OB Scholz entschuldigt sich bei ihren Mitbürgern

OBin Ottilie Scholz | Foto: Arnoldius, Wikipedia

Liebe Mitbürger/innen, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. In meiner Amtszeit wurden so etwa 1 Mrd. Euro an städtischen Werten vernichtet und leider auch die paar Mio. für den geplatzten Cross-Border-Deal. Tja, die Sache ist wirklich dumm gelaufen. Echt blöd, die städtischen Gebäude, Straßen und Brücken werden auch jedes Jahr immer maroder und weniger wert und wir haben leider kein Geld, um die Dinger zu sanieren oder mehr als notdürftig zu reparieren. Das müssen Sie verstehen: Nach dem Fleskes-Prinzip stellen wir ja für die Erhaltung der städtischen Infrastruktur auch bewusst nie genug Geld in den Haushalt ein.

Trotzdem tun wir alles, was in unseren Möglichkeiten steht, Kollege Townsend klettert schon mal auf ein Schuldach um dieses mit etwas Dachpappe auszubessern, damit es nicht gar so sehr in die Klassenräume reinregnet. Kollege Kratzsch ist unentwegs unterwegs, um baufällige Brücken mit Bauhütchen abzusichern, damit keiner der Bürger mit ihnen einkracht. Nun ja, aber das ganze Zeugs ist halt marode, wenn man 50 Jahre nix dran gemacht hat. Da kann man nicht verlangen, dass alles auf einmal repariert wird.

Aber es gibt eine gute Nachricht, die Stadt hat nicht schon 2023 kein Eigenkapital mehr, sondern wahrscheinlich erst 10 Jahre später. Gut, Sie haben Recht, das Vermögen der Stadt (Eigenkapital) sinkt auch bis 2022 unaufhörlich weiter, weil unsere Sanierungsmaßnahmen leider nicht annähernd ausreichen um den Wertverlust durch den laufenden Verfall der Infrastruktur aufzuholen. Aber wir tun ja was, zumindest lasse ich es für unsere Presse danach aussehen. Bei dem vielen Gebuddel bemerken die gar nicht, dass die Infrastruktur viel schneller verfällt als wir sie sanieren können.

Wir können aber auch nicht das ganze schöne Geld in die fälligen Sanierungen stecken. Dann könnten wir ja auch das Musikzentrum gar nicht mehr bauen. Liebe Mitbürger, das Ding wird richtig viel für die Stadt bringen. Denken Sie daran wie toll es Dortmund jetzt geht, seitdem es dort das Konzerthaus gibt. Der Dortmunder OB hat mir erzählt, nur wegen des Konzerthauses wurde dort in der Brückstraße ein neuer Kiosk von einem Klassikfreund auf gemacht. Früher haben wir doch alle an Pott und BVB gedacht, wenn der Name Dortmund fiel, heute denken alle an Konzert und Bach. Tja, denn nicht zuletzt auch wegen des Konzerthauses, gehen die städtischen Finanzen auch in Dortmund den Bach runter.

Und der RP Bollermann, die Hannelore und alle vom Land sind jetzt auch begeistert von unserem Musikzentrums-Projekt. Erst waren sie skeptisch, ob Bochum sich das leisten kann, aber als ich ihnen versprochen habe, dass wir die Jahrhunderthalle vom Land kaufen, wenn sie uns zum Musikzentrum was dabei geben, da waren alle begeistert. Da hat das Land ja auch ein tolles Geschäft gemacht. In ein paar Jahren spart das Land 4-6 Mio. im Jahr, die wir dann zahlen und dafür geben sie uns jetzt 9,5 Mio.

Und liebe Bürger, das Musikzentrum ist auch nicht nur ein Konzerthaus. Ehrlich. Na ja, wir haben kein Geld für die ursprünglich geplanten Seminar-/ Workshopräume und das Education-Center. Für die Musikpädagogen, die die neuen Veranstaltungen betreuen sollen, fehlt leider aktuell auch die Kohle… . Aber statt der fehlenden Räume stellen wir einfach im Sommer ein Zelt vor die Marienkirche. Kollege Townsend hat versprochen, zur Not springt er auch als Trompetenlehrer ein und ich kann ja auch Flöte. Unsere Kinderchen setzen wir bei den Konzerten bei den Symphonikern auf den Schoß. Das sollte ein einmaliges musikpädagogisches Erlebnis für alle Beteiligten werden. Versprochen!

