Ist Gerthe noch zu retten?
Das gewachsene Stadtteilzentrum Gerthes befindet sich seit Jahren im Niedergang. Immer wieder prägen Leerstände in der Fußgängerzone das Bild. Auf dem Wochenmarkt zwischen den parkenden Autos auf dem zentralen Gerther-Platz verlieren sich nur noch wenige Stände und Kunden.
Zwei Fragen stellen sich dem Besucher: Wie konnte es zu dieser negativen Entwicklung kommen? Und was kann noch getan werden, um diese wieder umzukehren?
Schauen wir zunächst auf die Ursachen für die Verödung des Stadtteilzentrum Gerthes, ehe danach ein Vorschlag der STADTGESTALTER dargestellt werden soll, wie das gewachsene Einkaufsviertel in Gerthe wieder belebt werden könnte (Vorschlag).
Ursachen für den Niedergang des gewachsenen Stadtteilzentrums
Der Niedergang des Stadtteilzentrums Gerthe begann, nachdem im Bereich der Fläche der ehemaligen Zeche Lothringen, direkt benachbart zu dem gewachsenen Einkaufsviertel, der Textildiscounter kik und 4 Lebensmitteldiscounter entstanden.
Ursprünglich sollte auf der ehemaligen Zechenfläche gar kein Einzelhandel entstehen. Dies wurde im entsprechenden Bebauungsplan für diese Fläche auch ausdrücklich so festgelegt (B-Plan 491 N).
In der Begründung des Bebauungsplanes heißt es: In Gerthe bestehe laut einer Standort-. Markt- und Imageuntersuchung von ECON-CONSULT kein Bedarf an zusätzlichen Verkaufsflächen, das Versorgungszentrum sei voll entwickelt. Vor einer Ansiedlung von Einzelhandel auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Lothringen wird sogar ausdrücklich gewarnt, da „hierdurch einer weiteren Zersplitterung des Geschäfts- und Dienstleistungsbesatzes Vorschub geleistet würde, so dass die Agglomerationswirkung des Hauptgeschäftsbereichs nicht mehr zum Tragen käme.“
Doch als sich die Vermarktung der Flächen auf dem ehemaligen Zechengelände als schwieriger und langwieriger als gedacht erwies und dazu noch Aldi und Lidl anboten südlich der Amtmann-Ibingstraße zwei Discounter zu errichten, verloren Stadt, Wirtschaftsförderung und Politik die Geduld und warfen alle Bedenken über Bord, änderten den ursprünglichen Bebbauungsplan (B-Plan 491Na) und ließen den Bau der Discounter zu. Als dann noch im Norden des Gebietes REWE die massive Erweiterung ihres Marktes vorschlug, wurde auch diese durch Änderung des Bebbauungsplans ermöglicht (B-Plan 491Nc).
Damit war der Niedergang des Hauptgeschäftsbereichs von Gerthe besiegelt. Der Kundenstrom verlagerte sich auf das ehemalige Zechengelände, ebenso wie REWE vom Marktplatz auf das Gelände zog. Mit dem Auto anfahren, parken, billig einkaufen, ist seitdem hier die Devise. Im gewachsenen Geschäftsbereich von Gerthe fehlt dagegen ein moderner Supermarkt, so dass es sich aus Sicht der meisten Kunden nicht mehr lohnt diesen anzusteuern.
Gerthe besteht nunmehr aus zwei konkurrierenden Einkaufsbereichen, dem gewachsenen Stadtteilzentrum und dem Discounter Zentrum, die beide dazu noch nur mit einem unauffälligen und ungepflegten Durchgang miteinander verbunden sind (Plan gewachsenes Stadtteilzentren und Discounter Zentrum). Den Wettbewerb um die Kunden haben die Discounter mittlerweile klar für sich entschieden.
Die Ursache des Niedergangs liegt also auch in Gerthe (wie u.a. auch in Laer, Werne, Grumme (Castroper Straße) oder Wattenscheid) in krassen Fehlentscheidungen von Politik und Verwaltung, die sehenden Auges neben dem Hauptgeschäftsbereich die Entwicklung eines zweiten Discounter-Geschäftzentrums ermöglicht haben. Eine unselige Mischung aus Unwissenheit, Unfähigkeit und Gleichgültigkeit in Politik und Verwaltung ermöglichte die verheerenden Entscheidungen. Auch die Bezirksvertretung Nord, die Gerther Bürger und Einzelhändler machten leider keinen Versuch die fatalen Entscheidungen abzuwenden. Entsprechend nimmt der Niedergang bis heute seinen Lauf.
