Reißt die STEAG die Stadt endgültig in den Abgrund?

Kohlekraftwerk Lünen, Bau ab 1938 | Foto: STEAG

Wer bisher gedacht hat, die Stadt befinde sich bereits wirtschaftlich am Ende, der hat sich wohl geirrt. Denn es kann noch viel schlimmer kommen. 2010 hat der Stadtrat in beispielloser Naivität den Stadtwerken genehmigt 18% der STEAG zu kaufen. Den Rest eines 51%-Anteilpaketes kauften die Stadtwerke anderer Pleitekommunen. Jetzt droht diese Investition den Bach runter zu gehen.

Wenn dieses Invest platzt, dann werden wir in der Stadt fest stellen, was es wirklich heißt, wenn eine Stadt sich finanziell komplett ruiniert hat. Eigentlich sollen die Stadtwerke bis 2022 18,5 Mio. pro Jahr an die Stadt abführen und weiterhin die städtischen Verluste der BOGESTRA ausgleichen. Das sind noch mal 33 Mio. im Jahr. Ist die Wirtschaftskraft der Stadtwerke allerdings aufgrund der Verluste der STEAG erschöpft und keine Überweisung an die Stadt mehr möglich, dann können die ausbleibenden Gewinnabführungen der Stadtwerke nicht mal mehr ausgeglichen werden, wenn wir alle Schule in unserer Stadt schließen würden!

Die Meldungen von der STEAG sind dramatisch. Die Gewinne sind entgegen der Vorhersagen von SPD und Grünen eingebrochen. Das Unternehmen lebt vom Auslandsgeschäft, das man ja eigentlich abstoßen wollte. Die Finanzdecke der STEAG reicht nicht annähernd, um den beabsichtigten und notwendigen ökologischen Umbau des Unternehmens auf den Weg zu bringen. Ein privater Investor findet sich dafür offenbar auch nicht. Bleibt der aus, werden die Stadtwerke spätestens 2015 gezwungen sein für weitere 650 Mio. die restlichen 49% der STEAG zu übernehmen. Der Stadtrat in Duisburg hat diesem Deal bereits vorausschauend zugestimmt. Wenn die Stadtwerke dann erst die gesamte STEAG besitzen, werden sie auch für die Gesamtkosten des Umbaus des Kohle-Unternehmens STEAG aufkommen müssen. Die STEAG selbst hat keinerlei finanzielle Reserven für den angestrebten ökologischen Umbau. Ohne privaten Investor mit freiem Kapital werden die Eigentümer, also die Stadtwerke bluten müssen. Niemand bei den Verantwortlichen hatte 2010 wohl auch nur eine ungefähre Ahnung was es bedeuten würde einen Kohleverstromer in ein Unternehmen zu verwandeln, dessen Hauptgeschäftsfeld die Erzeugung erneuerbarer Energien werden soll. Die Aufgabe ist etwa vergleichbar, als wolle man Heckler & Koch zum Spielzeugproduzenten konvertieren.

Aber die Stadtwerke haben keine Wahl mehr. Die Energiewende lässt den Betrieb veralteter Kohlekraftwerke nicht zu und im Wesentlichen besitzt STEAG aber nur die. Warum sollte sich unter diesen Bedingungen ein Investor finden lassen? Ein Unternehmen unter kommunaler sprich halbstaatlicher Kontrolle mit einem eigentlich absurden Unternehmensziel, warum sollte da auch nur ein Unternehmer bereit sein einen Euro investieren? Statt ihr teueres Geld in einen Kohledinosaurier zu investieren, haben die Stadtwerke es versäumt in die erneuerbaren Energien vor Ort zu investieren. Das hätte lokal in Bochum zu positiven Effekten sowohl hinsichtlich grüner Energie geführt wie auch zu Arbeitsplätzen, stattdessen hat man jetzt Kohlekraftwerke in der Türkei, auf den Philippinen und in Kolumbien am Hals bzw. Projekte zum Bau derselben. So sieht sie aus, die Energiewende der Grünen im Ruhrgebiet. Das Grüne Gerede von der Wende zu ökologischen Energieträgern entlarvt sich als hohles Geschwätz. SPD und Linke reden der Verstaatlichung das Wort und spielen damit den 5 Energieriesen in die Hände, die erst der mangelnde Wettbewerb unter staatlicher Leitung zu den marktbeherrschenden Playern gemacht hat und es diesen lange Zeit ermöglich hat die Energiepreise nach Gutdünken den Bürgern aufzuzwingen und die Energiewende zu boykottieren. Rot-rot hängt immer noch den Idealen der industriellen Energieproduktion durch staatlich gelenkte Versorgungskonzerne nach, statt die dezentrale Stromerzeugung vor Ort zu fördern.

Es ist nicht Aufgabe der Kommunen die Energiewende bei der STEAG zu finanzieren. Dies haben private Unternehmen und Investoren zu bewerkstelligen. Die Politik muss einen eindeutigen und nachvollziehbaren Rahmen setzen (Stichwort Energiewende), wo die Reise hingeht. Das muss reichen. Eine Kommune sollte außer zur Daseinsvorsorge kein Unternehmen leiten. Das ist nicht ihre Aufgabe, es fehlt ihr an dem nötigen Sachverstand und insbesondere an dem Willen mit den Geldern der Bürger kosteneffizient zu wirtschaften. Auch können die Stadt und ihre Bürger nicht die wirtschaftlichen Risiken von Großunternehmen gerade stehen.

Der Rat der Stadt hat sich bequatschen lassen von den roten Energiepolitikern des Landes, die die Kommunen angetrieben haben einen Konkurrenten zu RWE, EON und Co. zu finanzieren sowie den ehrgeizigen Ökonomen in den Stadtwerken, die nicht mehr einem muffigen Kommunalunternehmen sondern einem europaweit beachteten Globalplayer der Energiewirtschaft vorstehen wollten. Und ein dritter Faktor trat hinzu, denn man hatte den Ratsherren und –frauen weiß gemacht, mit diesem todsicheren Invest könnte man kreditfinanziert eine Spitzenrendite erwirtschaften, die quasi automatisch die städtische Verschuldung abbauen würde, ohne dass man sich weiter bemühen müsste nachhaltig zu sparen. Diese Pille wollten die Stadtoberen nur gar zu gerne schlucken. Allerdings hätte allen klar sein müssen, dass der Weg um den städtischen Haushalt zu sanieren nicht ins Casino führt. Aber mit den Risiken des STEAG-Kaufs mochte man sich an der Stadtspitze lieber nicht beschäftigen.

So wurde der STEAG-Kauf von den Stadtwerken fast vollständig auf Kredit finanziert. Für 18% von 649 Mio. Euro Gesamtkaufpreis mussten die Stadtwerke Bochum bereits aufkommen. 2015 käme noch mal die gleiche Summe hinzu. Aufgrund der schlechten Gewinnerwartung hat das Finanzkonsortium, das den Kauf finanziert hat, bereits einen Zinszuschlag geltend gemacht. Erhöht sich das Finanzierungsrisiko, steigt das Zinsniveau oder sinkt die Rendite weiter, dann wird das Invest mit einem Mal zum dauerhaften horrenden Zuschussgeschäft für die Stadtwerke. Nunmehr drohen alle 3 Risiken gleichzeitig einzutreten.

Daher wohl will Gerüchten zufolge Stadtwerke-Chef Wilmert jetzt wieder raus aus der STEAG. Es wird Zeit, aller höchste Zeit.

Volker Steude, BÄH-Bürger
(ruhrblogxpublik)

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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