Mittendrin statt nur dabei - Axel Schäfer zog den Blaumann über
Es ist zwar immer noch eine Ausnahme, aber es findet mittlerweile im Parlament Nachahmer: die alljährliche Mitarbeit von Politikern in „ganz normalen“ Berufen.
Für Axel Schäfer hat der Abstecher in die Arbeitswelt außerhalb des Parlamentes Tradition: Zum 15. mal absolvierte er in diesem Jahr ein einwöchiges Betriebspraktikum – die Stadtwerke hatten den Parlamentarier unter ihre Fittiche genommen.
Und Schäfer packte mit an, denn „Wer wie ich die Möglichkeit hat, Politik als Arbeit auszuüben braucht besonderen Respekt vor der beruflichen Leistung der 40 Millionen Menschen in unserem Lande die Tag für Tag arbeiten“.
„Grau, teurer Freund, ist alle Theorie und grün des Lebens goldner Baum.“ Mephistos Mahnung aus Goethes Faust hat Bochums Bundestagsabgeordneter Axel Schäfer seit jeher verinnerlicht. Oder, frei übersetzt ins Ruhrpottlerische, trifft’s Adi Preißlers Variante: „Entscheidend ist auf’m Platz“. Doch so oder so: Alljährlich, wenn sich das politische Berlin in die Sommerpause verabschiedet, geht es für Axel Schäfer raus aus dem Plenarsaal und hinein in die „normale“ Arbeitswelt.
Weil er wissen will, worüber er redet, wenn es um die Rente mit 67 geht, wenn von Arbeitsbedingungen geredet wird, Tarifverhandlungen anstehen oder die Sicherheit am Arbeitsplatz diskutiert wird, absolviert der Parlamentarier seit nunmehr 15 Jahren alljährlich ein Betriebspraktikum. Dafür verschwinden Anzug und Krawatte einmal im Jahr für eine Woche im Schrank, stattdessen gibt’s die jeweilige Arbeitskleidung. In diesem Jahr waren das Blaumann und Sicherheitsschuhe, denn Axel Schäfer war mit den Mitarbeitern der Stadtwerke unterwegs.
Kabel legen, Stromzähler und Trafos auswechseln, Undichtheiten in Leitungen überprüfen – der Abgeordnete stellte mit Freude fest, dass „man auch mit 59 immer noch einiges dazu lernen kann“, gestand aber gleichzeitig ein, dass einiges nicht mehr so leicht fällt wie mit 25 und man den Rücken abends schon spürt, wenn man tagsüber im Graben gearbeitet hat.“ Doch die Arbeit vor Ort war ebenso spannend und lehrreich wie die Gespräche mit den „Kollegen“. Denn das ist ihm wichtig: Nicht als „der Abgeordnete“ behandelt zu werden, sondern vor Ort mit anzupacken und – soweit möglich - die gleiche Arbeit zu verrichten, wie die Menschen, mit denen er eine Woche lang zusammenarbeitet.
Aber das war bislang nie ein Problem, im Gegenteil: „Hin und wieder wird schon getestet, ob ich es ernst meine und wirklich mit anpacke, doch ich bin keiner, der sich die Hände nicht schmutzig macht.“ Und das wird wertgeschätzt, und dementsprechend offen zeigen sich dann in der Regel auch die „Kurzzeitkollegen“. Das war auch bei den Stadtwerken so. „Das Betriebsklima ist hier sehr gut“, konnte Schäfer dann auch bestätigen, der bei seinem einwöchigen Abstecher in die Betriebswelt wieder wertvolle und nachhaltige Einblicke erhalten hat. „Die bekommt man nicht bei einem zweistündigen Betriebsbesuch. Es ist wichtig dass man als Politiker die Bodenhaftung behält. Der Mittelpunkt des Lebens für die meisten Menschen ist nicht die Politik, sondern die Arbeit. Deshalb sollte ein Politiker die Veränderungen in der Arbeitswelt immer wieder durch eigene Erfahrung kennen lernen.“
Und auch Stadtwerke-Geschäftsführer Bernd Wilmert war zufrieden mit seinem bislang ältesten und zugleich prominentesten Praktikanten, den er im Unternehmen begrüßen durfte: „Es ist alles bestens gelaufen. Für technische Probleme war er jedenfalls nicht verantwortlich“, erklärte Wilmert augenzwinkernd.as
Praktika
1994: Altenpflege
1995: Bergbau
1996: Stahlwerke
1997: Polizei
1998: ÖPNV
2002: Schulen
2003: Opel
2004: Einzelhandel
2005: Gartenbau
2006: Umwelt-Service
2007: Tierpark
2008: Migrationshilfe
2009: Landwirtschaft
2010: Sozialbetreuung
2011: Stadtwerke
Autor:Andrea Schröder aus Bochum |
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