Herbstdemo der bundesweiten Montagsdemonstrationen in Erfurt
Kämpferische, bunte, lautstarke und friedliche Demonstration mit über 600 Teilnehmern
Die traditionelle Herbstdemonstration der bundesweiten Montagsdemobewegung fand dieses Mal in der schönen Stadt Erfurt statt, der Landeshauptstadt Thüringens. Üblicherweise ist die Herbstdemo in Berlin, jedoch wegen der anstehenden Landtagswahl in Thüringen und des Tages der Deutschen Einheit (3.10.) wurde Erfurt ausgewählt.
Als langjähriger Teilnehmer der Bochumer Montagsdemo war ich live in Erfurt dabei.
Kurz vor 11 Uhr sammelten sich die Montagsdemos aus vielen Städten Deutschlands am Anger in der Innenstadt von Erfurt: Aus Halle und Leipzig, aus Bochum, Hagen, Herne, Witten. Aus Hamburg, Bremen, Braunschweig, Hannover. Aus Dresden, Gera, Chemnitz, Magdeburg. Aus Dortmund, Lübeck, München, Nürnberg, Stuttgart, Esslingen, Göppingen, Albstadt, Tübingen ... Fahnen der IG Metall, des Jugendverbands REBELL, der Umweltgewerkschaft, vom Frauenverband Courage, von Migrantenorganisationen, der MLPD und der ICOR flatterten im Wind. Seit 15 Jahren findet auf diesem Platz, dem Anger in Erfurt, die Donnerstagsdemonstration gegen die Hartz-Gesetze statt. Herzlich begrüßen die Erfurterinnen und Erfurter ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus dem ganzen Bundesgebiet.
Die Straßenkapelle Nümmes eröffnete das Kulturprogramm mit dem Lied "Wir vom Alex", dem Song der Berliner Montagsdemo.
Auf der Auftaktkundgebung gab es Redebeiträge von den Montagsdemos Saarbrücken, Gelsenkirchen, Heidelberg, Bochum sowie der Donnerstagsdemo Erfurt, von Vertrauensleuten der kämpferischen Beleschaft von Opel Bochum und Eisenach. Ebenfalls meldete sich der syrische Kurde Fawaz Chikhmous und grüßte die Herbstdemonstranten. Er versicherte, dass das kurdische Volk die Diktatur in seinem Lande besiegen wird. Er verurteilte die Bundesregierung, die Waffen an die Türkei verkauft, die gegen das kurdische Volk eingesetzt werden.
Auch meldeten sich Vertreter von der Gewerkschaft der Lokführer (GDL), dem Internationalistischen Bündnis, der Gewerkschaft Ver.di, dem Frauenverband Courage, dem Jugendverball Rebell und der MLPD.
Die Opelaner berichteten: Seit 2004 sind Opel-Arbeiterinnen und -Arbeiter zuverlässig bei jeder Montagsdemo. Sie prangern die von den Monopolen betriebene Spaltung an: "Das Opelwerk in Eisenach war jahrzehntelang ein Musterwerk für den ganzen GM-Konzern. Dabei hat die Konzernleitung immer darauf geachtet, dass die Löhne im Osten niedriger blieben. Wir arbeiten immer noch 38 Stunden und nicht 35. Das ist eine ganz bewusste politische Spaltung, um die Arbeitereinheit zu hintertreiben."
Besonders hervorzuheben ist der Bericht einer Donnerstagsdemonstrantin aus Erfurt: "Ich bin in Ettersberg bei Weimar großgeworden und habe die Gräuel aus dem ehemaligen KZ Buchenwald als Kind selbst mitbekommen. Ich wunderte mich über den weißen Rauch, der über den Ort Ettersberg zog. Später erfuhr ich, dass es der Rauch von unzähligen Menschen war, die in Buchenwald im Krematorium verbrannt wurden. NIemals vergessen werde ich die schreckliche Tat eines Nazis, der einen Rollstuhlfahrer aus dem Fenster warf".
Die Transparente bewiesen, welche Vielfalt und Breite die Forderungen haben, die die Montagsdemobewegung in den letzten 15 Jahren entwickelt hat. Da gibt es Forderungen zum Umweltschutz. Natürlich Forderungen gegen die Hartz-Gesetze. Gegen die Kriegsgefahr, gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen. Gegen Ausbeutung und Unterdrückung weltweit. Für kostenlosen öffentlichen Nahverkehr. Gegen faschistische Organisationen und neofaschistischen Terror. Für die Arbeitereinheit in Ost und West! Zum Teil sind die Transparente auch mehrsprachig, was die internationalistische und solidarische Ausrichtung unterstreicht. Überall spürte man den Stolz darauf, seit 15 Jahren gegen die Regierung auf die Straße zu gehen. Hier bei heutigen Herbstdemonstration auf dem Anger in Erfurt reichen sich Bergarbeiter aus Ost und West die Hand!
Mit einem Lied des Ruhrchors endete die Auftaktkundgebung gegen 12 Uhr. 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer formierten sich zur Demo durch Erfurt.Während der Demo stand die ganze Zeit das offene Mikrofon zur Verfügung. Es sprach unter anderen ein Stahlarbeiter aus Duisburg. Eine Gewerkschafterin berichtete von der Verhaftung eines ihrer Kollegen im Auftrag der Erdogan-Regierung. Er wird jetzt seit Wochen in Slowenien festgehalten.
