Kandidateninterview auf der Montagsdemo - Brennpunkte Arbeitsplatzvernichtung, Umwelt, Gewerbesteuer

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Auf der heutigen Bochumer Montagsdemo gab es ein besonderes Highlight: Landtagskandidaten von verschiedenen Parteien stellten sich einer Diskussion mit dem Publikum. Die Moderatoren konnten Sabine Lehmann (Linkspartei), Leon Beck (FDP) und Klaus Leymann (Internationalistische Liste/MLPD) begrüßen und vorstellen.

Nach dem Singen der Eingangshymne begannen die Statements der einzelnen Kandidaten, danach stellte das Publikum Fragen an die Kandidaten.

"Wir müssen die Arbeit gerechter verteilen und setzen uns für einen Mindestlohn von 12,00 Euro pro Stunde ein. Leiharbeit muss deutlich eingeschränkt werden", argumentierte Sabine Lehmann von der Linkspartei.

"Die Rahmenbedindungen für die Schaffung von Arbeitsplätzen müssen verbessert werden. Das bedeutet den Abbau von Bürokratie und die Senkung der Belastung von Unternehmen durch die Gewerbesteuer", meinte Leon Beck von der FDP, "nur so kann man Unternehmen gewinnen, zu investieren, was neue Arbeitsplätze schafft.

Der Kandiadat der Internationalistischen Liste/MLPD, Klaus Leymann, äußerte sich: "Den Monopolen geht es nur um Profit. In NRW und auch anderswo werden Arbeitsplätze massenweise vernichtet, sei es in der Stahl- oder Automobilindistrie sowie im Bergbau. Ebenfalls wird die Umwelt zerstört. In NRW gibt es Giftmülleinlagerungen in stillgelegte Bergwerksschächte. Ebenfalls wird die Gesundheit der Bevölkerung durch den VW-Abgasskandal gefährdet. Als langjähriger Mitarbeiter von Opel habe ich mich für den Erhalt des Opel-Standorts Bochum eingesetzt. Alle bürgerlichen Parteien haben tatenlos zugesehen, wie viele Arbeitsplätze vernichtet wurden. Bis heute haben viele ehemalige Beschäftigte von Opel keinen Ersatzarbeitsplatz. Die Unternehmen können ungestraft Arbeitsplätze vernichten, wie sie wollen. Das zeigte sich auch bei anderen Unternehmen wie z.B. Nokia. Die Überstunden nehmen dagegen in allen Branchen drastisch zu. Die Internationalistische Liste/MLPD fordert daher die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich".

Danach gab es viele Wortmeldungen aus dem Publikum.

"Wir sind gegen eine Senkung der Gewerbesteuer, da die größte Steuerlast ohnehin der abhängig Beschäftigte trägt. Außerdem würde die Verschuldung der Kommunen weiter steigen", argumentierte eine Rednerin, "zudem hat Opel in Bochum so gut wie keine Gewerbesteuer bezahlt. Wer etwas von Buchhaltung versteht, weiß, dass der Gewinn eines Unternehmes durch Verbindlichkeiten an einen Mutterkonzern im Ausland geschmälert werden kann. Das war bei Opel der Fall, weil er Zahlungen aufgrund von Verträgen an GM in die USA leisten musste".

"Ich schließe mich der Forderung der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich nicht an, da dies eine Sache zwischen den Tarifvertragsparteien ist. Zur Senkung der Gewerbesteuer kann ich das Beispiel der Stadt Monheim anführen. Durch die Senkung der Gewerbesteuer haben sich in dieser Stadt viele Gewerbebetriebe angesiedelt, so dass das Steueraufkommen gestiegen ist und die Stadt inzwischen schuldenfrei ist", antwortete der Kandidat der FDP.

