Euro, schreibt Bernhard Arens als Vorsitzender der Bezirksdirektorenkonferenz in einem Protestbrief an NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann. „Weil dieses Budget bereits jetzt erschöpft und in der Regel weit überzogen ist, können wir auf Basis der aktuellen Zahlen keine weiteren Fahrten in diesem Jahr genehmigen“, so Bernhard Arens. „Dabei müssen Studienfahrten gerade jetzt geplant und gebucht werden“.
Weiterhin kann nun der Fall eintreten, dass in einer Jahrgangsstufe eine Klasse, die ihren Antrag bis zum Stichtag Ende Januar eingereicht haben, fahren darf, während Parallelklassen nun mangels Budget daheim bleiben müssen. Diese nicht tragbaren Konsequenzen haben heftige Proteste hervorgerufen.
Ebenfalls an das Ministerium geschrieben haben der Lehrerat und die Schülervertretung der Theodor-Körner-Schule, die gerade erst mit der traditionellen Freusburg-Fahrt für musisch- künstlerisch interessierte 145 Schüler aller neun Jahrgänge sowie zehn begleitenden Lehrern wieder einen besonderen Akzent gesetzt hat. „Von dieser Fahrt müssten wir uns wohl als erstes verabschieden und das nach vielen Jahrzehnten“, betont Bernhard Arens. Auch die Ski-Lehrgänge unlängst in Kaltenbach und jetzt in Nauders stehen auf der Kippe.
Oliver Bauer, Direktor am Neuen Gymnasium hat ähnliche Probleme: „Uns stehen 3.200 Euro zur Verfügung, die jährlichen Kosten liegen aber zwischen 10.000 und 12.000 Euro“. Als besonderes Highlight gilt in dieser Bildungseinrichtung der aufwändige Schüleraustausch mit dem französischen Übersee-Department Réunion. Dieser ist nunmehr ebenfalls gefährdet.
Unterstützung erhalten die Protestierenden vom Philologen-Verband. „Nach vielen Jahrzehnten“, so deren Bezirksvorsitzender Dr. Paul Reiter, „hatten sich die Regierenden in Düsseldorf sehr gemütlich darauf eingestellt, dass Lehrerinnen und Lehrer als einzige Berufsgruppe ihre Dienstfahrten selbst bezahlen. Nun haben höchste deutsche Gerichte dieses beschäftigtenfeindliche und sittenwidrige Verwaltungshandeln endgültig verboten. Und die Landesregierung bekommt einen Schreck, wie viel Geld die Lehrerinnen und Lehrer allein in einem Jahr stets aus ihrem eigenen Portemonnaie bezahlt haben. Eine Summe von nicht einmal 2300 Euro für ein Gymnasium mit ca. 1000 Schülerinnen und Schülern ist lächerlich“.
Autor:Holger Crell aus Wattenscheid |
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