NRW hat gewählt. Bürgerrechte im Angebot? Das Geschäft mit dem PTB Waffenschein

Das ungeheuerliche Szenario wird Wirklichkeit. Die Tatortkommissare nicken sich zu und sagen einstimmig: "Gefahr im Verzug." Dann wird, wie jeden Sonntag, gegen ein Bürgerrecht verstoßen. Die Kommissare, inzwischen alles Ober-Kommissare, dringen in die Wohnung eines Verdächtigen ein. Oder tun sie das jetzt nicht mehr? Dass ich den Fernsehordnungshütern zuletzt beim Zähneputzen zugesehen habe, war mit Sicherheit noch vor der Landtagswahl in NRW. Wir kennen sie wie unseren nächsten Angehörigen, diese freundlichen Damen und Herren mit ihren vielen Schwächen. Deshalb verzeihen wir ihnen, wie sie die Gesetze brechen und die Verdächtigen unter Druck setzen. Es ist ja auch nur ein Film. Von Kultstatus war dabei schon mal die Rede. Der Fernsehtatort, hieß es, habe die Rolle der kirchlichen sonntäglichen Versammlung übernommen. Wem es dabei nicht eiskalt den Rücken hinunter lief, der kann nun die Wirkung der Innenpolitik unserer neuen NRW Landesinnenpolitik an sich ausprobieren. Das geht so: Beantragen Sie einen "kleinen Waffenschein". Das ist die Erlaubnis, eine Selbstverteidigungswaffe nach den Bestimmungen der Physikalischtechnischen Bundesanstalt mit sich zu führen. Dann muss man auch seinen Bundespersonalausweis mit sich führen. Ich berichte nun davon, was uns unter Schwarzgelb blüht: Vor zwei Wochen entschloss ich mich, den "kleinen Waffenschein" zu beantragen, weil ich zu Wanderungen in entlegenen Waldgebieten eine Selbstverteidigungswaffe nach PTB mitnehmen wollte. Man wies mir den Weg zum Gebäude 3 in der Uhlandstraße. Dort erfuhr ich, dass die Bearbeitung meines Antrages 55 Euro kosten würde. Mehrmals fragte ich nach, ob ich in diesem Zusammenhang mit Besuchen der Polizei rechnen müsse. Das mir durch die PTB Waffe vermittelte Gefühl der Sicherheit sehe ich gegenüber der Unversehrtheit meiner Wohnung als das weitaus geringwertige Rechtsgut an. Mir wurde das Formular zum Ausfüllen gereicht und versichert, dass bei dem "sogenannten kleinen Waffenschein" die Polizei nicht das Recht habe, meine Privatwohnung ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss zu betreten. So war ich beruhigt, dass immerhin das Justizministerium und daa Innenministerium über meine Rechte wachen und sich wechselseitig kontrollieren würden und die Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleibt, auch wenn ich Besitzerin des "kleinen Waffenschein" wäre. Zähne knirschend stellte ich den Antrag, der Kosten in der Größenordnung des Anschaffungspreises verursacht und regelmäßig erneuert werden muss. Hierzu konnte man mir bei der Antragstellung keine Auskunft geben. Die Gebühren von 55 Euro für das Mitführen einer ursprünglich als Selbstverteidigungswaffe gedachten Gaspistole konnte man mir nennen. Dieser Preis entspricht dem der absolut wasserdichten Regenjacke mit Innenfutter, die ich mir gerade gekauft habe. Ohne Problem kann ich mir davon Lebensmittel für zwei bis drei Wochen kaufen. Doch der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel. Das dachte sich auch die Polizei. Wenige Tage nach Antragstellung erhielt ich den Anruf eines Polizeibeamten, der seinen Namen zunächst nicht nannte, mir aber dann doch die Telefonnummer für den Rückruf gab. Denn der Anruf erfolgte mit Rufnummernunterdrueckung, und das sei, so erfuhr ich von der Bescherdestelle der Polizei, normal. Die Polizei würde immer mit unterdrückter Rufnummer anrufen. Der Polizeibeamte wollte meine persönliche Zuverlässigkeit "zu Hause" prüfen. Der Hinweis, dass ich den Nachweis als ermächtigte Übersetzerin bereits erbringen musste, genügte ihm nicht. Doch die Polizei setzte noch "einen drauf". Eine Woche später erreichte mich ein weiterer Anruf. Wieder rief ich zurück und erhielt den " väterlichen" Rat, dass ich den Polizisten ruhig zu meiner Wohnung Zutritt gewähren solle, weil die Gebühren auch im Ablehnungsfalle fällig würden, und der würde eintreten, wenn ich dem betreffenden Beamten nicht in meiner Wohnung meine Zuverlässigkeit nachwiese. Als ich auf meine Beeidigung als Dolmetscherin hinwies, deutete der Beamte an, dass es dann besonders in meinem Interesse sei, ihm Zutritt zu meiner Wohnung zu gestatten, damit ich so den Nachweis meiner persönlichen Zuverlässigkeit führen könne. Dies lehne ich ab. Gestern nun habe ich die Nachricht erhalten, dass mein Antrag auf Erteilung eines "kleinen Waffenschein" abgelehnt wird. Da ich mich wegen eines "Gespräches" unzugänglich erwiesen hätte, hätte er Zweifel an meiner persönlichen Eignung. Einer Vorladung ins Präsidium wäre ich allerdings gefolgt. Doch die neue schwarzgelbe Innenpolitik setzt offenbar bei der polizeilichen Ermittlung auf kurze Wege. Ein schwacher Trost: Ich habe diese Koalition nicht gewählt. Doch im Anbetracht der Wirtschaftspolitik, die die FDP im Angebot hat, bleibt mir der Mund offen stehen. Denn an dem happigen Nachtragshaushalt, mit dem schwarzgelb startet, sei die SPD Schuld. Bleibt nur eines für den 24.9. SPD wählen. Dann darf man vielleicht keine Gaspistole mitnehmen, aber die Polizei verschafft sich auch nicht Zutritt zur Privatwohnung. Das Abkassieren von Verwaltungsgebühren für Anträge, von denen von Vornherein klar ist, dass der Antragsteller die Folgen ablehnt, ist auch nicht das, was die SPD als Wirtschaftspolitik im Angebot hat.

Autor:

Brigitte Dreischer aus Bochum

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