Der Kandidat der Internationalistischen Liste/MLPD konterte: "Überall in der Wirtschaft, sei es in der Industrie oder bei den Dienstleistern, sind (unbezahlte) Überstunden an der Tagesordnung. Während ein Großteil der Arbeiter bis an die Grenze des Zumutbaren schuften müssen, sind viele andere arbeitslos und auf die völlig unzureichenden Leistungen der Hartz IV - Gesetze angewiesen. Nicht nur in der Produktion, sondern auch im Dienstleistungsgewerbe steigt die Belastung der Beschäftigen, z.B. beim Krankenpflegepersonal. Zu den Steuern: Da die Personalkosten in der Produktivität einen geringen Anteil bilden, reicht eine Sozialsteuer von 8% auf die Umsätze aller Unternehmen aus. Damit werden Großkonzerne belastet, Kleinunternehmen jedoch entlastet. Mit dieser Steuer wären auch die Sozialversicherungsabgaben gedeckt."

"Eine kleine Minderheit der Kapitalisten hat ein so hohes Vermögen (Milliardäre) wie fast die gesamte Weltbevölkerung. Hier muss die Umverteilung beginnen. In NRW gibt es rd. 12 Milliardäre. Dieses Vermögen kann niemals durch Arbeitskraft angehäuft worden sein, sondern durch die Ausbeutung der Beschäftigten. Selbst wenn eine Bank überfallen würde, käme man nie an Milliarden Euro. Genau hier bedarf es einer Umverteilung und das ist die Systemfrage. Eine Alternative wäre der Sozialismus", hieß es in einer weiteren Wortmeldung.

Leon Beck vertrat die Ansicht: "Man kann Milliardär werden, dazu bedarf es einer inovativen Arbeit und einer zündenden Idee, z.B. der Entwickler von Facebook. Der Sozialismus ist nicht durchsetzbar, wie z.B. die Entwicklungen in Venezuela bewiesen. Welcher Unternehmer würde im Übrigen Ideen entwickeln, wenn die Früchte allen, also dem Staat gehören würden? In diesem Falle würde sich keiner mehr engagieren und die Wirtschaft geriete in einen dramatischen Rückschritt".

Eine Rednerin entgegnete: "Es gibt auch viele Menschen, die sich ohne Vorteilie für die eigene Person für andere engagieren. Das sieht man z.B. in der freiwilligen Flüchtlingshilfe. Außerdem haben viele Menschen aus verschiedenen Ländern beim Aufbau eines Gesundheitszentrums in Kobane/Provinz Rojava/Syrien mitgeholfen. Auch ich war mit dabei".

"Wenn wir weitermachen wie bisher, ist die Erde bald nicht mehr bewohnbar. Die Umwelt kann nicht Opfer des Profitgedanken einer kleinen Minderheit werden. Wir können erst in Freiheit leben, wenn alle an der technischen Entwicklung im Einklang mit der Natur teilhaben können und nicht nur wenige", lautete eine Wortmeldung.

In diesem Zusammenhang wurde die russische Revolution und der damalige Sozialismus in der UdSSR erwähnt. "Dieser Sozialismus ist verraten worden und es hat sich eine neue Diktatur gebildet. Auch wir kritisieren Stalin, jedoch der Grundgedanke vom Sozialismus ist deswegen nicht zu verurteilen. Die Internationalistische Liste hat aus diesen Fehlern gelernt. Ein echter Sozialismus kann sich nur von unten entwickeln mit einer Denkweise, die sich gegen Ausbeutung der Arbeiter und Karrierestreben richtet", sagte ein Mitglied der Internationalistischen Liste/MLPD.

Zur Umweltfrage forderten mehrere Leute aus dem Publikum eine Bestrafung der Manager von VW, die für den Abgasskandal (Manipulation der Abgaswerte von PKW`S) verantwortlich waren.

Der Kandidat der FDP war der gleichen Meinung: "Diese Verantwortlichen sollen mit aller Härte nach bestehendem Recht bestraft werden".

Die Diskussion setzte sich mit weiteren Argumenten gegen die jetzige Politik fort, u.a. der Zwei-Klassen-Medizin. Hier wurde deutlich, dass das Gesundheitswesen nicht auf Profitbais aufgebaut werden kann.

Zum Abschluss der Veranstaltung bedankten sich die Moderatoren der Bochumer Montagsdemo bei den Kandidaten für die Landtagswahl und die sachliche Diskussion auf gleicher Augenhöhe.

Mit der Abschlusshymne endete die Kundgebung.

Ulrich Achenbach
Christoph Schweitzer
Moderatoren

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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