Rot-Grün verhindert im Bochumer Stadtrat verstärkte Zusammenarbeit der Feuerwehren und Städte im Ruhrgebiet
Braucht in der Metropole Ruhr jede Stadt einen eigenen Betrieb, der den Müll entsorgt, ein Unternehmen, das den Nahverkehr organisiert, eines, das die Stadt mit Strom versorgt, eine eigene Symphonie sowie eine eigene Feuerwehr oder ein städtisches Gesundheitsamt?
Wie sieht das in anderen Metropolen aus? Gibt es in London, Paris, Berlin oder Madrid mehrere Müllentsorgungsunternehmen, Nahverkehrsunternehmen, 15 Stadtwerke, Feuerwehren und Gesundheitsämter? Nein, gibt es nicht. Alles ist in der Regel nur einmal vorhanden. Allenfalls im Bereich des Nahverkehrs werden die verschiedenen Netze (S-Bahn, U-Bahn usw.) durch wenige, unterschiedliche Unternehmen betrieben.
Seit Jahrzehnten geben die politischen Parteien vor sich für die Bündelung der Kräfte im Ruhrgebiet einzusetzen. Aufgaben, die die 11 Städte und 4 Landkreise der Metropole Ruhr besser und günstiger zentral organisieren können, sollen zusammengefasst werden. Alle wissen, dass die maroden Ruhrgebietskommunen dadurch hohe Millionenbeträge sparen könnten. Um die städtischen Haushalte zu sanieren, ist eine Zentralisierung der Aufgaben, die effektiver und effizienter durch ruhrgebietsweite Unternehmen, Einrichtungen oder Verwaltungseinheiten durchgeführt werden können, unabdingbar.
Trotzdem fehlt es am politischen Willen die alten Strukturen aufzugeben und ruhrgebietsweite Strukturen aufzubauen. Folgerichtig lehnten die Fraktionen von Grünen und SPD im Bochumer Stadtrat in der letzten Ratssitzung auch eine vermehrte kommunale Zusammenarbeit der Feuerwehren der Ruhrgebietskommunen und eine Initiative zu einer Ruhrgebietsfeuerwehr ab.
Der hierzu von der Fraktion „FDP & Die STADTGESTALTER“ eingebrachte Vorschlag (Vorlage 20160620), wurde von der gesamten Opposition unterstützt, nur die Ratsmitglieder von Grünen und SPD stimmten dagegen. Dabei steht außer Frage, dass Brandschutz und Rettungsdienst gerade in den Stadtrandgebieten durch eine engere Zusammenarbeit mit den zu Bochum und Wattenscheid benachbarten Städten wesentlich verbessert werden könnte. Erst gerade musste die Bochumer Feuerwehr einräumen, dass sie die von der AGBF (Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren) empfohlene Rettungsfrist bei Bränden am Stadtrand viel zu oft nicht einhalten kann. Statt in 10 Minuten, waren die ersten Einheiten im ersten Fall erst nach 13, im zweiten sogar erst nach 15 Minuten am Brandort im Süd-Westen der Stadt (Mitteilung 20160574). Großes Glück, dass bei beiden Bränden keine Menschen in Gefahr gerieten.
Eine städteübergreifende Feuerwehrorganisation mit einem gemeinsamen Brandschutz- und Rettungsdienstbedarfsplan für das Ruhrgebiet könnte den Schutz der Bürger deutlich verbessern und würde gleichzeitig helfen die Kosten der Städte für Feuerwehr und Rettungsdienst erheblich zu senken. Entsprechend fordern auch die Gewerkschaften die Ruhrgebietsfeuerwehr schon lange. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Doch die verantwortliche Politik steht auf der Bremse.
Fadenscheinig begründete Martina Schmück-Glock (SPD) die Ablehnung von Rot-Grün hinsichtlich einer verstärkten Zusammenarbeit der Ruhrgebietsfeuerwehren damit, dass diese aufgrund der vorhandenen Strukturen und Eigenheiten der Städte zu kompliziert und langwierig wäre. Eine gemeinsame zentrale Leitstelle und eine ruhrgebietsweite, stadtgrenzenübergreifende Standortplanung für Brandwachen und Rettungsdienststandorte hielt sie gar für unmöglich. Damit offenbarte Schmück-Glock (SPD) die Unfähig- und Unwilligkeit der Politik im Ruhrgebiet metropolweite Strukturen zu schaffen, die in anderen europäischen Metropolen schon lange Standard sind. Die Verantwortlichen reden zwar viel über eine Metropole Ruhr, tatsächlich sind sie aber weder willig noch fähig die überkommenen Strukturen so zu verändern, dass im Ruhrgebiet wichtige Aufgaben endlich auch durch städteübergreifende Institutionen erfüllt werden können. Denn richtig ist, so lange man die bestehenden Bürokratiehindernisse nicht beseitigt bzw. gar nicht aus dem Weg räumen will, ist jede interkommunale Zusammenarbeit schwierig und bleibt eine Ruhrgebietsfeuerwehr Wunschdenken.
