Bunte Herbstdemonstration
Kämpferische Herbstdemo in Düsseldorf
Unter der Losung „Abwälzung der Krisenlasten auf die Bevölkerung - nicht mit uns“ fand am 10.10.20 die 17. Herbstdemonstration in Düsseldorf statt. Aufgerufen hatten dazu die Organisationen Bundesweite Montagsdemo und das Internationalistische Bündnis. Durch die Corona-Krise gab es zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesweiten Montagsdemo dezentrale Demos in sieben Städten, Berlin, Hamburg, Hannover, Erfurt, Leipzig, Düsseldorf und Stuttgart. Bisher wurde einmal jährlich eine zentrale Herbstdemo in der Regel in Berlin durchgeführt. Damit sollten weite Anreisen vermieden und somit das Ansteckungsrisiko vermindert werden.
In Düsseldorf kamen rd. 500 Teilnehmer, darunter örtliche Montagsdemos aus Düsseldorf, Duisburg, Essen, Dortmund, Kassel u. a sowie Stahlarbeiter, Vertreter von verschiedenen Organisationen wie dem Frauenverband Courage, der Flüchtlingssolidarität, dem Jugendverband Rebell und der Kinderorganisation Rotfüchse, von Migrantenorganisationen wie ATIF, der Bergarbeiterorganisation Kumpel für AUF und viele Einzelpersonen. Neben zahlreichen bunten Transparenten waren auch mehrere Fahnen von den Gewerkschaften IG Metall und Ver.di zu sehen.
Selbstverständlich wurden alle Demos Corona gerecht durchgeführt (mit Sicherheitsabstand, Masken und Desinfektion der Hände und Mikrofone.
Die Auftaktkundgebung begann nach einer musikalischen Einleitung mit der Songgruppe „Fresh Game um 12.00 Uhr in der Friedrich-Ebert-Str. In der Düsseldorfer Innenstadt begrüßten die Moderatoren sowie ein Vertreter von der Koordinierungsgruppe des Internationalistischen Bündnis die zahlreichen Demonstranten und mobilisierten alle, kämpferisch und lautstark die Demo zu gestalten.
Die Rednerliste führte als Gastgeber zuerst die Düsseldorfer Montagsdemo an. Dabei ging es vor allem um die jetzige Regierungspolitik unter der Corona Krise, um Abwälzung der Krisenlasten auf die Menschen, die ohnehin schon am meisten von Armut betroffen sind wie Rentner, Transferbezieher, Leiharbeiter, Alleinerziehende und ihre Kinder sowie Geflüchtete.
Zur Entwicklung in der Stahlindustrie sprachen ein Betriebsratsmitglied von Thyssen Krupp aus Duisburg sowie Vertreter von Beschäftigten von Daimler Benz aus Düsseldorf, weiterhin ein Vertreter von VW.
Lautstark protestierte das Betriebsratsmitglied von Thyssen Krupp gegen den geplanten Stellenabbau, er bereits nach dem Scheitern der Fusion mit dem Konzern TATA angekündigt wurde. Von 6000 Stellen war die Rede, die wegfallen sollten, davon 4000 in Deutschland. - bereits 2019, wo Corona noch kein Thema war. Mit der Begründung von Corona sollten viele Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen. Das Kurzarbeitergeld wurde zwar auf 80% aufgestockt, die Folgen der Krise wurden jedoch den Steuerzahlern aufgebürdet (Die meisten Steuern zahlen die abhängig Beschäftigten), meinte er.
In dem Wortbeitrag von den Beschäftigten bei Daimler Benz wurde von dem Warnstreik am vergangenen Donnerstag berichtet und der allgemeinen Stimmung im Werk. Genauso wie bei Thyssen Krupp sind auch hier die Arbeitsplätze nicht sicher, hieß es. Eine Produktionsstätte von MAN LKW soll geschlossen werden. Die Stimmung im Werk ist aufgeheizt und kämpferisch. wir kämpfen um unsere Arbeitsplätze und für die bundesweit rund 3,7 Millionen Beschäftigten um eine Entgelterhöhung von 5,5%., so der Tenor.
Zwischenzeitlich gab des Musikbeiträge von der Band „Gehörwäsche“ und dem Liedermacher Reiner Weigand aus Stuttgart.
Ein Demonstrant der Gelsenkirchener Montagsdemo forderte die Abschaffung von Hartz IV und eine Leistung, wo man ohne Sorgen vor Sanktionen als Mensch „frei durchatmen könne.
Ein Redner aus Dortmund empörte sich über die Einführung der unsozialen Hartz-Gesetze durch die damalige Schröder/Fischer Regierung so wie das Absenken des Rentenniveaus.
Der Vorsitzende des Wählerbündnis Rotes Forum (RF) Radevorwald, Fritz Ullmann, berichtete von der Kommunalpolitik in Radevormwald.
Nach einem Lied von der Gruppe „Hartzlos“ setzte sich der bunte Demozug in Bewegung, es ging über die Oststr., Graf-Adolf-Str. und Königsallee bis zum Corneliusplatz, dem Ort der Abschlusskundgebung. „Parolen wie Weg mit Hartz IV, das Volk sind wir“ oder „Demos auf der Straße, Streiks in der Fabrik, das ist unsere Antwort auf eure Politik“ und viele andere ertönten.
