Einkaufszentrum Vöde: Bürgerversammlung zum zweiten Bauabschnitt

Einkaufszentrum "Große Vöde" an der Castroper Straße
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Am vergangenen Mittwoch, 10. Juli 2013 konnten sich interessierte Bürger und Anwohner ein erstes Bild davon machen, was sie im Rahmen der Verwirklichung des 2. Bauabschnitts "Einkaufszentrum Große Vöde" an der Castroper Straße erwarten wird. Der SPD-Ortsverein Grumme und der Ortsverein Vöde hatten zu einer Bürgerversammlung in die Gaststätte Ritterburg an der Castroper Straße eingeladen, um den aktuellen Stand und die weitere Entwicklung von Vertretern der Schoofs-Gruppe als Eigentümer des Geländes vorstellen und diskutieren zu lassen.

Der Bebauungsplan des 16.000 m2 großen Gesamtgeländes erstreckt sich entlang der Castroper Straße auf den Bereich zwischen bereits realisierter westlicher Zufahrt zum 1. Bauabschnitt und östlicher Werkszufahrt des Thyssen-Krupp Geländes. Fertiggestellt ist seit anderthalb Jahren der westliche Teil, dessen Ankermieter nach schleppendem Anlauf einen mittlerweile zufriedenstellenden Umsatz verzeichnen. In Kürze wird ein Deichmann-Schuhgeschäft das von den Eigentümern als „Visitenkarte zur Castroper Straße“ bezeichnete Ladenangebot im Untergeschoss erweitern.
Etliche Nachbesserungen wie der im April dieses Jahres in Betrieb gegangene Aufzug, das zwecks besserer Begehbarkeit mit Alublechen sanierte Treppenhaus und die komplett neu asphaltierte westliche Zufahrt führten mittlerweile zu einer Besänftigung der anfänglich stark erhitzen Bürger-Gemüter.

Der 2. Bauabschnitt im Eckbereich Castroper Straße / Werkszufahrt wird aus Gründen des vorgegebenen Emmissionsschutzes bei einer Gebäudehöhe von 10 m bzw. zwei Geschossen auf weiteren ca. 5.000 m2 die geschlossene Bebauung fortsetzen. Da der Masterplan Einzelhandel keine weitere Ansiedlung zentrenrelevanten Einzelhandels wie Lebensmittemärkte oder Textilien zulässt, konnte als nicht innenstadtrelevanter Mieter der Polstermöbelmarkt Trösser gewonnen werden, der beide Geschosse belegen wird.

Angesichts der Bürgerproteste zur Fassade des 1. Bauabschnittes sieht der erste, mit dem Mieter abgestimmte Gebäudeentwurf durch Architekten der Schoofs-Gruppe einen gebrochenen Eckbereich mit geschwungener Glasfassade sowie ein verglastes Treppenhaus im Mittelbereich der Plattenfassade vor. Auch zum rückwärtigen Parkplatzbereich ist eine halbrunde verglaste Gebäudeöffnung vorgesehen.
Die Vorgabe der Stadt Bochum geht jedoch dahin, einen Architektenwettbewerb auszuschreiben und eine Jury aus Vertretern der Stadt und der Schoofs-Gruppe über das künftige Gebäude entscheiden zu lassen.

Im Zuge der Verwirklichung des 2. Bauabschnitts ist ca. Ende 2013 / Anfang 2014 der Abriss des bereits seit etlichen Monaten leergezogenen Wohngebäudes Castroper Straße 220-224 sowie des Pförtner- und Verwaltungsgebäudes vorgesehen. Die derzeit angelegte rückwärtige Anbindung der Parkplätze über die Werkszufahrt wird in diesem Zusammenhang in südlicher Richtung zurückverlegt.

Das in der Versammlung vorgestellte Vorhaben erntete bei den anwesenden Bürgern erneut Unverständnis, klingt es doch angesichts geäußerter Erwartung eher geringerer Frequenz des Möbelmarktes schon jetzt nach einem totgeborenen Kind.
Was sollen die ortsansässigen Bürger in diesem Bereich mit Polstermöbeln, wenn in der Region z.B. ein Getränkehandel fehlt und Fachärzte vermisst werden, um gerade den Älteren mühsam lange Wege in die Innenstadt zu ersparen?
Wie kann bestehenden Mietnachfragen für weitere innenstadtrelevante Sortimente nicht entsprochen werden, während kaum Mieter für nicht innenstadtrelevante Ansiedlungen zu finden sind, nur weil es ein Masterplan festschreibt, der am Bedarf des Wohnumfeldes vorbeizugehen scheint?
Wie kann seitens der Stadt Bochum in einen Architektenwettbewerb investiert werden, wenn die Mittel sinnvoller zur Optimierung der Gebäudegestaltung eingesetzt werden könnten?
Wie kann mit der Begründung, sie stünden dem geplanten späteren Ausbau der Castroper Straße im Weg, von Baumpflanzungen Abstand genommen werden, wenn diese sowohl aus optischen Gründen zur Kaschierung des als Schandfleck empfundenen dimensionslosen Großgebäudes, als auch zur Staubfilterung, zur Verbesserung der kleinklimatischen Situation im aufgeheizten Straßenraum und zur Verminderung der Schallreflektion des Straßenlärms als dringend erforderlich angesehen werden?

