Kommunalwahl 2025
OB Eiskirch geht - Zeit für einen unabhängigen Oberbürgermeister?

Foto: Frank Vincentz; Martin Steffen

2025 wird Bochum ein neues Stadtoberhaupt wählen. Amtsinhaber Thomas Eiskirch tritt nicht mehr an. Was für einen unabhängigen OB bzw. eine parteilose OBin spricht und welche Herausforderungen zu stemmen sind, damit befasst sich dieser Beitrag.

Thomas Eiskirch steht nach 10 Jahren als OB nicht mehr zur Wiederwahl. Sein Vermächtnis wird die Bochum Strategie sein. Zumindest auf dem Papier ist dort der Weg zu einem modernen und zukunftsgerichteten Bochum vorgezeichnet. Der Einschätzung von Eiskirch selbst “Mit der Bochum Strategie haben wir ein politisch und stadtgesellschaftlich breit getragenes Fundament geschaffen, um das ‚Bochum der Zukunft‘ nicht nur zu beschreiben, sondern es auch zu gestalten.” ist zutreffend (Oberbürgermeister Thomas Eiskirch wird bei der Kommunalwahl 2025 nicht erneut antreten), sein Eindruck, dass bei vielen “aus der ‚Sorge vor Veränderung ... die Lust auf Veränderung‘ geworden” sei, jedoch leider nicht.

Politische Ausrichtung auf die Zukunft erforderlich

Die Politik im Stadtrat ist weiterhin einseitig auf die Versorgung der in Bochum wohnenden Menschen (mit Sozialwohnungen, Parkplätzen usw. sowie der bei Stadt und städtischen Betrieben Beschäftigten) fokussiert, die Entwicklung und Gestaltung von Bochum zu einer modernen Großstadt, die mit den anderen deutschen Großstädten mithalten kann, und Menschen wie Unternehmen für die Stadt gewinnen kann, wird immer noch als nachrangig angesehen.

Zur Umsetzung seiner Ambitionen fehlte dem amtierenden OB zu oft die erforderliche Unterstützung.  Gleichzeitig konnte Thomas Eiskirch nicht das nötige Durchsetzungsvermögen und den Mut aufbringen, gegen diese Widerstände die eigene Strategie schnell und konsequent umzusetzen. So wird die Ausrichtung der Stadt in Sachen Modernität und Zukunft auch im neuen Prognos-Städteranking weiterhin als “eher schwach” bewertet (Städteranking 2024).

Große Herausforderungen, gewaltige Aufgaben

Die Nachfolgerin oder der Nachfolger von Eiskirch wird also vor großen Herausforderungen stehen. Auch die Rahmenbedingungen sind schwierig. Die kurze Zeit, in der die Stadt keine neuen Schulden machen musste, sind vorbei. Der neue Haushalt 2025/26 sieht bereits massive finanzielle Defizite vor. Auf der Tagesordnung ab 2025 wird also neben der Umsetzung der Bochum-Strategie insbesondere die Abwendung des Haushaltnotstandes durch eine einschneidende wie durchgreifende Reform der Verwaltung, die Sanierung der BOGESTRA (Bochumer BOGESTRA wird zum Sanierungsfall) und die Beschleunigung der Transformation der Stadt in Richtung Zukunft stehen.

Die Aufgaben sind gewaltig.. Gebraucht wird ein Oberbürgermeister bzw. eine Oberbürgermeisterin, die sich mit Verwaltungsreformen und Unternehmenssanierungen auskennt und bereit ist, die nötigen, teilweise schmerzhaften Maßnahmen gegen erhebliche Widerstände umzusetzen. Gefragt ist neben Kompetenz und Mut auch Durchsetzungsvermögen und der unbedingte Wille die Stadt in möglichster kurzer Zeit zu modernisieren. Bochum kann es sich nicht leisten, dass der Abstand zu wirtschaftlich erfolgreichen Großstädten sich weiter vergrößert.

