„Jeder Ex-Opelaner ist nun ein Einzelkämpfer!“

Luidger Wolthoff (Leiter der Agentur für Arbeit, links) und Hermann Oecking (Geschäftsführer von TÜV NORD Transfer) wollen den ehemaligen Opel-Mitarbeitern die Türen auf dem Arbeitsmarkt öffnen.
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Das Gefühl, Teil ihres bekannten Kollegenkreises zu sein, konnten 2 500 ehemalige Mitarbeiter des Opel-Werks Bochum am Donnerstag letztmals erleben. Im RuhrCongress fand die Auftaktveranstaltung der Transfergesellschaft statt. „Jeder Ex-Opelaner ist nun ein Einzelkämpfer“, betonte Luidger Wolthoff, Leiter der Agentur für Arbeit.

2 500 Beschäftigte des Autobauers im hiesigen Werk wechselten zum 1. Januar in die Transfergesellschaft von TÜV NORD Transfer. Weitere 150 Kollegen, derzeit noch mit Restarbeiten im stillgelegten Werk beschäftigt, stoßen im Laufe des Jahres hinzu. In der Auftaktveranstaltung wurden sie über die ersten Schritte zur beruflichen Neuorientierung informiert.
Hermann Oecking (Geschäftsführer von TÜV NORD Transfer) und Luidger Wolthoff machten dabei deutlich, dass der Faktor Zeit eine große Rolle spielt, soll der berufliche Neustart gelingen. „Unsere Hauptaufgabe ist es, die erste Tür zu öffnen. Dabei gilt es, keine Zeit zu verlieren“, unterstreicht Wolthoff mit Nachdruck.
Los geht es nun mit dem Bewerbungstraining. Zwei Monate sind dafür veranschlagt. Es umfasst das richtige Formulieren und die korrekte Form einer Bewerbung ebenso wie das sichere Auftreten und Gesprächsführungstechniken. Viele der vom Autobauer freigesetzten Mitarbeiter waren sehr langjährig für Opel tätig, sind in diesem Bereich nicht „in der Übung“.
„Es gibt bereits Anfragen möglicher neuer Arbeitgeber. Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe, Bahnunternehmen, Firmen aus der Metallverarbeitung oder Stellen im Bereich von Haustechnik“, zählt Oecking auf.

„Marktgängig“ und „Nicht-Marktgängig“

Gute Chancen hat hier, wer sogenannte „marktgängige Qualifikationen“ vorweisen kann. Luidger Wolthoff erklärt es an einem Beispiel: „Wer etwa als Elektriker tätig war, zum Beispiel in der Instandhaltung, wird sich leichter tun.“
Als „Nicht-Marktgängig“ gälten etwa Lackierer. Sie haben in der Fahrzeugproduktion eine sehr spezialisierte Arbeit verrichtet. „Von Malern und Lackierern werden heute auf dem Arbeitsmarkt Kenntnisse der Isolierungstechnik erwartet. Hier gibt die Transfergesellschaft die Möglichkeit, das Wissen des Bewerbers entsprechend zu aktualisieren“, so Wolthoff weiter.
Ein gutes Dutzend aus dem Kreis der bis Dezember 2014 für Opel tätigen Menschen brauchte am Donnerstag nicht mehr zu erscheinen, sie haben bereits einen neuen Arbeitsvertrag abschließen können. Rund 1 700 können bis zu zwei Jahre im Transfer bleiben, dies betrifft die Jahrgänge 1959 und älter. Die Jüngeren haben ein Jahr diese Möglichkeit.
Hermann Oecking: „Wir sind seit 2010 in Bochum tätig und haben in dieser Zeit bereits rund 1 100 bei Opel ausgeschiedene Menschen betreut.

Vermittlungsquote: 70 Prozent

Mehr als 70 Prozent davon konnten vermittelt werden. Von den Vermittelten waren nach sechs Monaten noch 90 Prozent bei ihrem neuen Arbeitgeber tätig.“ Solche Größenordnungen sind auch jetzt das Ziel. Wer 2015 einen neue Stelle antritt, nach kurzer Zeit aber feststellt, dass der neue Job „nicht passt“ kann innerhalb seiner persönlichen Frist zur Transfergesellschaft zurück und einen zweiten Anlauf starten.
Das Team der Transfergesellschaft ist zunächst 55 Personen stark, damit ist ein Berater für etwa 45 Arbeitssuchende zuständig. Zum Vergleich: Bei der Bochumer Agentur für Arbeit ist der Schlüssel 1:130. Alle 14 Tage wird der frühere Opelaner im Transfer zu Schulungen und Qualifizierungen erwartet, zentraler Anlaufpunkt ist das bisherigen Werk III.
Im ersten Jahr der Transfergesellschaft erhalten die ehemaligen Opelaner 80 Prozent ihres bisherigen Nettogehalts, im zweiten Jahr wird die Summe auf 75 Prozent reduziert.

Das Durchschnittsalter liegt bei 50 Jahren

Luidger Wolthoff sieht zwei zentrale Fragen seitens möglicher, künftiger Arbeitgeber im Bezug auf die im Durchschnitt 50 Jahre alten Arbeitssuchenden: „Sind die Leute zu alt? Und ist die Umstellung aus der Betriebsstruktur eines Werks in eine deutlich kleinere Firma zu groß?“
Sein Appell an die Bewerber: Es gilt, Chancen zu erkennen und zu nutzen. Für den, der flexibel und gut qualifiziert ist, gibt es im Ruhrgebiet Alternativen, andere sollten gleich zu Beginn der Transfergesellschaft die Möglichkeit einer Weiterbildung oder Qualifizierung nutzen. Die größten Chancen haben sicher diejenigen, die sich schnell neuorientieren. Gute Fachkräfte werden gesucht. Von den Einzelnen ist Veränderungs- und Anpassungsbereitschaft, Mobilität, Flexibilität und der Wille, sich in einer neuen betrieblichen Umgebung zu behaupten, gefordert.“

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Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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