Während die Anregung zur Ansiedlung von Fachärzten mit dem Hinweis, es gebe keinen Bedarf seitens der Ärzte, da genügend Alternativen zur Verfügung stünden, ablehnend beschieden wurde, gaben einige Anwesende Bezirksbürgermeister Dieter Heldt in aller Deutlichkeit auf, sich im Rat der Stadt Bochum für die erforderliche Baumpflanzung stark zu machen.
Dass auch unter Einsatz von Rankgittern eine Fassadenbegrünung mit stark wachsenden Kletterpflanzen wie Blauregen durchaus denkbar wäre, um der Gebäudefront zu Lebendigkeit zu verhelfen, wurde in der Versammlung jedoch nicht spontan angeregt, da der Gedanke erst nach der Sitzung reifte.

Harsche Kritik hagelte es noch immer in Bezug auf den bereits verwirklichten gesichtslosen Großkomplex, nachdem Herr Schoofs selber sein Unverständnis darüber ausdrückte, bislang noch keinen vernünftigen Grund für ein Nichtgefallen des Gebäudes gehört zu haben. Angesichts empfundener Überheblichkeit typisch erlebten Architektengebarens griff sich so mancher optisch geplagte Anwohner empört an den Kopf.

Dringenden Handlungsbedarf sahen Anwesende in der nach wie vor gefährlichen, bereits auf Lokalkompass bemängelten Ausfahrt der Aral-Tankstelle auf die Castroper Straße. Die Tankstelle verlassende Autofahrer realisieren in Fahrtrichtung Harpen nicht die erst ca. 30 m hinter der Ausfahrt liegende Fußgängerquerung der Ampelkreuzung, so dass Personenunfälle programmiert sind. Ein zwar vorhandenes Blinksignal kann in diesem ohnehin reizüberfluteten Bereich nicht ausreichend wahrgenommen werden. Es wurden mehrfach Beinahe-Unfälle verzeichnet.

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Betitelt als „Versorgungszentrum Große Vöde“ konnte der Bürger an diesem Abend noch einmal den Eindruck gewinnen, trotz eines Aldi-, Netto- und Penny-Marktes, zweier Bäckereien, dreier Pizzerien, einer Postzentrale, zweier Zeitschriftenläden und Lottoannahmestellen, zweier Apotheken, zweier Blumengeschäfte, einer Metzgerei und mindestens eines Kiosk, eines Tierfutterhandels, eines Kick und TEDi, einer Sparkassenfiliale, eines Eiscafés und eines Elektrofachhandels, einer Reinigung mit Änderungsschneiderei und mehrerer Friseure sowie verschiedener Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Rechtsanwälte bislang völlig unterversorgt gewesen zu sein. Dass sie sich auf etliche hundert Meter entlang der Castroper Straße verteilen, ist allerdings in der Tat ein Nachteil. Insofern stellt das Einkaufszentrum durch Bündelung von Ladengeschäften eine gute Ergänzung dar, die sich allerdings nicht zum Nachteil längjährig ansässiger Geschäfte auswirken darf.

Eines aber wird dennoch sicher sein. Durch den realisierten 1. Bauabschnitt der „Großen Vöde“ wurde eine städtebauliche Entwicklung vorgezeichnet, die kaum einer der Anwohner in dieser optischen Dimension wünschte, noch bezüglich der gravierend negativ empfundenen Wohnumfeldveränderung gut heißen kann.
Wem nützt schließlich eine enge Abstimmung mit der Stadt Bochum, wenn der Anwohner nicht gefragt wird, ob ästhetisch zusagt, was ihm an der Castroper Straße serviert wird. Der kürzlich öffentlich geprägte Begriff des „charmeresistenten Bochums“ scheint sich immer wieder auf`s Neue zu bewahrheiten.
Die Bürger von Grumme und Vöde dürfen jedenfalls gespannt sein, was hinsichtlich des künftigen Gebäudes noch auf sie zukommt. „Tote Vöde – der Albtraum geht weiter“, war man spontan zu sagen versucht. Eine warmherzige Identifikation mit dem fußläufigen Wohnumfeld war früher einmal möglich. Man wird sehen, wie es weitergeht.

Und wem es hier nicht mehr gefällt, der hat ja noch die Möglichkeit, mit der Linie 308 / 318 nach Weitmar oder Linden durchzufahren, wo es eindeutig charmanter zugeht.

Autor:

Sabine Schemmann aus Bochum

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