Flüchtlingsrat NRW: Flüchtlinge gleich behandeln!

Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL fordern die Gleichbehandlung aller Flüchtlinge aus der Ukraine

Anlässlich der Innenministerkonferenz vom 1.-3. Juni 2022 in Würzburg fordern PRO ASYL und die
Landesflüchtlingsräte sowie viele weitere Organisationen und Initiativen eine bundesweite Rege-
lung, die den Schutz von allen aus der Ukraine geflüchteten Menschen garantiert und einen soforti-
gen Stopp der Diskriminierung von Drittstaaterinnen und Staatenlosen aus der Ukraine. Seit dem militärischen Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine sind bereits über sechs Millionen
Menschen von dort geflohen, größtenteils in die Anrainerstaaten, viele hunderttausend Menschen
sind aber auch in die Bundesrepublik geflüchtet.

Ukrainer erhalten in Deutschland gemäß der EU-Richtlinie 2001/55/EG zur Gewährung vorüber-
gehenden Schutzes und gemäß EU-Ratsbeschluss vom 4. März 2022 unbürokratischen Zugang zu einem Aufenthaltstitel, Arbeitserlaubnis und Sozialleistungen. Sie bekommen so ein wichtiges Stück Sicherheit in der ihr Leben bestimmenden Katastrophe des Krieges.

Doch andere Kriegsflüchtlinge, die in der Ukraine gelebt, studiert oder gearbeitet haben und sogar
Staatenlose, die ihr gesamtes Leben dort verbracht haben, werden größtenteils schlechter gestellt,
obwohl sie vor dem gleichen Krieg, vor der gleichen Gewalt geflohen sind: Nicht-ukrainische Dritt-
staaterinnen mit befristetem Aufenthaltsrecht in der Ukraine sind einem Rundschreiben des BMI zufolge bisher von dem Recht auf temporären Schutz als Kriegsvertriebene nach § 24 AufenthG ausgenommen, wenn angenommen wird, dass eine „sichere und dauerhafte Rückkehrmöglichkeit“ ins Herkunftsland besteht.

Anstatt den Fokus auf den bisherigen Lebensmittelpunkt in der Ukraine zu legen, soll also die vermeintliche Rückkehrmöglichkeit ins ursprüngliche Herkunftsland ausschlaggebend sein – und das, obwohl nach den Leitlinien der EU-Kommission für alle EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit besteht, Menschen, die eine „sinnvollere Verbindung zur Ukraine haben als zu ihrem Herkunftsland“, ebenso den Schutz für Kriegsvertriebene zu gewähren.

Zwar ist allen Menschen aus der Ukraine laut der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung erst
einmal der Aufenthalt bis zum 31. August 2022 im Bundesgebiet erlaubt. Das soll ihnen die Möglich-
keit eröffnen, entweder den vorübergehenden Schutz zu beantragen oder die Voraussetzungen für
andere aufenthaltsrechtliche Zwecke zu erfüllen. Letzteres ist jedoch in der Kürze der Zeit für viele
Flüchtlinge kaum möglich. Langfristig besteht die Gefahr, dass die Menschen dauerhaft in prekäre
Lebenslagen geraten.

„Drittstaatsangehörige und Staatenlose können aufgrund der unklaren Rechtslage und des damit einhergehenden restriktiven Verwaltungshandelns in Deutschland wenig Perspektiven im Hinblick auf Arbeit, Wohnung, Erwerb von Deutschkenntnissen, Ausbildung und Studium entwickeln. Dabei sind sie gleichermaßen von Krieg und Flucht betroffen wie ukrainische Staatsangehörige, so Birgit Naujoks vom Flüchtlingsrat NRW.

Wiebke Judith, Leiterin des Teams Recht & Advocacy bei PRO ASYL, kritisiert: „Alle Menschen, die aus
der Ukraine vor Krieg und Gewalt fliehen mussten, haben ihren Lebensmittelpunkt verloren, aber
nicht alle werden in Deutschland gleichbehandelt. Drittstaatsangehörige und Staatenlose werden
trotz vorläufig legalem Aufenthalt von Ausländerbehörden zum Teil unter Druck gesetzt auszureisen.

Anträge auf den vorübergehenden Schutz werden oft nicht einmal angenommen. Das zeigt: für alle
aus der Ukraine geflüchtete Menschen braucht es richtige Sicherheit und Perspektive durch einen Aufenthaltstitel.“

Wir fordern von Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine bundesweite Regelung für ein zweijäh-
riges Aufenthaltsrecht für alle aus der Ukraine Geflüchteten, um für alle Menschen, die vor dem
Angriffskrieg Russlands fliehen mussten, tatsächlichen Schutz und Perspektiven zu schaffen.
Außerdem fordern wir die Länder auf, schon jetzt alle rechtlichen Spielräume zu nutzen und auch
den aus der Ukraine Geflüchteten ohne ukrainische Staatsangehörigkeit ein Aufenthaltsrecht zu
gewähren.

Dieser Text stammt vom Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen höchstpersönlich.

Autor:

Felicia Rüdig aus Duisburg

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