Serie „Bochumer Ehrenbürger“: Teil 1
Im Dienste der Kommune

Oberbürgermeister Heinz Eikelbeck verabschiedete 1976 den scheidenden Oberstadtdirektor Gerhard Petschelt - und zeichnete ihn für seine Verdienste um die Stadt Bochum mit der Ehrenbürgerwürde aus. | Foto: Stadt Bochum
  • Oberbürgermeister Heinz Eikelbeck verabschiedete 1976 den scheidenden Oberstadtdirektor Gerhard Petschelt - und zeichnete ihn für seine Verdienste um die Stadt Bochum mit der Ehrenbürgerwürde aus.
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Die Brücke, die vom Uni-Center zum Campus der Ruhr-Universität führt, wird auch heute noch meist einfach als Uni-Brücke bezeichnet. Offiziell heißt sie seit 1990 jedoch Dr.-Gerhard-Petschelt-Brücke und erinnert an einen Mann, der für seine Verdienste um die Kommune 1976 zum Ehrenbürger der Stadt Bochum ernannt worden ist. Der Lokalkompass beleuchtet in einer Serie die Bedeutung der Ehrenbürgerschaft für die städtische Identität unter verschiedenen Blickwinkeln. In Teil 1 geht es um die Leitlinien bei der Vergabe der Ehrenbürgerschaft nach 1945 und den Umgang mit zuvor verliehenen Ehrenbürgerschaften – und um den Umstand, dass seit Petschelt kein weiterer Ehrenbürger in Bochum mehr ernannt worden ist – und erst recht keine Ehrenbürgerin.

Im Jahre 1846 wurde mit dem Lehrer Johannes Kämper erstmals ein Ehrenbürger in Bochum ernannt. Die Ehrenbürgerschaft gilt als älteste und höchste Auszeichnung, die eine Kommune zu vergeben hat. Zugleich lässt die Auswahl der Ehrenbürger Rückschlüsse darüber zu, in welchem Licht eine Stadt gesehen werden will. Mit Otto von Bismarck, 1885 zum Ehrenbürger Bochums ernannt, Paul von Hindenburg, 1917 in Bochum und 1933 in Wattenscheid geehrt, und Adolf Hitler, der 1933 sowohl in Bochum als auch in Wattenscheid die Ehrenbürgerschaft erhielt und erst 1984 aus der Liste der Ehrenbürger gestrichen wurde, waren es in der Folge immer wieder Akteure der nationalen Politik, die in dieser Weise ausgezeichnet wurden.
Mit der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung von 1952 änderte sich diese Praxis dahingehend, dass die Ehrenbürgerschaft ausschließlich für besondere Verdienste um die Gemeinde verliehen wird. Mit dem Rechtsanwalt und SPD-Kulturpolitiker Carl Rawitzki, der nach dem Krieg aus dem Exil nach Bochum zurückgekehrt war, ernannte die Stadt 1962 erstmals wieder einen Ehrenbürger, mit dem sich ein späterer Teil dieser Artikelserie ausführlich befassen wird. Ihm folgte 1965 der Altoberbürgermeister Franz Geyer, dessen Ernennung Mitte der achtziger Jahre vereinzelt zum Gegenstand der Kritik wurde, weil er auch dem Nationalsozialismus als hoher Kommunalbeamter gedient hatte. Auch darauf wird in dieser Serie noch ausführlicher eingegangen.

Heinemann, Claus und Petschelt

In der Folge wurden die Sozialdemokraten Fritz Heinemann und Fritz Claus 1969 bzw. 1975 bei ihrem Ausscheiden aus dem Oberbürgermeisteramt mit der Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet, bevor mit Gerhard Petschelt der bislang letzte Ehrenbürger Bochums ernannt wurde.
Der promovierte Jurist und Sozialdemokrat Gerhard Petschelt diente Bochum von 1952 bis 1976 als Oberstadtdirektor und setzte sich besonders für den Bau der Ruhr-Universität ein. Eine Tafel gegenüber der Universitätsverwaltung erinnert an ihn.
Die Ernennung des bislang letzten Bochumer Ehrenbürgers liegt damit mittlerweile 45 Jahre zurück und mit Fritz Claus starb 1985 der letzte noch lebende Ehrenbürger. Dies mag dazu beigetragen haben, dass die Bochumer Ehrenbürger in den letzten Jahrzehnten nur selten im Fokus der Öffentlichkeit standen.

Debatte um Hindenburg

Größere Aufmerksamkeit erfuhr das Thema erst wieder im Jahre 2015, als die Ehrenbürgerschaft Paul von Hindenburgs zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen wurde. Hindenburg hatte als Reichspräsident Hitler zum Reichskanzler berufen und ließ zu, dass die Nationalsozialisten sein hohes Ansehen für ihre Zwecke instrumentalisierten.
In der Folge der Debatte um Hindenburgs Ehrenbürgerschaft nahm sich die Kortum-Gesellschaft des Themas „Bochumer Ehrenbürger“ in seinen verschiedenen Facetten an und legte jüngst einen lesenswerten Sammelband vor. Der Herausgeber Marco Rudzinski beklagt darin, dass das Ehrenbürgerwesen bislang nicht Gegenstand der Stadtgeschichtsschreibung geworden sei. Dabei wirft die nähere Beschäftigung mit diesem Gegenstand interessante Fragen auf, etwa warum bislang keine Frau zur Ehrenbürgerin Bochums ernannt und warum nach 1976 auf die Vergabe des Ehrenbürgerrechts verzichtet worden ist. Der Sammelband könnte hier wichtige Anstöße geben.

Zum Weiterlesen
Bochumer Ehrenbürger. Aspekte kommunaler Ehrung im Ruhrgebiet. Hg. v. Marco Rudzinski (ISBN 978-3-87023-453-9 ).

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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