Serie: "Die Bochum Strategie" - mit der "115" auf dem Weg zum modernen Stadtmanagement
Nummer mit Anschluss
Dirk Leistner kennt es schon: "Montagmorgens geht es hier Schlag auf Schlag." Hier, das ist jene unauffällige Milchglastür im BVZ, hinter der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Service-Hotline "115" die Anrufe der Bürgerinnen und Bürger entgegennehmen. "Wir lieben Fragen", ist das Motto dieser bundesweit einheitlichen Behörden-Hotline, der sich die Stadt Bochum im Juni 2018 angeschlossen hat.
Das Motto ist Programm: Montags bis freitags, zwischen 8 und 18 Uhr, sollen Bürger unter der "115" Antworten zu den häufigsten Behördenanliegen bekommen. Und übers Wochenende, da kommen offenbar viele Fragen auf. "Deshalb sind wir am Montagmorgen immer am stärksten besetzt", verrät Leistner, Leiter im Referat für Service und dort verantwortlich für die Service-Hotline. Denn die Wartezeiten sollen für Bürger so kurz wie möglich sein - im Idealfall soll sich nach maximal 30 Sekunden eine freundliche Stimme melden.
Telefone, Headsets und vor allem zwei Bildschirme - das sind die Arbeitsgeräte jener 18 Mitarbeiter, die hier "Agenten" heißen und zwischen 1.650 und 1.800 Anrufe pro Tag entgegennehmen. Nezih Öcal ist einer von ihnen. "Das Spektrum der Anfragen ist sehr breit gefächert und oft auch saisonabhängig. Jetzt, wo die Urlaubszeit so langsam beginnt, häufen sich Fragen zu Ausweisverlängerungen und Reisedokumenten." Aber auch Fragen zu Führerschein-Angelegenheiten, zum Elterngeld oder Kfz-Anmeldungen landen bei ihm und seinen Kollegen, denn neben der "115" werden hier auch alle Anrufe über die zentrale Rufnummer 910-0 der Stadtverwaltung sowie der zentralen Nummern von Bürgerbüro, Zulassungs- und Führerscheinstelle entgegengenommen.
Direkter Draht in die eigene Stadt
Die Rufnummer 115 funktioniert bundesweit ohne Vorwahl - das System erkennt, in welcher Stadt man sich gerade befindet und leitet den Anruf in das jeweilige Callcenter der Kommune. "Aber es ist zum Beispiel auch möglich, in Bochum die 115 zu wählen, wenn man in München seine Tasche verloren hat - wir können dann direkt mit dem Münchener Fundbüro verbinden", erklärt Leistner die vielen Möglichkeiten der Hotline. Interne, bevorzugte Telefonleitungen machen es möglich, dass Anrufer direkt durchgeschaltet werden, ohne wieder in einer Warteschleife zu landen.
Die Anforderungen an die Agenten sind vielfältig. Denn anders als früher bei der reinen Telefonvermittlung werden die Anrufer nicht einfach weiterverbunden, sondern Ziel ist es, ihnen direkt zu helfen und ihre Anliegen zu klären. In rund 65 Prozent der Fälle gelingt das direkt im Erstkontakt, ohne dass der Anrufer weiterverbunden werden muss. "Wir können Ihnen nicht nur sagen, was Sie für Ihren neuen Ausweis mitbringen müssen, sondern buchen auch direkt für Sie einen Termin beim Bürgerbüro", erläutert Öcal. Ein echter Mehrwert also - gerade auch für Menschen, die sich mit dem städtischen Online-Portal schwertun.
Wissensdatenbank ist immer aktuell
Eine Wissensdatenbank, die auf dem einen der beiden Bildschirme seines Arbeitsplatzes stets geöffnet ist, hilft dem Agenten, die richtigen Antworten zu finden. "In diese Datenbank haben alle beteiligten Fachbereiche die relevanten Informationen eingepflegt", erläutert Antje Hurst als zuständige Wissensmanagerin im Service-Referat. Nicht nur auf die städtische Wissendatenbank haben die Mitarbeiter Zugriff, auch auf die Daten, die Bund und Land zur Verfügung stellen - wichtig etwa, wenn es Fragen zum Thema Rente gibt. "Nur manchmal, da müssen wir dann doch passen", so Hurst, "etwa, wenn Fragen kommen, die das Jobcenter betreffen."
