Lebhafte Diskussion um das Thema Kirche

Interview von Opel-Mitarbeiten mit einer spanischen TV-Reporterin
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  • hochgeladen von Ulrich Achenbach

Ungefähr eine Stunde vor Beginn der Montagskundgebung trafen sich einige Montagsdemonstranten zu einem Interview mit einer spanischen Journalistin, die für einen spanischen TV-Sender Informationen zu Bochum sammelte. Es wurden zwei Mitarbeiter von Opel, eine Montagsdemonstrantin und einer der Moderatoren befragt. Bei Opel ging es um den Kampf gegen die Schließung des Werk I in Bochum und bei den Montagsdemonstranten um die Geschichte, den Zweck und die Prinzipien der Montagsdemobewegung. "Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen und auch einen selbständigen Streik organisieren, auch wenn die Gewerkschaftsspitze der IG Metall dagegen ist. In der IG Metall sind über 80% der Metallarbeiter und der angeschlossenen Branchen Mitglied und die Gewerkschaftsbasis unterstützt einen Arbeitskampf", so ein Auszug aus dem Bericht der Opel-Mitarbeiter. Ein Moderator schilderte die Geschichte und Prinzipien der bundesweiten Montagsdemobewegung. "Die Montagsdemonstrationen haben ihren Ursprung in der ehemaligen DDR, als sich die Bevölkerung gegen das Honnecker-Regime wehrte. 2004 regte eine Kommission unter Peter Hartz (ehemaliges Aufsichtsratsmitglied bei VW Wolfsburg) die Zusammenlegung der damaligen Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe auf dem niedrigeren Niveau an. Seit 2005 gibt es daher das Arbeitslosengeld II (Hartz IV), was die Rechte der Langzeiterwerbslosen stark einschränkt. Seitdem formierten sich in ganz Deutschland Montagsdemonstrationen, die bis heute noch stattfinden. Die Prinzipien dieser Montagsdemonstrationsbewegung sind: Überparteilichkeit, freie Meinungsäußerung am offenen Mikrofon (Faschisten oder religiöse Fanatiker ausgenommen), solidarische Entscheidungen und Abstimmungen, Hilfestellungen wie Sozialberatung für Betroffene (Begleitung zum Jobcenter usw.)."

Gegen 18.00 Uhr kamen die anderen Montagsdemonstranten mit dem Transparent und dem Lautsprecher. Zunächst wurde ein Montagsdemolied gesungen. Nach anfänglichem Zögern entwickelte sich eine breite Debatte um das Thema "Verschwendungssucht von Bischof Peter Tebartz van Elst und der Kirche allgemein".

"Ich gehe davon aus, dass der Skandal um den limburgischen Bischof Tebartz kein Einzelfall ist. Überall in der kath. Kirche werden Steuergelder vergeudet, es kommt nur nicht alles ans Tageslicht", lautete eine Wortmeldung. "Dieser Herr Tebartz predigt Wasser, säuft aber Wein", hieß es weiter. "Obwohl die Kirche für Barmherzigkeit steht, ist sie hochgradig patriarchisch organisiert und strebt auch Gewinn an. Man muss sich nur an den Vatikan ansehen, der ein Staat im Staate ist und sich sogar eine eigene Armee leisten kann". "Selbstverständlich kann deshalb nicht das Christentum verurteilt werden, denn der christliche Glaube und die Institution Kirche sind zwei verschiedene Dinge", meinte ein Redner, "es gibt aufrichtige Gläubige, die sich sehr für das Gute einsetzen. Zu diesen Menschen zählen auch Pfarrer wie z.B. in Hamburg, die für die Rechte von Benachteiligten (hier der Lampedusa-Flüchtlinge) einsetzen. Das Institut Kirche verhält sich jedoch wie ein Wirtschaftsunternehmen und hat eigene Gesetze. Nach Kirchenrecht gibt es z.B. kein Streikrecht und schlechte Tarifverträge für Beschäftigte von kirchlichen Einrichtungen und Betrieben". "Deshalb ist es wichtig, dass alle Christen auf gleicher Augenhöhe mit anders Gläubigen oder auch Atheisten zusammenarbeiten und gemeinsam mit Erwerbstätigen und Arbeitslosen um ihre Arbeitsplätze bzw. Rechte kämpfen", äußerte sich ein Opel-Mitarbeiter.

Mehrere Wortmeldungen gab es auch zur Stellung der Kirche im Mittelalter. "Klösterliche Abteien oder prunkvolle Sakralbauten wurden auf Kosten der Bauern, Handwerker usw. errichtet. Die Bevölkerung musste deshalb hungern. Auch waren schwerste Menschenrechtsverletzungen wie Hexenverbrennungen und Folter an der Tagesordnung", so eine Rednerin.

"Der Vatikan und der Kapitalismus sind eng verzahnt", hieß es weiter, "welche Auswirkungen hat die Wirtschafts- und Finanzkrise auf diesen Kirchenstaat?"

Zum Abschluss der sehr intensiven Diskussion über die Kirche sagte einer der Moderatoren: "Es gibt viele unterschiedliche Religionen, aber sie haben ein gemeinsames Ziel: Das GUTE und eine bessere Welt, auf der alle gleichberechtigt leben können".

Die Montagsdemonstranten diskutierten noch über die Kriminalisierung der Verteiler von Zeitungen und Flugblättern auf dem nicht umzäunten Opel-Gelände. "Ich habe eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch bekommen, das darf jedoch uns jedoch nicht davon abhalten, die Belegschaft weiterhin zu informieren. Je größer die Solidarität der Opel- Belegschaft für unsere Aktion ist, desto mehr wird der Werkschutz und auch der Staatsapparat unter Druck geraten", schilderte eine Betroffene. "In vielen Ländern der Erde werden Streiks trotz der Behinderungen von Polizei durchgeführt", sagte ein Redner, "diese Arbeiter lassen sich nicht einschüchtern.

Eine Montagsdemonstrantin trug vor: "Wir haben ein Beschwerdeschreiben an die Leitung des Jobcenters wegen der langen Wartezeiten der Besucher gesandt und jetzt Antwort bekommen. Das Jobcenter teilte mit, dass die Einrichtung eines Kundencenters sehr positiv angenommen wird, die Wartezeiten gesunken sind und auch die telefonische Erreichbarkeit verbessert wurde. Damit sind wir nicht einverstanden, denn nach wie vor gibt es lange Warteschlangen und auch telefonisch kann man häufig keinen erreichen. Dann meldet sich eine Computerstimme und fragt nach der Kundennummer und teilt mit, dass innerhalb von zwei Tagen zurückgerufen wird. Das ist doch nur selten der Fall".

Einer der Moderatoren schlug vor, nach Ende der Demo darüber zu beraten.

Da zur Zeit an einer drastischen Verschärfung von Hartz IV durch eine Arbeitsgruppe gearbeitet wird und bereits ein entsprechender Katalog vorliegt, ist das Schwerpunktthema der nächsten Montagsdemo: Bald totale Entrechtung der Langzeiterwerbslosen?

Mit der Abschlusshymne endete die Kundgebung, die auch zeitweise von der spanischen Reporterin gefilmt wurde.

Die Moderatoren
Ulrich Achenbach
Christoph Schweitzer

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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