Eine Delegierte des ver.di-Gewerkschaftstags berichtete, dass ver.di beschlossen hat: Hartz IV muss weg! Auch das ein Erfolg der Montagsdemobewegung! Der Landesvorsitzende der MLPD in Thüringen, Tassilo T..begrüßte die Demonstration. Er griff den Bundesinnenminister Horst Seehofer an, der gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West verspricht: in zehn Jahren!
Ein Teilnehmer aus Erfurt war zum ersten Mal bei einer Demo gegen die Hartz-Gesetze. Er selbst muss von Hartz IV leben und er will, dass die Erfurter mit dieser Demonstration noch mehr politisch für ihre Interessen in Erscheinung treten.
Mitglieder verschiedener Kulturgruppen des Jugendverbands REBELL bereicherten die Demonstration mit einer mehrsprachigen Version des antifaschistischen Partisanenlied "Bella Ciao". Vertreterinnen des Frauenverbands Courage luden zum Frauenpolitischen Ratschlag ein, der vom 1. bis 3. November 2019 ebenfalls in Erfurt stattfindet: "Den Weg kennt ihr ja schon!"
Gabi F., die Vorsitzende der MLPD grüßte die Demo und würdigte mit herzlichen Worten die Montagsdemobewegung - selbstverständlich gehört sie ihr seit 15 Jahren ebenfalls an! Es ist ein Riesenverdienst dieser Bewegung, dass sie eine kämpferische und solidarische Demonstrationskultur entwickelt hat, wie sie einer breiten überparteilichen Massenbewegung gebührt. Gabi F. redete Tacheles: Die durch und durch undemokratische, reaktionäre und liquidatorische Rolle einiger selbsternannten " Organisatoren" in der Fridays-for-Future-Bewegung ist aufzudecken und zu verurteilen. In dieser Jugend-Umwelt-Bewegung hat sich doch immer stärker eine antikapitalistische Tendenz entwickelt - dagegen richtet sich dieses Liquidatorentum, das Fahnen, Transparente oder Flugblätter von unbeliebten Organisationen und Parteien aus der Bewegung raushaben will".
Mit vielfältigen Beiträgen und Parolen endete die Demonstraion wieder am Anger. Ein junger Palästinser bedankte sich für die Solidarität, die der Befreiungskampf seines Volkes aus der Montagsdemo-Bewegung erfährt. Ein IG-Metaller aus Berlin prangerte den Versuch der Siemens-Führung an, den Konzern zu zerschlagen. Kollegen aus Heidelberg berichten von einem Skandal in ihrer Stadt. Dort wurde ein Arbeitsloser auf dem Jobcenter von der Polizei zusammengeschlagen. Zwei Bergarbeiter aus dem Ruhrgebiet berichteten über die Politik der verbrannten Erde, die die RAG nach den Zechenschließungen betreibt. Arbeiter- und Umweltbewegung gemeinsam, so die Kumpel, werden dem Paroli bieten!
Gemeinsam mit der ICOR-Hauptkoordiatorin Monika G.E. traten Vertreter des palästinensischen und des kurdischen Befreiungskampf auf die Bühne - über allem die wehende ICOR-Fahne. Eine Verbrüderung, die Schule machen muss, sich enger zusammenzuschließen, um eine überlegene Kraft zu werden. Dafür ist die revolutionäre Weltorganisation ICOR eine wesentliche Plattform, versicherte Monika G.E.. Ibrahim, der Vertreter des palästinensischen Befreiungskampfs sagte: "Wir werden die wachsende Unterdrückung beantworten mit dem wachsenden Zusammenschluss."
Ulja S. von der Koordinierungsgruppe der Bundesweiten Montagsdemobewegung zog eine positive Bilanz der heutigen Herbstdemonstration in Erfurt. "Es war auffällig, welche Sympathie uns auch die Erfurter Bevölkerung entgegen gebracht hat. Das war etwas Besonderes heute. Gerade in Arbeitervierteln grüßten uns die Leute aus den Fenstern und pflichteten den Forderungen bei, besonders denen zur Arbeitereinheit in Ost und West. Die Montagsdemos haben ihren Zusammenhalt gestärkt, weitere Klarheit und neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter gewonnen". Ulrich A., ebenfalls von der Koordinierungsgruppe, prangerte die Umweltzerstörung an: "Nicht nur der Co2-Ausstoß ist Ursache der begonnenen Klimakatastrophe. Die vielen großen Waldbrände, sei es im Amozonas-Becken, in Sibirien oder anderswo auf der Welt, sind eine bedrohliche Gefahr für das globale Klima. Die weltweiten Konzerne legen nicht nur Feuer, um mit Monokulturen wie z.B. Palmölplantagen Profit zu machen, sie vergiften auch die Flüsse und Meere, der Plastikmüll in den Ozeanen ist ein eindeutiger Beweis. Auch in Deutschland ist die Klimaveränderung zu spüren: Zahlreiche Bäume, insbesondere Fichten, sind bereits abgestorben, sei es im Thüringer Wald, Sauerland und auch in der Nähe des Ruhrgebiets. Ebenfalls leiden durch die tierquälerische Massentierhaltung nicht nur die Tiere, sondern durch die riesigen Güllemengen auf den Äckern wird das Grundwasser mit Nitrat verseucht. Auch entstehen klimaschädliche Gase wie Lachgas".
Fazit der Herbstdemo: Die bundesweiten Montagsdemos sind nicht tot und werden weitergehen!
Autor:Ulrich Achenbach aus Bochum |
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