Keine Investitionen in neue Linien, stagnierende Fahrgastzahlen - Bogestra muss neu ausgerichtet werden

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Eine Kernaktivität der Bochum-Strategie lautet: “Vorfahrt ÖPNV - Leitprojekte
öffentlicher Nahverkehr” (Beschlussvorlage 20182172). Der Ausbau des Nahverkehrsnetzes ist in Bochum und dem Ruhrgebiet dringend erforderlich, da der Verkehr in der Stadt zu großen Problemen insbesondere hinsichtlich Verkehrslärm, Luftverschmutzung und fehlenden Verkehrsflächen führt. In Bochum werden nur 15,7% der Wege mit Bus und Bahn zurückgelegt in deutschen Großstädten sind es sonst regelmäßig über 20% (Vergleich Modal Split in verschiedenen deutschen Städten).

Verfehlte Verkehrspolitik - Rot-Grün steht vor Scherbenhaufen

Verwaltung wie die seit Jahrzehnten die Verkehrspolitik bestimmende Koalition aus SPD und Grünen haben es versäumt Maßnahmen zu ergreifen, um andere Verkehrsmittel wie Bus und Bahn sowie das Rad attraktiv zu machen. Daher wird die Verwaltung jetzt zu ungeplantem und überstürtztem Handeln gezwungen, um die Luftverschmutzungs- und Grenzwerte schnellst möglich einzuhalten um Fahrverboten zu entgehen. Dabei ist die Herner Straße, auf der der Verkehr laut dem von der Stadt eingeholten Verkehrsgutachten um 50% abnehmen muss, damit die NOx-Grenzwerte eingehalten werden können, nur der Anfang. In den nächsten Jahren wird auch an anderen Straßen die Einhaltung der Luft- und Lärmgrenzwerte zu Notmaßnahmen führen müssen, die den Menschen in der Stadt kaum zu vermitteln sind.

Schon vor 30 Jahren hätten Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Nahverkehrsnetz so attraktiv zu machen, dass es für viel mehr Menschen und Wege eine Alternative zum Auto bieten könnte.Doch dieses Ziel haben Politik und Bogestra bisher allenfalls auf dem Papier verfolgt. Entsprechend wurde das Bus- und Bahnnetz in den letzten 4 Jahrzehnten nie nennenswert ausgeweitet.

Bogestra hat bisher nie das Ziel verfolgt das Nahverkehrsnetz auszuweiten um so mehr Kunden zu gewinnen

Mehr Kunden zu gewinnen war nie ein ernsthaftes Unternehmensziel der Bogestra. Zwischen 2000 und 2016 investierte die Bogestra nach eigenen Angaben keinen einzigen Euro in die neue Fahrstrecken und Linien (Investitionen Bogestra). In der Folge lag die Kundenzunahme bei der Bogestra immer deutlich unter dem Durchschnitt aller deutschen Verkehrsunternehmen, 2017 stagnierte sie sogar (WAZ vom 25.06.2018).

Die Bogestra handelt seit jeher nicht wie ein Wirtschaftsunternehmen, sie verwaltet nur sich selbst und betreibt das bestehende Netz. Die Bogestra verfolgt bis heute keine einzige konkrete Maßnahme, die auf eine Ausweitung des Bus- und Bahnnetzes ausgerichtet ist. Ohne ein Netz, das den Ansprüchen einer modernen Großstadt genügt, ist es jedoch nicht möglich, mehr Kunden zu gewinnen und nennenswert mehr Fahrgäste zu befördern. Solange die Menschen im Ruhrgebiet für viele Fahrstrecken mit dem ÖPNV ein vielfaches der Fahrtzeiten mit dem Auto benötigen, sind Bus- und Bahn für sie nicht attraktiv. Oft lange Umsteigezeiten bei gleichzeitig häufig unpünktlichen Bussen und Bahnen bewegen niemanden das Auto stehen zu lassen.

Mit einem Nahverkehrsunternehmen, dass nicht ernsthaft das Ziel verfolgt mehr Menschen zum Umstieg vom Auto auf Bus- und Bahn zu bewegen, kann die Stadt es nicht schaffen, den Verkehr mit dem Auto und die daraus resultierenden Belastungen (Luftverschmutzung, Lärm, Staus, Unfälle, Wertminderungen u.a.) zu reduzieren.

Bogestra muss neu ausgerichtet und organisiert werden

Damit in Bochum neue Leitprojekte im öffentlichen Nahverkehr, insbesondere Erweiterungen im Bus- und Bahnnetz auf den Weg gebracht werden können, muss also zunächst die Bogestra grundlegend neu ausgerichtet und organisiert werden.