Mit dem Platz des europäischen Versprechens, das tut mir auch leid. Leider haben wir den blöden Vertrag mit dem Gerz. Der will uns jetzt zwingen das Ding fertig zu bauen. Zum Glück ist auch die Ausweisung der Gewerbeflächen am alten Gußstahlwerk schief gelaufen, da müssten wir jetzt eigentlich die Fördergelder an das Land zurück überweisen, aber wenn wir statt Gewerbe auf den Flächen Bäume anpflanzen, dann können wir mind. 1 Mio. behalten und dafür beim Gerz weiter bauen. Liebe Bürger, sie sehen, es läuft. Man muss nur die richtigen Leute kennen. Aber ich hab auch schon überlegt, vielleicht machen wir aus dem Platz des europäischen Versprechens besser Parkplätze. Die Abmarkierungen für die fehlenden Platten sind ja dafür geradezu ideal. Da muss ich mit dem Gerz halt noch mal reden. Vielleicht dürfen wir ja noch ein paar Mio. behalten, wenn das Musikzentrum scheitert… .

Und jetzt der Knaller, die Justiz zieht demnächst um. Ein Meilenstein für Bochum. Zum Amtsgericht müssen sie dann nicht mehr zum Husemannplatz sondern an den Ostring. Das ist vom Hauptbahnhof bestimmt 100m näher und die Gerichtssäle werden auch viel schöner und moderner sein! Sie sehen den Richter dann deutlich besser.

Und in der Innenstadt bekommen wir ein neues Einkaufszentrum. Die anderen Städte haben doch auch schon eins. Da will ich auch. Nach den durchschlagenden Erfolgen beim Gerberviertel, dem Kortumhaus-Einkaufscenter, der Stadtbad- und der Sparkassen-Galerie können wir bestimmt Großes erwarten. Durch das Center wird die ganze Innenstadt genauso durchstarten wie die Einkaufswelt am Bongard-Boulevard! Wenn wir erst das Einkaufscenter haben, dann kommen sicher alle Bürger in die Innenstadt und kaufen im neuen schicken Einkaufscenter und nicht mehr in der ollen Kortumstraße. Toll, oder?

Und jetzt wird es noch besser, liebste Bürger: Im Griesenbruch, im Ehrenfeld und entlang der Rottstraße und rund um Springerplatz machen wir alles neu. Dafür machen wir um Gerthe, Werne und Wattenscheid demnächst einen Zaun drum, wenn alles verfallen ist, damit keine Kinder zu Schaden kommen.

Am Ende muss ich mich noch mal entschuldigen, denn das mit der Bürgerbeteiligung beim nächsten Sparhaushalt, das können wir leider nicht noch mal machen. Noch mal will sich der Rat mit unausgegorenen Sparvorschlägen nicht vor den Bürgern blamieren. Mal ehrlich, wo kämen wir denn da hin, wenn sie als Bürger direkt mitbestimmen können, dann hätte ich weder den Cross-Border-Deal durchziehen können, und wir hätten nicht diese total tolle Stadtbad-Galerie ohne Stadtbad bauen lassen können, sondern hätten immer noch dieses hässliche olle denkmalgeschütze Stadtbad. Und liebe Mitbürger, Strafe muss sein für dieses hinterhältige Bürgerbegehren zum Musikzentrum, für dass sie unterschreiben haben. Wo kämen wir denn da hin, wenn ich zum Konzert weiterhin nach Essen, Dortmund oder Gelsenkirchen fahren muss, nur weil sie liebe Mitbürger andere Dinge wichtiger finden als unser schickes Konzerthäuschen.

Also noch mal Entschuldigung, aber Bürgerbeteiligung, sorry, das geht wirklich nicht. Irgendwann kommen sie vielleicht noch auf die Idee mich abzuwählen.

Ihre OBin Dr. Ottilie Scholz

So könnte er aussehen, der Text, mit dem die OB ihre Aussagen aus diesem Artikel (http://www.lokalkompass.de/bochum/politik/trotz-knapper-kassen-es-tut-sich-was-bochums-ob-ueber-das-musikzentrum-die-buergerbeteiligung-und-das-neue-justizzentrum-d222432.html) erklärt, die teilweise leider etwas missverständlich von ihr formuliert wurden.

Autor: Volker Steude (Ruhrblogxpublik)

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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