Energie der Zukunft - Heiße Luft in der Bochumer Lokalpolitik soll energetisch genutzt werden

Laut Entwickler kann mit diesem Modell z.B. durch Heisse Luft einer Bürgermeisterin (angeschlossen an eine 3-Fach-Steckdose) ein kompletter Strassenzug beleuchtet sowie ein Multiplex Kino betrieben werden | Foto: https://www.facebook.com/HeisseLuftfuerEnergie?fref=ts
  • Laut Entwickler kann mit diesem Modell z.B. durch Heisse Luft einer Bürgermeisterin (angeschlossen an eine 3-Fach-Steckdose) ein kompletter Strassenzug beleuchtet sowie ein Multiplex Kino betrieben werden
  • Foto: https://www.facebook.com/HeisseLuftfuerEnergie?fref=ts
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Manche Bürger sind der Meinung, die heiße Luft, die in der Bochumer Lokalpolitik erzeugt wird, hätte das Potential, die ganze Stadt umweltfreundlich zu beheizen. So könne ein wertvoller Beitrag zur Rettung des Klimas geleistet werden. Ob die angebotenen technischen Lösungen wie der Energietransformator_hotair_1.0 (siehe Bild links) bereits ausgereift sind, wird jedoch erst die Zukunft zeigen.

Ziel muss es sein, die verbreitete heiße Luft energetisch nutzbar zu machen, denn heiße Luft steht in Bochum im Überfluss zur Verfügung: So verkündet die Oberbürgermeisterin zu Silvester unter der Überschrift „Unsere Stadt hat Zukunft!“, auch im letzten Jahr hätte sich eine „Menge Erfreuliches“ getan, so verfüge unsere Stadt auch dieses Jahr über einen genehmigten Haushalt. Eine Selbstverständlichkeit wird mit viel heißer Luft zu einer herausragenden lokalpolitischen Leistung aufgeföhnt. In ähnlicher Weise könnten die Bürger der Stadt stolz verkünden, bei ihnen zu Hause werde es auch in diesem Jahr fließend Wasser geben!

Weiter verkündet die Oberbürgermeisterin, das Opel Projekt Perspektive 2022 komme gut voran. Stolz hat die Stadt bereits verkündet herausragende Persönlichkeiten werden die Bochum Perspektive 2022 unterstützen, kreative und belastbare Zukunftskonzepte für Bochum zu entwickeln. Erstes Ergebnis dieser Zusammenarbeit hochkarätiger Personen des öffentlichen Lebens sind die Leitlinien für die Entwicklung der Opelflächen. „Ein weit gedachtes und langfristiges Gesamtkonzept mit großer Strahlkraft und Vernetzung mit Stadt und Region aufzustellen“, soll demnach der nächste Schritt sein. Weiter heißt es „Die bestmöglichen Nutzungsoptionen sind aus den Begabungen der Flächen heraus und ihrer Bedeutung sowohl aus Bochumer und nachbarstädtischer als auch regionaler und nationaler Sicht heraus zu entwickeln.“ Angesichts dessen, dass für die Formulierung dieses nichts sagenden Allgemeinplatzes ein zweitägiger Workshop erforderlich war, erstaunt seine nur mit heißer Luft aufgeblasene Belanglosigkeit.

Die gesamten Leitlinien sind nichts weiter als eine Aneinanderreihung von hohlen Phrasen und Selbstverständlichkeiten wie z.B. „Die Entwicklung der Flächen kann nur in einem intensiven und offenen Dialog zwischen der Stadt Bochum, der Adam Opel AG, dem Land Nordrhein-Westfalen, der Bürgerschaft und der Fachöffentlichkeit gelingen.“ Irgendwelche Substanz oder konkrete Leitlinien sucht man im gesamten Text vergeblich. Allein mit der durch diesen Text verbreiteten heißen Luft könnte die gesamte Hustadt 14,5 Monate kostenfrei mit Heizgas versorgt werden.

