Mit dem "StadtBaumKonzept" wird es in Bochum nicht nur grüner – auch das Klima profitiert
Mehr Bäume in die Stadt

Wenn Straßenbäume, wie hier an der Wielandstraße, neu gepflanzt werden, muss großes Gerät ran. | Foto: Leitmann / Stadt Bochum
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  • Wenn Straßenbäume, wie hier an der Wielandstraße, neu gepflanzt werden, muss großes Gerät ran.
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Baum ist nicht gleich Baum! Wer wüsste das besser als Marcus Kamplade, im Grünflächenamt der Stadt zuständig für Bochums Straßenbäume und das Baumpflegekonzept. Im April erst hat er gemeinsam mit dem Oberbürgermeister den 1000. Baum aus dem "StadtBaumKonzept" ganz offiziell gepflanzt – in nur sechs Monaten. Ziel des Konzeptes ist es, in jedem Jahr mehr Bäume zu pflanzen, als gefällt werden müssen – mindestens aber 500 Stück. Dafür sind aktuell und für die kommenden vier Jahre pro Jahr eine Mio. Euro im städtischen Haushalt veranschlagt.

"Dieses Umdenken freut mich natürlich sehr", macht Marcus Kamplade deutlich. "Ich bin ja schon so lange bei der Stadt, ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als es anders war."
In Zeiten des Haushaltssicherungskonzeptes standen gerade mal 20.000 Euro für Neupflanzungen zur Verfügung. Viel zu wenig, um die Verluste auch nur annähernd auszugleichen. „Allein der letzte Sturm Ela hat in Bochum 3.000 Bäume vernichtet.“
Vom "StadtBaumKonzept" sollen nun im ersten Schritt Bereiche profitieren, in denen in den letzten Jahren Verluste entstanden sind, im weiteren Verlauf Defiziträume, die von externen Fachleuten ermittelt werden. "Für die Bürger ist das toll, denn sie sehen, dass in ihren Straßen was passiert, und dass sie mit ihren Wünschen gehört werden", ist Kamplade überzeugt. Darüber hinaus haben die Bäume aber auch einen positiven Effekt auf das Kleinklima und sind zudem hervorragende Feinstaubbinder.

Lebenserwartung von Straßenbäumen ist deutlich kürzer als die ihrer Artgenossen im Wald

Während Bäume im Wald bestenfalls über Jahrhunderte altern können, haben Straßenbäume eine deutlich kürzere Lebenserwartung. Sie haben mehr Stress durch extremere klimatische Bedingungen, Bodenverdichtung und oftmals beengte Standorte. Auch Streusalz setzt ihnen zu. Daher liegt ihre Lebensspanne bei rund 80-100 Jahren. Bochums Problem: Im Straßenbild gibt es eine große Zahl dieser alten Bäume, die nun nach und nach ihr Lebensende erreichen: „Nach dem Krieg bis Anfang der 70er Jahre wollte man mehr Grün in die Stadt bringen“, erläutert der Fachmann. "Und eben diese Bäume, die damals gepflanzt wurden, kommen nun ans Ende ihres Lebenszyklus."
Marcus Kamplade und sein Team kennen buchstäblich jeden Straßenbaum, denn die Stadt hat bereits relativ früh damit begonnen, ein Baumkataster zu führen. Im Internet unter www.bochum.de/baumfaellkataster zu finden, informiert es über geplante Baumfällungen ebenso wie über Neupflanzungen auf städtischen Flächen. „Aber es ist kein Planungselement“, macht Kamplade deutlich. Wenn ein Straßenbaum gefällt werden muss, spielen neben dem Alter auch Wurzeln, die Gehwege und Kanalisation beschädigen, Pilzbefall oder ein geplanter Straßenausbau als Gründe eine Rolle. Nicht jeder Baum wird 1:1 an gleicher Stelle ersetzt. Bei Neuanpflanzungen wird darauf geachtet, möglichst optimale Standorte innerhalb der jeweiligen Straße zu finden: "Ein Baum soll sich entfalten können, aber nicht in späteren Jahren zum Hindernis werden."

