Haushaltssicherung gescheitert - Bochum steuert dem Haushaltsnotstand entgegen
Jetzt ist es raus, die Koalition aus SPD und Grünen geht nicht mehr wirklich davon aus, dass der Bochumer Haushalt 2015 genehmigt wird. Die Folge wäre, die Stadt erhält einen Nothaushalt und die Bezirksregierung übernimmt das Ruder. Über die Finanzen bestimmt dann nicht mehr der von den Bürgern gewählte Rat, sondern die Aufsichtsbehörde in Arnsberg. Das bedeutet nichts anderes als eine Art Zwangsverwaltung. Rot-Grün wären erneut an der Aufgabe gescheitert einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen.
Wird ein städtischer Haushalt nicht genehmigt, weil er gültige gesetzliche Bestimmungen nicht einhält, dann hat das schwerwiegende Gründe. Die Finanzpläne und Versprechen der Handelnden sind nicht aufgegangen. Ihre Konzepte haben nicht gegriffen. Sie haben versagt.
Die für die Finanzen der Stadt Verantwortlichen sind nicht mehr in der Lage eigenständig die Ausgaben der Stadt mit den Einnahmen auch nur halbwegs in Einklang zu bringen. Entsprechend genehmigt die Bezirksregierung den Haushalt nicht, da er den Grundsätzen ordentlicher Kommunalfinanzen widerspricht. Folgerichtig entbindet die Bezirksregierung die städtischen Verantwortlichen von ihren wichtigsten Entscheidungsbefugnissen und nimmt das Ruder selbst in die Hand.
Es ist nicht das erste Mal, dass Bochum auf einen Nothaushalt zusteuert. Bis 2011 gab es den in Bochum bereits. Aus dieser Zeit gelernt hat man in der Verwaltung wie in der Politik offenbar nichts. Wieder sind die Ausgaben unkontrolliert aus dem Ruder gelaufen und die Einnahmen reichen nicht aus, sie nur halbwegs zu decken. Die Sparbemühungen waren nicht ansatzweise ausreichend, vielfach absehbar unrealistisch, teilweise auch nicht mehr als heiße Luft. Viele der prognostizierten Einnahmensteigerungen waren Luftschlösser oder basierten auf Selbstbetrug (lokalkompass 16.11.13).
Eigentlich sollte man meinen, im Rat herrscht jetzt hektische Betriebsamkeit, Sparvorschläge werden gemacht, diskutiert und geprüft. Man stellt die gesamte Verwaltung auf den Kopf und sucht überall nach Einsparpotentialen. Doch dem ist nicht so. Wer auf den Rat der Stadt schaut, bekommt den Eindruck hier macht sich Hilfs- bis Ahnungslosigkeit breit. Man weiß nichts mit der Situation anzufangen. Noch in der Novembersitzung verkündete der Fraktionsvorsitzende der SPD, Reinierkens „Man befinde sich seines Erachtens auf gutem Weg.“. Kurz vor der Sitzung hatte er gegenüber Radio 98.5 dagegen erklärt, der Nothaushalt wäre kaum mehr zu vermeiden (radio 98.5 vom 13.11.14).
Als der grüne Kämmerer 3 Tage vor der Junisitzung des Stadtrates am Rat vorbei die Haushaltssperre verkündete, war schon das nicht mal Gegenstand einer Diskussion im Rat. Auch forderte diese niemand, weder Opposition noch Koalition. Die Dramatik der finanziellen Lage war den meisten wohl gar nicht bewusst. Dass die Entscheidungs-, Informations- und Kontrollrechte des Rates wieder mal geschickt von der Verwaltung ausgehebelt wurden, daran hat man sich im Rat der Stadt offenbar längst gewohnt und nimmt es widerspruchslos hin. Entsprechend blieb eine eigentlich überfällige Rüge zum Vorgehen des Kämmerers aus.
In der Folge der Haushaltssperre blieben die Oberbürgermeisterin wie der Kämmerer die Vorlage eines Konsolidierungskonzeptes schuldig. Bis heute liegt ein solches der Politik nicht vor. Wie sollen für den Haushalt 2015 die Ausgaben massiv gesenkt werden, damit dieser genehmigt werden kann, wenn dafür noch gar kein Konzept vorliegt. Wieder wäre der Rat am Zug. Er müsste ein solches Konzept schon lange mit aller Vehemenz einfordern. Selbst wenn ein solches Konzept jetzt noch vorgelegt wird, wie soll der Rat es noch prüfen und mit den Bürgern diskutieren? Das neue Haushaltsjahr beginnt bereits zum 01.01.2015. Läuft alles ordnungsgemäß sollte ein Haushalt für 2015 noch in 2014 beschlossen werden. Das ist ohnehin nicht mehr zu schaffen. Geplant ist eine Beschlussfassung für das Frühjahr 2015.
Wenn die Verwaltung dann doch noch ein Konzept vorlegt, wird es der Rat kaum mehr ernsthaft prüfen können, selbst wenn er es denn wollte. Es fehlt jedoch nicht nur dafür die Zeit, es fehlen auch die dafür erforderlichen Zahlen und leider bei einigen Ratsmitgliedern auch der erforderliche Wille sich in die Zahlen einzuarbeiten, bzw. sich das Wissen anzueignen, das zum Verständnis erforderlich ist.