Angeblich gab es auch schon hunderte Kontakte zu Interessenten für die Opel-Flächen (WAZ vom 07.10.13). In den letzten Monaten wurde der Eindruck vermittelt, die städtische Wirtschaftsförderung hätte die Vermarktung der Opelflächen auf der Immobilien Messe Expo Real schon gestartet. Jetzt stellt sich raus, dass bevor eine echte Vermarktung beginnen kann, fast alle Gebäude auf dem Gelände des Werkes I erstmal frei gezogen und abgerissen werden müssen. Das wird seine Zeit dauern. Der Name der Entwicklungsgesellschaft Perspektive 2022 ist offenbar Programm. Ob die Interessenten bis 2022 mit ihrer Ansiedlung warten wollen, darf hingegen bezweifelt werden.

Dass vor der Vermarktung jetzt noch ein paar Jahre ins Land gehen, kam angeblich für alle überraschend. Die selbst verbreitet heiße Luft, hatte da wohl einigen den Kopf für die Realitäten vernebelt. Statt erst die Voraussetzungen für die Vermarktung zu prüfen, hatte man vorschnell und pressewirksam Aktionismus bei der Investorensuche vorgespielt. Über Monate wurde über angeblich hoch interessierte Investoren nicht mehr als heiße Luft verbreitet.

Trotzdem hätten die Experten der landeseigenen Entwicklungsgesellschaft hervorragende Konzepte für alle drei Werksareale entwickelt. Dass man schon jetzt weiß, dass die Konzepte so ausgezeichnet wirken werden wie vermutet, ohne dass irgendein neues Unternehmen auf den Flächen angesiedelt werden konnte, macht skeptisch. Auch die verkündete Strategie, sich auf „wissensbasierte Gewerbeproduktion“ zu konzentrieren, um die Organisation eines Transfers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu verfolgen, um wiederum bekannte Mittelständler mit Platzbedarf für neue Produkte ebenso wie für Startups zu gewinnen (WAZ vom 17.01.14), klingt irgendwie austauschbar und so gar nicht bahnbrechend und innovativ wie dargestellt.

Nach jeder neuen Presseinformation zur Opel Perspektive 2022 hat man zwar das Gefühl mal wieder vollständig warm abgeföhnt worden zu sein, ansonsten ist aber irgendwie wenig bis gar nichts Substantielles zu verzeichnen.

Ein paar Monate zuvor hatte der oberste Wirtschaftsförderer der Stadt Heinz-Martin Dirks (SPD) erklärt: „Ziel ist der Aufbau eines Innovationsclusters Produktionswirtschaft mit Themen wie E-Mobilität und Energieeinsparung.“ Ein Satz bei dem förmlich die Luft brennt. Alle Schlagworte „Innovation“, „Cluster“, „Produktionswirtschaft“, „E-Mobilität“ und „Energieeinsparung“ meisterhaft in einer belanglosen Phrase vereint. Hier zeigt sich das ganze Talent des Heinz-Martin Dirks, das ihn zu Recht für das Amt des Leiters der Wirtschaftsförderung qualifiziert.

Dafür geht es bei der Kreativwirtschaft gut voran. Im Kreativquartier an der Viktoriastraße ist der erste Investor aktiv geworden. Der eröffnete Lidl-Markt boomt, sein Parkplatz ist sehr beliebt bei den Besuchern des Bermuda3ecks Sonst sucht man wirklich kreatives dort weiterhin vergeblich. Die seit dem Kulturhauptstadtjahr 2010 verbreitete These die Kreativwirtschaft könne Motor der wirtschaftlichen Zukunft des Ruhrgebiets werden, hat sich auch nur als warmes Lüftchen erwiesen. Das NRW-Wirtschaftsministeriums stellte in einer Studie fest, dass die Bemühungen um die Kreativwirtschaft in der verbreiteten heißen Luft fast rückstandsfrei verdampft sind.

Aber nachdem die versprochenen Erfolge ausbleiben, haben die behördlich organisierten Kreativwirtschafter die Heißluftdüse erst richtig auf volle Leistung gestellt. Spillover heiß das neue Zauberwort. Die Bemühungen in der Kreativwirtschaft sollen, nachhaltiger, innovativer, effektiver und natürlich besser vernetzt werden, damit die mit der Kreativwirtschaft verbundenen positiven Effekte doch noch dauerhaft auf andere Bereiche der Wirtschaft überspringen.