In der Vorbereitungsphase haben die angehenden Agenten auch in den jeweiligen Fachbereichen, für die sie die Anrufe entgegennehmen, hospitiert - und anders herum genauso. So ist das Verständnis für die Aufgaben der jeweils anderen gewachsen. Denn Anspruch der einheitlichen 115-Rufnummer ist neben einer Verbesserung des Services für die Bürger auch eine spürbare Entlastung der Verwaltungs-Mitarbeiter, die sich so verstärkt auf ihre "eigentliche" Arbeit konzentrieren können - mehr Effizienz ist das Ziel.
Wichtig für die Agenten in ihrer täglichen Arbeit ist es, das nötige Fingerspitzengefühl zu besitzen, um das Anliegen der Bürger zu erfragen, um so die passgenauen Antworten zu finden - gerade bei komplexeren Sachverhalten oder auch bei älteren Menschen. "Wir haben den Qualitätsanspruch, dass unsere Antworten auch richtig, stets aktuell und fachlich fundiert sind", macht Leistner deutlich. "Nur so erhalten wir das Vertrauen in unsere Arbeit." Die Wissensdatenbank ist daher auch qualitätsgesichert und die Informationen werden fortlaufend aktualisiert.
Im Zweifelsfall nimmt der Agent Rücksprache in den jeweiligen Fachabteilungen im Rathaus. "Natürlich gibt es immer Sollbruchstellen, wo wir sagen müssen: 'Bis hierhin und nicht weiter.'", ergänzt er. "Dann müssen wir das Anliegen weitergeben."
Anstrengend könne die Arbeit bisweilen sein, gibt Agent Nezih Öcal zu, dafür aber immer abwechslungsreich. "Und es ist ja auch schön, wenn man den Leuten helfen kann und sie sich am Ende bedanken", ergänzt er. Natürlich habe man es auch immer wieder mit Leuten zu tun, "die erst mal nicht so nett sind. Aber dafür haben wir ja Kommunikationsstrategien, um die zu beruhigen. Das klappt meistens auch." Am Ende eines Gesprächs komme oft ein Dankeschön. "Und vor Weihnachten stand hier jemand vor der Tür, der sich nach einem Kollegen erkundigt hat und eine Tafel Schokolade vorbeigebracht hat."
Auf die Mitarbeiter kommt es an
Öcal ist einer der "Externen" im Team der Service-Hotline, hat zuvor keine klassische Verwaltungslaufbahn durchlaufen, sondern arbeitete in einem Call-Center, so wie etwa die Hälfte seiner Kollegen. Der Rest kommt aus der Verwaltung - darunter auch zwei sehbehinderte Mitarbeiter, die schon in der früheren Telefonvermittlung im Rathaus gearbeitet haben und bei der Neueinrichtung mit ins Boot geholt wurden. "Unsere Mitarbeiter sind toll", ist Wissensmanagerin Antje Hurst überzeugt. "Die haben alle große Lust daran, hier zu arbeiten." Anders, unterstreicht Dirk Leistner, gehe es auch nicht, wenn sich die Stadt mit ihrer Service-Rufnummer als modernes Dienstleistungsunternehmen für seine Bürger präsentieren will. Dieser Paradigmenwechsel funktioniere nur mit motivierten Mitarbeitern.
Nur eines macht Nezihl Öcal und seinen Kollegen zu schaffen: Die bundesweite Service-Hotline eines Mobilfunk-Anbieters lautet ganz ähnlich - regelmäßig laufen daher auch Anfragen zu Handy-Guthaben bei ihnen auf. "Aber da müssen wir dann sagen, dass wir nicht die richtigen Ansprechpartner sind."
INFO - DIE 115:
- Die Einführung der Behördennummer 115 zählt zu den ersten 25 Kernaktivitäten der "Bochum Strategie".
- Sie soll zur Erfüllung des Anspruchs der Stadtverwaltung beitragen, „Vorreiter modernen Stadtmanagements“ zu sein.
INFO - DIE BOCHUM STRATEGIE
- Die Bochum Strategie ist ein gesamtstädtischer Handlungsrahmen, der das Jahr 2030 im Blick hat.
- Mit der Bochum Strategie sollen Projekte auf den Weg gebracht werden, die die Stadt für die Zukunft noch lebens- und liebenswerter gestalten.
- 50 dieser Projekte, "Kernaktivitäten" genannt, hat die Verwaltung gemeinsam mit verschiedenen Akteuren erarbeitet. Sie sollen Bochum besonders voranbringen.
Autor:Petra Vesper aus Bochum |
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