So blamierte sich zuletzt der Ex-Fraktionsvorsitzende der SPD Fleskes in der Ratssitzung, als er offen zugab, die einfachsten Grundsätze des Kostendeckungsprinzips nicht verstanden zu haben. Sein Vortrag gipfelte darin, dass er die Kalkulation von Einnahmen nach einem vorgegeben Deckungsbeitrag als stalinistische Maßnahme geißelte. Wirklich beschäftigt hatte er sich mit den betriebswirtschaftlichen Grundlagen der Materie offensichtlich nicht.
Auch hat der Rat bisher keine eigenen Vorschläge für ein Konsolidierungskonzept vorgelegt, auch keinen Fahrplan oder eine Strategie wie ein Nothaushalt für 2015 vermieden werden soll. In der letzten Ratssitzung wurde lediglich über die neue Partnerkarte bei der Stadtbücherei diskutiert. Eine einzige winzige Konsolidierungsmaßnahme von hunderten notwendigen.
Man hat den Eindruck, der Ernst der Lage wurde im Rat noch gar nicht erkannt oder es muss vielen Ratsmitgliedern schlicht egal sein, was da mit der Stadt passiert. So sprach sich der Grüne Fraktionsvorsitzende Preuß ggü. der WAZ dafür aus, das es auch eine denkbare Option wäre, die Stadt gezielt in den Nothaus gehen zu lassen (WAZ vom 16.11.14). Zwar erklärte er später, er sei missverstanden worden, doch fragt man sich, warum keine eigenen Konsolidierungsbemühungen von Rot-Grün zu erkennen sind, obwohl es offenbar auch nach eigener Einschätzung kurz vor 12 ist.
Nothaushalt bedeutet, die Stadt entscheidet nicht mehr eigenständig über ihre finanziellen Belange, sondern die Bezirksregierung. Nicht mehr der von den Bürgern gewählte Rat entscheidet, sondern die Mitarbeiter der Bezirksregierung. Auf diese Weise kann sich natürlich die den Rat regierende Koalition von SPD und Grünen samt OBin und Verwaltungsvorstand aus ihrer Verantwortung für einen ausgeglichenen Haushalt stehlen. Die unangenehmen Sparvorschläge muss man dann nicht mehr selbst vertreten, gegenüber den Bürgern rechtfertigen und verantworten, da kann man dann ungeniert der Bezirksregierung den schwarzen Peter zu schieben: „Die Bezirksregierung will noch mehr Schulen, Bäder und die BoSy schließen, wichtige Sanierungsmaßnahmen aufschieben und massiv Stellen in der Verwaltung abbauen, nicht wir. Aber was sollen wir denn machen? Wir sind im Nothaushalt, wir müssen machen, was die Bezirksregierung uns sagt.“
Es zeigt sich leider, Politik und Verwaltung sind nicht in der Lage die Stadt geplant zu führen. Die Konzepte greifen nicht bzw. sind latent unzureichend. Entsprechend schlittert die Stadt von einer Finanzmisere in die nächste. Der Ausnahmezustand wird zum Normalzustand. Gehandelt wird erst, wenn es schon zu spät ist, ungeplant und kopflos. Der Rat und die Bürger, die ihn gewählt haben, werden durch die Arnsberger Zwangsverwaltung beim Nothaushalt ihrer demokratischen Entscheidungsrechte beraubt.
Zu Recht wird in den Medien auch darauf hingewiesen, dass unter solchen Umständen die von der OBin Scholz sowie Rot-Grün so gepriesene Bürgerbeteiligung bei den Sparbemühungen nicht möglich sein wird (WAZ vom 16.11.14). So gut, wie überall verkündet, waren die Erfahrungen damit dann wohl doch nicht. Zu viele kritische Fragen und Forderungen nach Mitbestimmung durch die Bürger bei den Konsolidierungsbemühungen 2012, scheinen eine Wiederholung für die Regierenden unattraktiv bzw. unakzeptabel bemacht zu haben.
Zu hoffen ist, dass die Medien bei ihrer Berichterstattung über das aktuelle Finanzdesaster auch die Verantwortlichen mit Namen benennen und kritisch beleuchten, welche Zustände dazu geführt haben, dass es erneut soweit kommen konnte. Das wurde beim Haushaltsnotstand 2009-2011 leider komplett versäumt.
Sicher hat die Stadt auch darunter zu leiden, dass ihr übertragene Ausgaben nicht von Land und Bund gedeckt werden. Diesbezüglich sind die städtischen Land- und Bundestagsabgeordneten der SPD Eiskirch, Yüksel, Gödecke, Schäfer und Müntefering ein Totalausfall. Dass die Stadt-SPD ihre Parteigenossen unter Druck setzt, dass hier endlich was passiert, ist aber ebenfalls nicht zu erkennen.
Das kaum Geld von Land und Bund fließt, war aber ohnehin allen Verantwortlichen seit langem klar und konnte daher bei der Haushaltsplanung berücksichtigt werden.
Ein Haushaltsnotstand fällt nicht vom Himmel. Es kommt dazu, wenn Verwaltung und Politik nicht konsequent und rechtzeitig handeln. Dafür ist zu allererst die Oberbürgermeisterin zuständig. Dass sie das Heft des Handelns in der Hand hat, ist aktuell nicht zu erkennen.
Hoffen wir, dass die Verantwortlichen endlich aufwachen und doch noch einen genehmigungsfähigen Haushalt vorlegen.
Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos
Autor:Dr. Volker Steude aus Bochum |
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