Das offene Mikrofon wurde rege genutzt. Es gab Redebeiträge von Ver.di-Frauen, einem IG Metall Mitglied, vom Jugendverband Rebell und von der Umweltgewerkschaft sowie mehreren Einzelpersonen. Eine Erzieherin berichtete zum Warnstreik im öffentlichen Dienst: „Durch die Corona-Krise ist die Arbeit mit Kindern umfangreicher geworden. Man kann bei Zweijährigen nicht mit Maske erscheinen. Da ist unsere Forderung nach Entgelterhöhung mehr als berechtigt, Applaudieren für unsere Tätigkeit reicht nicht“.
Viele Passanten blieben am Straßenrand stehen, fotografierten, mehrere reihten sich in die Demo ein.
Auf der Abschlusskundgebung referierte Dr. Bittel von der medizinischen Plattform des Internationalistischen Bündnisses über die Corona-Pandemie. Er erläuterte das Hintergrundwissen zu Covid19-Virus und bestätigte die jetzt wieder steigenden Infektionen. Er monierte zugleich, dass unter dem Vorwand von Corona versucht werde, demokratische Rechte wie z.B. das Demonstrationsrecht abzubauen. Wörtlich argumentierte er (Auszug): "Der wirkliche Protest gegen das Krisenmanagement der Regierung, gegen die Politik des Monopolkapitals, für demokratische Rechte und Freiheiten, der ist links, der gehört hierher, auf die Montagsdemonstrationen! Auf die Querfrontdemonstrationen gehört er mit Sicherheit nicht! Nicht nur, weil dort Faschisten die Strippen ziehen, sondern weil die sich geradezu zum Papagei der Monopolverbände machen".
Über das aufgeflogene Netzwerk im Polizeiskandal berichtete ein Teilnehmer von der Essener Montagsdemo. Daran waren wahrscheinlich auch Polizisten beteiligt, die bei dem antifaschistischen Protest in Essen gegen die faschistischen „Steeler Jungs“ in brutaler Weise gegen die Antifaschisten vorgingen, um den Steeler Jungs eine ungehinderte Verbreitung ihrer Parolen zu gewährleisten.
Ein sozialer Engagierter aus Wuppertal schilderte die unsoziale Flüchtlingspolitik der EU. Flüchtlinge in Schlauchbooten auf dem Mittelmeer nahe der türkischen oder griechischen Gewässer wurden oft durch Gewalt der Sicherheitskräfte auf das offene Meer zurückgedrängt. "Ich war auch vor Ort und habe viele Menschen aus dem Wasser gezogen. Auch war ich in Moria", hieß es in seinem Bericht.
Alassa Mfoupan von der Organisation Flüchtlingssolidarität mobilisierte zusammen mit seinen drei Freunden alle Flüchtlinge, sich zu solidarisieren und im Kampf gegen unwürdige Unterbringung sowie nächtliche Abschiebungen zusammenzustehen. Zusammen mit der Band Gehörwäsche sang er ein Lied zur Situation der Flüchtlinge.
Seyran Cenan von dem Frauenverband Courage verkündete, dass die Organisation Courage nach rechtlicher Auseinandersetzung wieder den Status einer gemeinnützigen Organisation mit entsprechenden Steuervorteilen erhalten hatte. Zu Unrecht war Courage dieser Status aberkannt worden. Seyran monierte die Personalsituation im Gesundheitsbereich, Hunderte von Pflegekräfte fehlen. Sie hob den Kampf der jungen Frauen gegen Rassismus und den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen hervor.
Ein ehemaliger Bergmann und Vertreter von Kumpel für AUF berichtete vom erfolgreichen Kampf um ihre Arbeitsplätze der über 100 Bergleute der ehemaligen Zeche Prosper Haniel in Bottrop, die nicht weiterbeschäftigt wurden, obwohl noch reichlich Arbeiten wie z, B. Rückbau der Schachtanlagen, Wasserhaltung u.a. anstehen. Weiterhin prangerte er die Flutung von stillgelegten Bergbauschächten und die Verklappung von hochgiftigem Sondermüll in diese Schächte an und forderte die umweltgerechte Entsorgung auf Kosten der Betreiber. Er wandte sich auch gegen die Abschaffung der kostenlosen Lieferung von Brennmaterial wie Kohle, Brikett, Feuerholz bzw. Zuschüsse zu den Heizkosten für ehemalige Bergleute bzw. Rentner (Deputatklau)
Eine Vertreterin von Atif prangerte die Zustände in Afghanistan an. Immer noch werden Frauen verhaftet und gefoltert. Sie berichtete von dem Widerstand gegen das brutale Regime in Afghanistan
Eine Vertreterin von Rebell und den Rotfüchsen überbrachte der Bundesweiten Montagsdemo ihre Solidaritiätsgrüße und schilderte die Rolle der Jugend in der zukünftigen politische Entwicklung.
Monika Gärtner- Engel als Vorsitzende der Organisation ICOR äußerte sich zur Situation der Flüchtlinge in Moria und weltweit. Sie griff scharf die Bekämpfung der Flüchtlinge durch die EU an. Die Solidarität mit den Geflüchteten sieht so aus, dass sich 70 Leute eine Toilette teilen müssen, meinte sie beispielhaft.
Mit einem Lied der „Gehörwäsche“ endete die bunte, lebhafte und friedliche Herbstdemonstration. Die Moderation verwies auf die nächste Herbstdemo, die hoffentlich wieder zentral in Berlin stattfinden kann und wünschte allen Teilnehmern eine gute Heimfahrt.
Anbei Fotos der erfolgreichen Herbstdemo.
Autor:Ulrich Achenbach aus Bochum |
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