Als vorrangiges Unternehmensziel muss die Zunahme der Kundenzahl und damit die Erweiterung des Bus- und Bahnnetzes festgeschrieben werden. Die Bogestra muss festlegen, welche Netzerweiterungen sie in den nächsten 10 Jahren umsetzt und welche Zunahme an Kunden sie dadurch erreichen will. Damit in Bochum 20% der Wege mit dem ÖPNV zurückgelegt werden, müsste die Zahl der Beförderungen um mindestens 30% in den nächsten 10 Jahren steigen.

Eine Erweiterung des Netzes bedeutet nicht nur den Bau neuer Linien (u.a. Nahverkehrsachse Wattenscheid, Ostanbindung RUB/Hochschule an Langendreer, Laer/Mark 51°7 und Innenstadt), sondern auch die Ersetzung von seit Jahrzehnten eher provisorisch mit Bussen betriebenen Hauptverkehrslinien durch leistungsstarke Bahnlinien (u.a. 353, 368, 345).

Auch ist nicht nur das Netz der Hauptverkehrslinien zu erweitern, sondern sind zusätzlich die Stadtviertel in der Fläche besser an das Netz der Hauptverkehrslinien anzuschließen. Im 30-Minuten-Takt durch die Viertel irrende Busse sind in modernen Nahverkehrsnetzen nicht mehr zeitgemäß, die Bogestra muss in dieser Hinsicht über andere Lösungen z.B. mit Shuttle-Bussen nachdenken.

Ein weiteres Unternehmensziel der Bogestra sollte die Verschmelzung mit anderen Verkehrsunternehmen des Ruhrgebietes sein. Das Netz des VRR mit 13 kommunalen auf ihre Region beschränkten Nahverkehrsunternehmen zu betreiben, kann für die Zukunft keine Lösung sein. Auf Dauer ist zu überlegen, ob die Verkehrsunternehmen nicht besser im ganzen VRR-Gebiet Linien betreiben und die dafür benötigten Busse und Bahnen der VRR bereitstellt. Dies würde mehr Wettbewerb bedeuten, auf den sich die Bogestra einstellen müsste.

Die Bogestra muss im VRR darauf dringen, dass endlich auch der überregionale Nahverkehr auf ein Niveau gebracht wird, dass einer Metropole. in der 5,1 Mio. Menschen leben, gerecht wird. Verbindungen wie etwa die von Dortmund über Bochum, Wattenscheid, Essen und Mülheim bis Duisburg werden in vergleichbaren Metropolen im 3-5 Minuten-Takt bedient, dieser Standard muss auch im Ruhrgebiet das Ziel sein. Der bis 2023 angestrebte 15-Minuten-Takt ist unzureichend und unakzeptabel. Die Zahl der Kunden in den Nahverkehrsnetzen der Städte ist besonders davon abhängig wie leistungsfähig und dicht die Takte der interstädtischen Verbindungen im Ruhrgebiet sind.

Die Bogestra muss weiterhin im VRR erreichen, dass dieser endlich ein zeitgemäßes und attraktives Fahrscheinsystem einführt (Chipkarte statt Fahrschein). Das aktuelle Fahrscheinsystem ist besonders für Ab-und-zu-Fahrer unattraktiv. Dabei ist das eigentlich die Fahrgastgruppe, die die Bogestra dauerhaft als Kunden gewinnen möchte. Ohne attraktives Angebot für diese Zielgruppe, lässt sich die angestrebte Zunahme der Fahrgastzahl nicht erreichen.

Vorrangiges Unternehmensziel der Bogestra sollte in Zukunft Expansion sein

Die Unternehmensstruktur der Bogestra muss somit in jeder Hinsicht auf Expansion ausgerichtet werden. Dafür wird eine Unternehmensleitung benötigt, die selbständig handelt und die für die gewünschte Kundenzunahme erforderlichen Unternehmensziele aufstellt und diese konsequent verfolgt. Die Bogestra muss von Menschen geführt werden, die sich nicht politischen Parteien verpflichtet fühlen. Nur einer unabhängigen Unternehmensspitze ist es möglich mit dem erforderlichen Durchsetzungsvermögen die Unternehmensziele gegenüber Verwaltung, Politik und VRR zu vertreten und wenn nötig durchzusetzen.

Die Stadt muss im Gegenzug die Bogestra mit den erforderlichen Mitteln wie der erforderlichen Handlungsfreiheit ausstatten, damit diese die gesetzten Ziele selbstständig erreichen kann.

Wie das Possenspiel zur Vermeidung des Dieselfahrverbots auf der Herner Straße zeigt, drängt die Zeit, die dargestellten Voraussetzungen zu schaffen, damit die Bogestra in der Lage ist, die treibende Kraft zu werden, um die Menschen der Stadt zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen.

Volker Steude,
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos

Vergleich Modal Split, verschiedene deutsche Städte und Bochum, größere Ansicht: http://die-stadtgestalter.de/files/2018/01/st%C3%A4dte-mobilit%C3%A4t.jpg
Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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