Teure Fehlinvestitionen
Kohleausstieg könnte Bochum beim Kraftwerk Lünen 50-70 Millionen kosten
Das Abenteuer Steinkohle wird für die Stadt Bochum durch den Steinkohleausstieg nochmals erheblich teurer. Allein mit der Abschaltung des Steinkohlekraftwerks Lünen 2026 könnten weitere Verluste in Höhe von 50-70 Mio. entstehen. Der STEAG, an der die Stadt über die Stadtwerke ebenfalls noch beteiligt ist, entstehen durch den Kohleausstieg ebenfalls dreistellige Millionenverluste.
Bereits der Ausstieg aus dem Kraftwerksprojekt Hamm-Uentrop war mit Verlusten von 65 Mio. verbunden
Der Ausstieg aus dem Projekt Gekko, hinter dem sich die Investition in das unrentable Steinkohle-Kraftwerk Hamm-Uentrop hat Bochum bereits 65 Mio. Euro gekostet (Handelsblatt vom 10.07.15). 45 Mio. hatte Bochum 2007 in den Bau investiert, für 1 Euro verkaufte man 10 Jahre später den Anteil an die RWE. Hinzu kamen weitere Verluste u.a. für den Ausstieg, die Finanzierung der Beteiligungssumme, und unrentable Stromlieferverträge.
Beim Kraftwerksprojekt Lünen drohen weitere 50-70 Mio. Verlust
Beim Kraftwerk Lünen ist Bochum über die Trianel mit beteiligt. Erhebliche Gewinne macht das 1,4 Mrd. teure Kraftwerk bisher nicht, für 2014 erwarteten die Betreiber aufgrund veränderter Marktbedingungen sogar einen Verlust von etwa 100 Mio. Euro. Jetzt droht dem erst im Dezember 2013 nach Problemen mit der Baugenehmigung ans Netz gegangen Kraftwerk nach dem Kohleausstiegsgesetz bereits für das Jahr 2026 die Stilllegung. In der Folge geht Trianel im schlimmsten Fall von einem Verlust von 571 Mio. aus (Kommunale Kraftwerksbetreiber befürchten Milliardenverluste, Welt am Sonntag vom 10.05.20, nur Print), andere rechnen sogar bis zu 800 Mio. Euro. (Ruhrnachrichten 10.02.2020).
Die Stadtwerke Bochum sind mit 9.03% am Kraftwerk Lünen beteiligt (ewmr-Beteiligung 15,84% Meldung Stadtwerke Bochum , Anteil der Stadtwerke an der ewmr 57%). Realisiert sich der Verlust von 571 bis 800 Mio. Euro für das ganze Kraftwerk, resultiert daraus somit ein Verlust für die Stadtwerke und die Stadt von 50 bis 70 Mio. Euro.
Weitere Millionenverluste durch den Kohleausstieg drohen bei der STEAG
Für die STEAG, an der Bochum über die Stadtwerke mit 18% beteiligt ist, bedeutet der Kohleausstieg ähnlich massive Verluste wie beim Kraftwerk Lünen. Allein eine entschädigungslose Stilllegung des Kraftwerks Walsum 10, würde die STEAG 600 bis 800 Mio. Euro kosten, so der Vorstandsvorsitzende der Dortmunder Stadtwerke (Kommunale Kraftwerksbetreiber befürchten Milliardenverluste, Welt am Sonntag vom 10.05.20, nur Print). Eigentlich wollte die Stadt Bochum ihre Beteiligung an der STEAG längst abgestoßen haben. Aber wer kauft Anteile an einem Unternehmen, dass Verluste in solchen Großenordnungen befürchten muss? Wer ist bereit unter solchen Umständen einen halbwegs akzeptablen Kaufpreis zu zahlen? Zu befürchten ist, dass durch die drohenden Verluste der Wert der STEAG weiter sinkt und die verkaufswilligen Städte, wenn überhaupt, kaum mehr als einen symbolischen Kaufpreis erwarten können.
Für den Kauf seiner STEAG-Anteile investierte Bochum rd. 200 Mio. 68 Mio. aus Eigenmitteln und 130 Mio. über Kredite. Um eine Refinanzierung der Kredite zu ermöglichen und die STEAG für einen Verkauf aufzuhübschen schoss Bochum 2019 nochmal 10 Mio. über ein nachrangiges Darlehen zu. Der Eigenanteil wurde mittlerweile auf 10 Mio. abgeschrieben. 58 Mio. Verlust mussten also bereits als Verlust ausgebucht werden. Zu befürchten ist, dass wenn der STEAG-Verkauf doch noch gelingt, der städtische Gesamtverlust auf einen 3-stelligen Millionenbetrag steigt.
Noch wurde das Gesetz zum Kohleausstieg nicht vom Bundestag verabschiedet. Dass es bis zum 12. Juni zu substanziellen Nachbesserungen kommt, ist derzeit nicht zu erwarten. Die Stadt Bochum bzw. deren Stadtwerke können sich somit auf hohe zweistellige Verluste einstellen. Zum Glück ist die Ertragslage bei den Stadtwerke aufgrund treuer Kunden und gehobener Preise gut. Die Verluste begleichen die Stadtwerkekunden, auch fallen die Ausschüttungen der Stadtwerke an die Stadt um die Verluste gemindert kleiner aus. Der Stadt fehlen also Beträge, die sie sonst hätten in die Stadtentwicklung investieren können. Ebenso hätten die Stadtwerke die abgeschriebenen Beträge in erneuerbare Energien investieren können. Dann wäre die Stadt heute im Bereich Energie und Klimaschutz Vorreiter und würde sich nicht als Kommune präsentieren, die in den Nullerjahren die Zeichen der Zeit verkannt und sich bei Steinkohleinvestitionen verspekuliert hat.
Verluste sind Folgen politischer Fehlentscheidungen der Vergangenheit
Der Kohleausstieg ist trotzdem richtig und für den Klimaschutz unverzichtbar. Auch war bereits in den Jahren 2007 bis 2010, als die Fehlinvestitionen in Steinkohlekraftwerke wie -verstromer von der Stadt Bochum getätigt wurden, absehbar, dass Steinkohle kein Energieträger mit Zukunft sein würde. SPD und Grüne haben der Stadt mit ihren damaligen Fehlentscheidungen schweren Schaden zugefügt, zumindest stehen beide jetzt hinter dem Kohleausstieg, sowohl in energiepolitischer Hinsicht wie im Hinblick auf die Stadt. Jetzt geht es nur noch um Schadensbegrenzung. Die Stadt muss nicht nur schnellstmöglich ihre Beteiligung an der STEAG abstoßen, sondern auch bei der Trianel aussteigen, auch das ist kein Energieunternehmen, das für die Zukunft gut aufgestellt ist.
Autor:Dr. Volker Steude aus Bochum |
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