Integration Point: Stadt Bochum, Agentur für Arbeit und Jobcenter Bochum ziehen Bilanz
"Langfristiges Denken und Handeln hat oberste Priorität", so lautet das Fazit der Partner des Integration Points, die jetzt eine erste Zwischenbilanz gezogen haben
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Im viertgrößten und bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen werden ein Fünftel aller geflüchteten Menschen untergebracht. Derzeit befinden sich in Bochum rund 5.000 Personen in städtischen Einrichtungen und Wohnungen. Der Bedarf an Beratung ist groß: Allein 10.000 unterminierte Vorsprachen zählte die Agentur seit der Eröffnung des Integration Points im Januar. Insgesamt 22 Mitarbeiter arbeiten hier und bieten die Möglichkeit, in sieben verschiedenen Sprachen die Zufluchtsuchenden persönlich zu betreuen.
Falls das nicht ausreicht, sorgt ein extra engagiertes Übersetzungsbüro für spontane Hilfe. „Wir haben uns mit dem Integration Point sicherlich gut auf die geflüchteten Menschen vorbereitet“, stellt Luidger Wolterhoff, Vorsitzender Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Bochum, fest. „Allerdings muss klar sein, dass nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden kann. Was wir bis hierhin innerhalb kürzester Zeit geleistet haben, ist enorm und wir haben in den vergangenen Monaten viele Erfahrungen sammeln können. Jetzt wissen wir, wo wir weiter ansetzen müssen, und es liegt noch viel Arbeit vor uns.“
Wolterhoff sieht in der Integration von Flüchtlingen auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine große Chance. Ohne Zuwanderung werden in den nächsten 20 Jahren bundesweit rund fünf Millionen Fachkräfte in Deutschland fehlen. Über die unterminierten Vorsprachen hinaus wurden seit Jahresbeginn rund 4.000 terminierte Beratungsgespräche im Integration Point geführt. Die Vermittlungen in Arbeit halten sich derzeit jedoch noch sehr in Grenzen. Bis jetzt konnten im Agenturbezirk lediglich 17 geflüchtete Menschen in den lokalen Arbeitsmarkt integriert werden. Was aber, laut Wolterhoff, in erster Linie aufgrund fehlender Sprachkenntnisse, nicht verwunderlich ist.
„Eine gut durchdachte Beratung sowie sinnvolle Aus- und Weiterbildungen von geflüchteten Menschen werden ihre Früchte tragen. Wir müssen in diesem Bereich langfristig planen“, so der Arbeitsmarktexperte. Das größte Handicap stellt derzeit die Sprache dar: Unabhängig von der Qualifikation, die ein Flüchtling mitbringt - ohne das Beherrschen der deutschen Sprache ist eine Vermittlung in den Arbeitsmarkt fast nicht möglich. Das Bildungsniveau variiert allerdings stark und das Erlernen der deutschen Sprache ist nicht mit einem Grundkurs abgeschlossen. Es wurden daher entsprechende Kursangebote konzipiert. Häufig sind diese Kurse mit Blick auf die kulturellen Hintergründe gekoppelt mit einem Integrationskurs, der grundlegendes Wissen über die deutsche Kultur und Gesellschaft vermittelt. Seit Beginn des Jahres konnten bereits knapp 500 solcher Maßnahmen von Flüchtlingen genutzt werden. Insgesamt sind rund 1.000 Eintritte in diese Maßnahmen für das gesamte Jahr geplant.
Sozialdezernentin Britta Anger betont, wie wichtig eine frühzeitige Integration der geflüchteten Menschen ist: „Mit eine der wichtigsten Aufgaben bei der Integration der Zugewanderten ist die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt. Nur wer eigenständig und ohne staatliche Hilfe sein Leben bestreiten kann, kann sich ganz und gar in unsere Gesellschaft integrieren. Dabei spielen Zeit und Sprache sicherlich eine große Rolle. Der erste Grundstein für eine gelungene Integration liegt in dem Erlernen der deutschen Sprache.“
Jobcenter-Geschäftsführer Frank Böttcher sieht den Erwerb der deutschen Sprache mit als oberste Priorität. Er ergänzt: „Damit sich diese Menschen in Deutschland integrieren können, brauchen sie eine berufliche Perspektive. Wir setzen alle Hebel an, um den Menschen, die als Geflüchtete zu uns gekommen sind, so schnell wie möglich zu helfen.“ Rund 2.000 geflüchtete Menschen werden derzeit im Integration Point in Bochum betreut. Davon sind lediglich ein Viertel Frauen. Der Großteil der Menschen ist zwischen 25 und 35 Jahre alt und männlich. Die meisten Menschen kommen aus Syrien, gefolgt von geflüchteten Menschen aus dem Irak und aus Eritrea. „Alles aus einer Hand zu gestalten und zu konzipieren, vereinfacht vieles. Dennoch bleibt die Situation schwierig und stellt nicht nur für uns, sondern für die gesamte Gesellschaft eine enorme Herausforderung dar“, so Wolterhoff. Er ergänzt: „Wenn wir es aber richtig anpacken, langfristig planen, Ruhe bewahren und vielleicht auch hier und da mit alten Strukturen brechen, sehe ich auf lange Sicht Vorteile für uns und unsere Gesellschaft.“
Fakten:
- 40 Prozent der Asylbewerber bleiben mit hoher Wahrscheinlichkeit hier
- die Meisten sind im erwerbsfähigen Alter (25 bis 35 Jahre) und männlich
- Qualifikationsstruktur der Flüchtlinge liegt nicht gleich auf der Hand
- geflüchtete Menschen sind die Fachkräfte von übermorgen
- Integration Point stellt zentrale, rechtsübergreifende Anlaufstelle dar
- Agentur für Arbeit, Jobcenter und Kommune arbeiten unter einem Dach
- Mitarbeiter sind interkulturell geschult und sprechen mehrere Sprachen
- Anlaufstelle für Flüchtlinge und Arbeitgeber, die einstellen wollen
- es werden sowohl anerkannte Flüchtlinge als auch Menschen in laufenden Asylverfahren betreut
Autor:Andrea Schröder aus Bochum |
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