Was für einen unabhängigen OB-Kandidaten spricht

Wichtig wäre also, dass das neue Stadtoberhaupt in seinen Entscheidungen möglichst frei und unabhängig ist, kein Parteibuch (= keine Mitgliedschaft in einer politischen Gruppierung) besitzt oder zumindest überparteilich agiert. Im Wahlkampf sollte ein geeigneter überparteilicher Kandidat, der mindestens von einer der größeren Parteien SPD, CDU oder Grünen unterstützt wird und von einzelnen kleinen politischen Gruppierungen mitgetragen wird, gute Chancen haben, die OB-Wahl gegen reine Parteikandidaten zu gewinnen.

Nach jetzigem Stand wird es 2025 zu einer Koalition von Rot-Grün nicht mehr reichen. Diese wird selbst mit Hinzunahme kleinerer Koalitionspartner schwierig. Am wahrscheinlichsten ist eine Rot-Schwarze-Koalition ggf, mit einem weiteren Partner. Nicht unwahrscheinlich ist auch eine “ganz-große” Koalition aus SPD, CDU und Grünen.

Somit wird die Partei, die in Bochum den OB oder die OBin stellt bzw. diese/n bei der Wahl maßgeblich unterstützt hat, in welcher Koalition auch immer das Sagen haben. Für Rot, Schwarz und Grün wird es bei der Kommunalwahl somit das Wichtigste sein, die Oberbürgermeisterwahl zu gewinnen und das oberste Amt der Stadt mit einem selbst gewählten Kandidaten zu besetzen. Wer beim zukünftigen Stadtoberhaupt im Hinblick auf die Zusammenarbeit nur an zweiter Stelle auf der Liste steht, wird in einer Koalition nur Juniorpartner sein.

Einem kompetenten unabhängigen Kandidaten, der gut mit Menschen umgehen kann, wird es leichter fallen Wählerstimmen über Parteigrenzen hinweg zu gewinnen. Für die Wählern und Wählerinnen ist Kompetenz wichtig, nicht das Parteibuch. Eine Parteizugehörigkeit schreckt Wählende ab, es wird schnell Klüngel und Postengeschacher vermutet. Ein Kandidat mit Amtsbonus tritt 2025 nicht an. Die voraussichtlichen Stimmanteile von Grünen, CDU und SPD (14 – 27 %) sind zu klein, um nur mit eigenen Stimmen einen OB-Kandidaten durchzubringen. Die Chancen eines unabhängigen Kandidaten, wenn möglich ohne Parteibuch, waren nie größer als bei der anstehenden Wahl 2025.  10 von 81 deutschen Großstädten haben bereits unabhängige Oberbürgermeister*innen, darunter Aachen, Köln, Mainz, Heidelberg und Freiburg, also Städte, die zu den besonders erfolgreichen Deutschlands zählen. 

Ein unabhängiger Kandidat, der über einen Blick von außen auf die Stadt verfügt, gegebenenfalls auch über Erfahrungen aus anderen Städten, dessen Blick auf morgen und übermorgen gerichtet ist und der nicht an überkommene Politikstrukturen gebunden ist, würde der Stadt guttun. Er oder sie könnte da nahtlos weiter machen, wo Thomas Eiskirch aufhören wird und die bisher primär auf die soziale Versorgung der in der Stadt lebenden Menschen gerichtete Stadtpolitik endgültig aufs Abstellgleis schieben, um stattdessen die zukünftige Stadtentwicklung, Stadtgestaltung, ein modernes Stadtbild, Attraktivität und hohe Lebensqualität in den Mittelpunkt der Politik zu stellen. Vorrangiges Ziel sollte sein für Bochum neue Perspektiven zu schaffen und die Stadt in die Lage zu versetzen, wieder mit den anderen Großstädten Deutschlands und Europas mithalten zu können.

Offen bleiben die Fragen: Wer verfügt über die nötigen Kompetenzen und Fähigkeiten? Wer traut sich den OB-Job zu? Und wer ist, wenn er oder sie nicht schon hier wohnt,  bereit, dafür nach Bochum zu kommen? Vorschläge und Bewerbungen nehmen die STADTGESTALTER gerne entgegen: mail@die-stadtgestalter.de.

Die STADTGESTALTER

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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