Dass das Ruhrgebiet nicht vorankommt, liegt also besonders daran, dass es in der Politik wichtige Kräfte gibt, die in dieser Richtung jede Initiative seit Jahren zu verhindern wissen. Martina Schmück-Glock (SPD) ist hier ein gutes Beispiel. Seit 1984 sitzt sie im Rat der Stadt Bochum. Darüber hinaus ist sie Vorsitzende der SPD-Fraktion im Regionalverband Ruhr (RVR), dem Zusammenschluss der wesentlichen Städte und Kreise der Metropole-Ruhr. Doch wie am Beispiel Feuerwehr zu sehen ist, treibt sie den Verbund der Ruhrgebietsgemeinden nicht voran, sondern verhindert jedes wesentliche Fortkommen. Eisern hält sie an den bestehenden, schon lange unzeitgemäßen Strukturen fest. Entsprechend ist sie bisher auch nicht durch Initiativen aufgefallen, die das Ziel hatten, wichtige kommunale Aufgaben ruhrgebietsweit zu organisieren. Martina Schmück-Glock (SPD) ist diejenige, die seit Jahrzehnten an den Strukturen etwas verändern könnte, aber sie tut es nicht.
Doch warum verteidigen Grüne und SPD die überkommen Strukturen so hartnäckig? Antwort: Jeder städtische Betrieb, jede Behörde, jede Feuerwehr benötigt eigene Leitungsgremien, Geschäftsführungen und teilweise sogar Aufsichtsräte. Würden die Aufgaben zentral ruhrgebietsweit organisiert, dann entfielen diese bis auf die einer ruhrgebietsweiten Leitungsebene. Hunderte Posten, mit denen gerade die großen Parteien verdiente Mitglieder versorgen, entfielen ersatzlos. Auch Schmück-Glock (SPD) müsste da auf einige Posten verzichten (siehe VEB-Atlas-Ruhr, Filzdecke Ruhr).
Es geht also um Macht und Einfluss, den man nicht an eine übergeordnete Ruhrstadt abgeben möchte, auch wenn das Millionen spart und eine wesentliche Verbesserung der Versorgung der im Ruhrgebiet lebenden Menschen zur Folge hätte. Eigennutz geht vor Gemeinwohl. Dies zeigt sich auch an dem doch sehr eigenen Demokratieverständnis Schmück-Glocks (SPD). So erklärte sie öffentlich im Rat, dass der Antrag zur Ruhrgebietsfeuerwehr der Fraktion „FDP & Die STADTGESTALTER“ zeige, wie sinnvoll doch eine kommunale Sperrklausel sei, die kleine Wählergemeinschaften und Parteien aus dem Rat ausschließe. Denn dann müsse man sich mit solchen Vorschlägen im Rat nicht mehr beschäftigen. Sie hält die von den großen Parteien im Landtag geplante 2,5%-Hürde für Kommunalparlamente offenbar insbesondere deshalb für erforderlich, damit sich die SPD nicht weiterhin mit unbequemen Anträgen beschäftigen muss, die Macht, Einfluss und Posten der eigenen Partei in Frage stellen könnten. Solche Verbalentgleisung zeigen nicht nur, worum es bei der Sperrklausel eigentlich geht, sondern auch welche politischen Ziele wichtige Bochumer SPD-Politiker wirklich verfolgen.
Noch scheint eine solche rückwärtsgewandte Politik bei Grünen und SPD mehrheitsfähig zu sein. Doch auch hier ist bereits zu erkennen, dass nicht alle weiterhin an dem tradierten Kirchturmdenken der Revierkommunen festhalten wollen. So versprach Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) auf Anregung von Roland Mitschke (CDU-Ratsmitglied und Vorsitzender der CDU-Fraktion im RVR) das Thema Ruhrgebietsfeuerwehr im Kommunalrat des RVR, in dem die Bürgermeister der Städte und Gemeinden der Metropole Ruhr zusammen kommen, anzusprechen. Es wird sich zeigen, ob der Oberbürgermeister die Chance ergreift, hier eine entsprechende Initiative auf den Weg zu bringen oder ob, wie leider bisher so oft, nur geredet, aber dann doch nicht gehandelt wird.
SPD und Grüne in Bochum und Wattenscheid müssen sich endlich entscheiden, sind sie für eine intensivere ruhrgebietsweite Zusammenarbeit der Städte und Kreise der Metropole Ruhr, dann müssten sie aber auch entsprechend handeln oder sind sie dagegen städtische Aufgaben an ruhrgebietsweite Institutionen abzugeben. In diesem Fall sollten sie allerdings aufhören, so zu tun, als sei ihnen die Stärkung der Metropole Ruhr ein wichtiges Anliegen.
Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos
Autor:Dr. Volker Steude aus Bochum |
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