Jetzt endlich aber scheint die Politik ihre Fehler eingesehen und erkannt zu haben, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Die Verwaltung wurde beauftragt zu prüfen, was getan werden kann um den weiteren Niedergang zu stoppen. Doch ist das Stadtteilzentrum von Gerthe noch zu retten oder ist es bereits zu spät?
Neue Entwicklungsmöglichkeiten ergeben sich, weil Aldi seinen Standort aufgeben will und dorthin umziehen will, wo heute das alte Verwaltungsgebäude der Zeche Lothringen steht. Dort soll ein noch größerer Markt errichtet werden. Viele Bürger aber wollen das Identität stiftende Verwaltungsgebäude erhalten (WAZ vom 12.04.16).
Die Idee: Das neue Gerther Marktzentrum
Gleichzeitig fehlt dem gewachsenen Stadtteilzentrum ein zeitgemäßer Supermarkt, der direkt an der Fußgängerzone liegt. Entsprechend schlagen die STADTGESTALTER nunmehr eine Verlegung des Supermarktes auf die Parkflächen des Marktplatzes, statt auf die Flächen des Verwaltungsgebäudes vor (Gesamtpräsentation).
Der Vorschlag der STADTGESTALTER sieht konkret vor, auf dem Gerther-Platz dort, wo sich jetzt der Parkplatz befindet, auf einer Fläche von rd. 1.500 qm ein Gerther Marktzentrum zu errichten (Plan Marktzentrum). Als Ankermieter könnte dort z.B. Aldi einziehen. 3-4 kleinere Shops wie Bäckerei, Café oder Blumengeschäft könnten das Angebot ergänzen. So ließe sich das Einzelhandelsangebot im gewachsenen Stadtteilzentrum komplettieren und das gewachsene Stadtteilzentrum kann neu belebt werden (Ansicht Marktzentrum).
Weiterhin wird vorgeschlagen den Wochenmarkt vor das neue Gerther Marktzentrum in den Bereich der Kreuzung Gerther- und Turnstraße zu verlegen. Viele Besucher des Marktzentrums würden damit zu potentiellen Kunden des Wochenmarktes, denn bevor sie das Marktzentrum betreten, liefen sie an den Markständen vorbei.
Für den auf dem Marktplatz entfallenden Parkraum könnten auf dem heutigen Aldi-Gelände alternative Parkflächen eingerichtet werden. Zur Anbindung dieser Parkplätze an den Gerther-Platz wäre es möglich eine Zufahrt von der Bethanienstraße einzurichten.
Auf den Discounter-Flächen südlich der Amtmann-Ibingstraße (heute Aldi und Lidl) sollte mittel- bis langfristig statt Einzelhandel Gewerbe angesiedelt werden. Interesse an einem Teil dieser Flächen hat bereits das Unternehmen Entex geäußert (WAZ vom 12.04.16).
Bei dem dargestellten Vorschlag könnte ggf. das Verwaltungsgebäude Zeche Lothringen erhalten werden. Sollte allerdings ein Erhalt wirtschaftlich nicht möglich sein, müsste auch ein Abriss in Betracht gezogen werden. Auf der Fläche sollte jedoch in keinem Fall die Ansiedlung von Einzelhandel zugelassen werden.
Der Vorschlag der STADTGESTALTER sieht den Verlust eines Teils der Platzfläche vor, auf dem sich bisher ein öder und städtebaulich unattraktiver Parkplatz befindet. Trotzdem ist darauf zu achten, dass die Bebauung des Platzes nicht erdrückend gerät und sich in die Umgebung gut einpasst. Besonderen Wert ist darauf zu legen, dass der alte Baumbestand weitestgehend erhalten bleibt.
Ob der Vorschlag realisierbar ist und mit ihm die erforderliche Belebung des gewachsenen Gerther Stadtteilzentrums erreicht werden kann, muss nun genauer untersucht werden. Ließe sich das Ziel erreichen, dann wäre gegenüber dem weiteren Niedergang des Geschäftsbereichs der Verlust des Parkplatzes zu verschmerzen.
Wichtig ist in jedem Fall, dass die Stadt endlich eine nachhaltige Stadtentwicklung betreibt, damit es zu derart krassen Fehlentscheidungen wie in Gerthe, die den Niedergang der Stadtteilzentren zur Folge haben, zukünftig nicht mehr kommen kann.
Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos
Autor:Dr. Volker Steude aus Bochum |
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