Pseudowissenschaftlich wurde in einer Zeit der interaktiven Forschung und des Dialogs eine Studie erstellt, die als beispielhaft für die Verbreitung heißer Luft angesehen werden kann (ruhrbarone 10.01.14). Erst werden die Schlüsselworte gesucht, die unbedingt in einem solchen Traktat vorkommen müssen. Dann werden diese durch belanglose Worthülsen, hohle Phrasen und wissenschaftliche Fachbegriffe ergänzt, bis das ganze zu einem inhaltslosen Sprachbrei zusammengemengt werden kann. Abschließend wird das ganze noch mit etwas wissenschaftlichem Sprachduktus fein gewürzt. Fertig ist eine leckere Portion heiße Luft. Verzehrtipp: Heiße Luft ist am besten sofort nach der Zubereitung zu genießen. Wird die heiße Luft durch die Realität eingeholt, schmeckt sie schnell abgestanden.

Aber mit einer wahren Hochleistungsfabrik, die heiße Luft nicht in Mega- sondern in Tetrawatt erzeugen soll, wollen wir uns jetzt beschäftigen. Die Zukunftsakademie NRW, bei der nach 5-stündiger Eröffnungsfeier selbst für die Presse nicht erkennbar war, was das ganze konzeptionell soll (WAZ vom 08.12.13). Zu erfahren war, die „Akademie“ hat drei Säulen, Interkultur, Kulturelle Bildung und Stadtgesellschaft und den Charakter eines „work in progress“. Man wolle ein Netzwerk aufbauen und die Zukunftsakademie zu einer zentralen Plattform der diversen Stadtgesellschaften ausbauen. Organisiert sei das ganze laut Internet-Seite der Mercartor Stiftung in die drei inhaltlichen Säulen „Labor“, „Praxis“ und „Qualifizierung“. Man verstehe sich als Forschungsstätte für zukunftsrelevante Themen, als landesweites Laboratorium für Kunst- Kultur- und Praxisprojekte sowie als Ort für Austausch und Diskussionen und als Qualifizierungseinrichtung für Fachkräfte. Ein konkretes Ziel ist nicht bekannt. Was die Institution real bringen soll, auch nicht (RN vom 08.12.13).

Mit der inflationäre Verwendung von weitgehend zusammenhanglos aneinander gereihten Modebegriffen wie „Zukunft“, „Akademie“, „Labor“, „Praxis“, „Qualifizierung“, „work in progress“, Plattform, „Interkultur“, „Kulturelle Bildung“ und „Stadtgesellschaft“ wurden bereits bei Gründung der Akademie Spitzenwerte beim Ausstoß heißer Luft erreicht. Diese Institution versorgt nicht nur viele Kultur- und Sozialwissenschaftler großzügig mit staatlichen Subventionen, sondern bietet ungeahnte riesige Potentiale einer noch nicht erschlossenen Energiequelle.

Die auf diese Weise in der Stadt massenhaft erzeugte heiße Luft, stellt eine bisher unerschlossene Energiequelle für die Stadtwerke dar, wo man leider einem der aktivsten Organisatoren von heißer Luft erst kürzlich den Geldhahn zugedreht hat. Die Rede ist von Sascha Hellen, der mit den Projekten Atrium-Talk, Steiger-Award, Herausforderung Zukunft und dem leider fiktiven gebliebenen McCartney-Konzert zum 150ig-jährigen Geburtstag der städtischen Sparkasse zu den Visionären im Bereich der Erzeugung heißer Luft gezählt werden muss.

Bald ist Kommunalwahl. Zu erwarten ist, dass die heiße Luft bald im Überfluss über das Stadtgebiet strömen wird. Es ist Zeit zu handeln, damit diese Energiequelle nicht ungenutzt bleibt. Vielleicht kann hier die Zukunftsakademie NRW mal schnell eine Studie ausarbeiten …. .

Volker Steude,
BoWäH - Bochum und Wattenscheid ändern mit Herz
(ruhrblogxpublik)

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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