Größe hat ihren Preis

Einen Straßenbaum, der neu gepflanzt wird, darf man sich nicht als einen jungen Setzling vorstellen, wie er zur Aufforstung von Wald- oder Freiflächen verwendet wird: "Die Bäume, die wir pflanzen, waren schon sieben bis zehn Jahre in der Baumschule, sind zwischen fünf und acht Metern groß und haben bereits einen Stammdurchmesser von 20 bis 30 Zentimetern." Größe hat ihren Preis: "In den letzten Jahren haben die Preise dafür deutlich angezogen." Auch das eine Folge der Stürme. Die Bäume für Bochums Straßen werden von den Mitarbeitern den Umwelt- und Grünflächenamtes direkt in der Baumschule ausgewählt und anschließend von einer externen Firma eingesetzt, die auch die Anwachspflege, wie das Gießen der Bäume übernimmt.
Für einen Straßenbaum gelten ganz besondere Anforderungen. Nicht nur der Standort sei entscheidend, „wir gucken auch, welche Funktion er erfüllen soll“. So passen schlanke Bäume eher in enge Straßenschluchten, während ein Baum, der etwa im Inneren eines Kreisels steht, auch mal eine ausladende Krone haben darf: "Das ist ja dann auch ein gestaltendes Element und ein Blickfang für eine Straße." Immer aber müssen Straßenbäume möglichst robust sein, mit widerstandsfähiger Rinde, und dabei auch noch pflegeleicht. "Aber DEN idealen Baum für die Stadt, den gibt es leider nicht", lacht Marcus Kamplade. Immer sei die Sorte auszuwählen, die dem betreffenden Standort am besten gerecht wird. Welche Baumarten bevorzugt gepflanzt werden, das hat sich im Laufe der Jahre stark verändert: „Birken etwa pflanzt man heute nur noch in Ausnahmefällen neu, weil wir inzwischen um ihr hohes Allergie-Potential wissen. Und Kastanien waren in den letzten Jahren zunehmend von Pseudomonas-Bakterien befallen – dem Rosskastanien-Sterben." Auch Platanen oder Bäume mit kurzer Lebenserwartung würde man heute nicht mehr als Straßenbaum pflanzen.

"GALK-Liste" schlägt Baumarten vor

Welche Sorten dagegen in Frage kommen, darüber gibt die so genannte „GALK-Straßenbaumliste“ Auskunft – „GALK“ steht für „Gartenamtsleiterkonferenz“, ein Gremium, das bereits seit 1957 unter dem Dach des Deutschen Städtetages existiert. Die jüngste Fassung dieser Liste wurde 2012 veröffentlicht. Sie vereint Erkenntnisse, Erfahrungen und wissenschaftlichen Daten über Wachstum, Resistenz, Größe und Verwendbarkeit von Bäumen und berücksichtigt dabei auch die veränderten Rahmenbedingungen durch klimatische Veränderungen. Deshalb tauchen dort inzwischen auch Baumarten auf, die man eher nicht als „heimisch“ bezeichnen würde – Gingko etwa. „Diese Liste versammelt aber immer nur Empfehlungen, die nach heutigem Kenntnisstand ausgesprochen werden. Das können in 20 Jahren schon wieder ganz andere Arten sein“, macht Marcus Kamplade deutlich. „Und die Bäume, die uns heute Probleme bereiten, wurden ja auch vor 50, 70 Jahren nach bestem Wissen und Gewissen gepflanzt.“

Das Konzept:

  • Das "StadtBaumKonzept" ist eine der Kernaktivitäten der Bochum Strategie 2030.
  • Es trägt dem Wunsch vieler Menschen nach mehr Grün im Quartier, nach mehr Bäumen in den Straßen und nach mehr Natur Rechnung.

Die Bochum Strategie:

  • Die Bochum Strategie ist ein gesamtstädtischer Handlungsrahmen, der das Jahr 2030 im Blick hat.
  • Mit der Bochum Strategie sollen Projekte auf den Weg gebracht werden, die die Stadt für die Zukunft noch lebens- und liebenswerter gestalten.
  • 50 dieser Projekte, „Kernaktivitäten“ genannt, hat die Verwaltung gemeinsam mit verschiedenen Akteuren erarbeitet. Sie sollen Bochum besonders voranbringen.
Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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