Mit Hochspannung erwartet: Einkaufszentrum Vöde füllt sich mit Leben

Na, so weit wird es hoffentlich nicht kommen.
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Die Zeichen stehen unübersehbar auf Umzug und Einzug. Das sich in den vergangenen Tagen sichtbar ausdünnende Warenangebot hatte die Kunden bereits optisch darauf vorbereitet, dass hier in Kürze nichts mehr zu kaufen sein würde. Am heutigen Samstag, 04.02.12 schloss der kleine Aldi-Laden an der Castroper Straße 186 um 14.00 Uhr für immer seine Türen, um seinen Umzug in das auf Nachbargelände neu erbaute Einkaufszentrum Vöde in die Hand zu nehmen.

Das Personal sieht dem Neuanfang positiv entgegen, würden doch die neuen Räumlichkeiten deutlich mehr Platz für ein entsprechend größeres Sortiment bieten.
Auch die Arbeitsbedingungen dürften sich in Anbetracht der künftig großzügiger bemessenen Ladenfläche allein schon dadurch erheblich verbessern, dass beim Einsortieren der Waren kein Slalom-Lauf zwischen den Kunden und deren Einkaufswagen mehr nötig ist, um den Platz im Regal bestimmungsgemäß mit Waren nachzufüllen.

Mit dem Umzug wird die bisher drangvolle Enge in den schmalen Gängen der Vergangenheit angehören, die allerdings auch dadurch schon wieder zu einem Miteinander beitrug, dass man sich gegenseitig bitten musste, einander doch mal durchzulassen oder den Zugang zu Obst oder Gemüse zu gewähren.
Auch Schmunzel-Episoden, wie die der hier Bericht erstattenden Bürger-Reporterin, die mit den Worten „Entschuldigung, darf ich mal bitte eben ganz kurz an die Eier?“ einen Mann in den besten Jahren um Zugang bat, wofür sie sich anschließend doch ein ganz klein wenig schämte, als ihr mit den Eiern in der Hand bewusst wurde, worum sie da gebeten hatte, dürften dann wohl nicht mehr zu erwarten sein.

Die Neueröffnung der Filiale ist auf Mittwoch, den 15.02.12 um 8.00 Uhr terminiert. Auch der Drogeriemarkt Rossmann steht schon in den Startlöchern. Er wird seine Türen am 16. des Monats für die ersten Kunden öffnen und im Gegensatz zu Aldi direkt von der Castroper Straße aus begehbar sein.

Wer die Entstehung des ausgesprochen wuchtigen Neubaus an der Hauptverkehrsstraße über die Monate hinweg argwöhnisch beobachtet hat, der dürfte noch immer inständig darauf warten, dass sich die Rolläden der oberen Etagen endlich öffnen mögen.
Dieses hoffende Warten wird vergeblich sein, da es sich um Fenster-Attrappen handelt. Die auf die Castroper Straße gerichteten leblosen Augen des Komplexes trugen dem Neubau bereits intern den Namen
„ETV - Einkaufszentrum Tote Vöde“
ein.

Auch wenn die obere Front zur Straße noch immer ziemlich tot aussieht, zieht also Leben ein und man darf gespannt sein, wie die Einkaufsmöglichkeiten angenommen werden, stehen doch im Umkreis seit Monaten und Jahren Läden leer.
In Höhe der Kreuzung mit der Josephinenstraße zog Edeka vor Jahren aus. Der hier anschließend versuchte Höhenflug der Firma „SaniDeal“ wurde zu einer Bauchlandung der ausgestellten Edel-Badewannen.
Im kleinen Zentrum an der Castroper Straße Ecke Hiltroper Landwehr behauptet sich auf dem ehemaligen Gelände von Blumen-Thiele zwar schon seit Jahren ein Penny-Markt zusammen mit dem „Fressnapf“, einem kik und einem T€Di-Laden, ein Getränkemarkt hingegen gab schon vor langem auf. Seitdem steht auch dieser Laden leer.
Am Kreisverkehr der Vierhaus-, Berg- und Josephinenstraße wartet eine ganze Ladenzeile auf Mieter, die trotz des Lidl-Marktes, einer Bäckerei und einem Schreibwarenhandel seit Jahren schon nicht einziehen.

Nun also ein weiterer Neuversuch der Ansiedlung von Einzelhandel an der Haupteinfallstraße nach Bochum-Innenstadt. Die Gestaltung des ersten Bauabschnitts macht weiter misstrauisch. Auf angrenzendem Gelände wird ein zweiter folgen. Wer schon einmal die Rückfront des Gebäudes begutachtete, hat festgestellt, dass die Rückseite eigentlich die Vorderseite ist. Hier sind die Fensterfronten in Serie versammelt, die vorne an der Straße fehlen. Der "Castroper", auf der das Leben bisher stattfindet, zeigt der Komplex die kalte Schulter. Seine Schokoladenseite richtet das Gebäude auf den Käufer aus, der mit dem Auto kommt und die Parkplätze hinter dem Gebäude nutzt. Damit entfernt es sich gleichzeitig ein entscheidendes Stück von denen, die bisher zu Fuß gekommen sind.

Statt die Straße optisch aufzuwerten und ihr ein attraktives Aussehen zu geben, das auch den anspricht, der auf dem Weg zur Stadt ist, entsteht hier offenbar ein Zentrum hinter einem Zentrum; hinter einer Straße, die besser in das Zentrum hätte eingebunden werden können.
So aber scheint es unter sich zu bleiben und den Bestand der Läden auszugrenzen, die gegenüber seit Jahren schon vorhanden sind. Eine wirklich gute und sinnvolle städtebauliche Lösung, so bleibt noch immer zu befürchten, hätte etwas anders ausgesehen. Integrationspolitik bezieht sich nicht nur auf Kulturen.

Wie sich die Situation für den Fußgänger im Allgemeinen und für die in ihrer Mobilität eingeschränkten älteren Bürger im Besonderen darstellt, wird sich herausstellen, wenn der Komplex zur Nutzung freigegeben ist und gefahrlos betreten werden kann.
Dass ein Betreten der Läden in den zwei übermannshohen Geschossen wegen des ansteigenden Geländes von Norden wie von Süden ebenerdig möglich ist, wurde von Planerseite positiv hervorgehoben.
Dass hingegen an einen Aufzug nicht gedacht wurde, um körperlich Benachteiligten kurze Wege zu ermöglichen, statt sie um das Gebäude herum zu schicken, ist bekannt und wurde auch zu Recht bemängelt.

Sobald die Eröffnung stattgefunden hat, wird Lokalkompass weiter unterwegs sein und die Entwicklung kritisch beobachten. Was derzeit Skepsis hervorruft, muss ja nicht auch zwangsläufig kritisch bleiben.

Autor:

Sabine Schemmann aus Bochum

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