Eine neue Bewerbung für Olympische Spiele im Ruhrgebiet?
Olympische Spiele im Ruhrgebiet. Für viele aus dem Pott eine interessante und reizvolle Vorstellung. Sportbegeisterte Menschen aus aller Welt kommen für mehr als 4 Wochen (19 Tage Olympia und 12 Tage Paraolympics) zu einem ganz besonderen Ereignis in unsere Region, unter anderem nach Bochum und Wattenscheid. Das Ruhrgebiet richtet ein olympisches Fest mit besonderer Stimmung aus, das von einem Millionenpublikum in der ganzen Welt verfolgt wird.
Zwei Versuche für eine Bewerbung gab es bisher. Die eine 1984, die andere 2003 (Bewerbung rhein-ruhr 2012). Beide sind gescheitert. 1984 gab man aufgrund der Wiedervereinigung die Bewerbung zugunsten der Hautstadt Berlin auf. 2003 hatte man dem Ruhrgebiet neben Köln und Düsseldorf nur eine Nebenrolle zugedacht und scheiterte ggü. Leipzig bereits beim nationalen Auswahlverfahren.
Doch auch die Kritik an der Veranstaltung eines solchen Mega-Events ist vielfältig und hat nicht zu Unrecht dazu geführt, dass die Bevölkerung in München und Garmisch sich gegen eine Bewerbung dieser Region für die Winterspiele 2022 ausgesprochen hat.
Der Erfolg einer Bewerbung des Ruhrgebietes, wäre nur zu erringen, wenn sicher gestellt ist, dass die Veranstaltung der Sommerspiele von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung getragen wird. Eine Bewerbung wäre also nur möglich, wenn sich zunächst eine deutliche Mehrheit bei einem Bürgerentscheid für eine Bewerbung ausspricht.
Kaum eine Region in der Welt ist so geeignet für Olympische Sommerspiele wie das Ruhrgebiet. Hier können alle Veranstaltungen (außer den Segelwettbewerbe) auf engem Raum durchgeführt werden, mitten unter den Menschen, die die Besucher aus aller Welt verteilt über die ganze Region beherbergen können. An vielen Stellen können bestehende Sportstätten ausgebaut werden, dauerhaft oder nur temporär. Nur eine überschaubare Zahl an Wettkampfstätten müsste neu errichtet werden. Es sollte gelingen alle Stätten einer sinnvollen und Kosten sparenden Nachnutzung zuzuführen.
Was dem Ruhrgebiet fehlt, ist die erforderliche Leistungsfähigkeit der Verkehrsstruktur beim öffentlichen Nahverkehr. Hier müsste kräftig investiert werden. Allerdings würden die neu entstehenden Linien für Bus und Bahn auch nach den Spielen ihren Zweck erfüllen. Der ohnehin erforderliche metropolengerechte Ausbau des ÖPNV-Systems müsste jedoch bis zu den Spielen beschleunigt werden.
Wenn man es will sollte es gerade im Ruhrgebiet möglich sein, wirklich nachhaltige Spiele auszurichten. Es stehen genug ehemalige Industrieflächen bereit, auf denen z.B. das olympische Dorf, Veranstaltungsflächen u.a. erbaut und eingerichtet werden können, die nach den Spielen als Wohngebiete, Büroflächen oder Parks weiter genutzt werden können.
Jedoch wären sowohl an die Organisation vor Ort wie gegenüber dem IOC einige Bedingungen zu richten, ohne deren Erfüllung es keine Olympischen Spiele im Ruhrgebiet geben sollte:
Das Ruhrgebiet sollte die Spiele alleine ausrichten, ohne Düsseldorf oder Köln. Das festigt nicht nur die Verbundenheit der Region, sondern zwingt auch die Ruhrgebietskommunen zusammen zu arbeiten, Befugnisse abzugeben und eine übergeordnete Planungsinstanz für das ganze Ruhrgebiet zuzulassen. Dies stellt eine Herausforderung dar, die den institutionellen Zusammenhalt der Region voran bringen kann und hilft das heute in den Stadtparlamenten leider immer noch weit verbreitete Kirchturmdenken zu überwinden.
Für die Planungen braucht das Ruhrgebiet keine Direktiven aus Düsseldorf. Es bedarf auch keines Transrapids oder ähnlicher Prestigeprojekte, um die erforderliche Infrastruktur auszubauen. Die Region muss die Bewerbung gemeinschaftlich planen, die Menschen im Ruhrgebiet müssen sich mit den Planungen identifizieren, sie müssen von dem Nutzen der erforderlichen Maßnahmen überzeugt werden. Die Planungen müssten also von unten nach oben erfolgen, also deutlich anders als bei den beiden bisherigen Bewerbungen.
Es muss sicher gestellt sein, dass die Planungen bei ihrer Realisierung einen festen Kostenrahmen einhalten, der entsprechend dem Umfang des Events angemessen kalkuliert sein muss. Das Ruhrgebiet sollte für bescheidene und eben nicht protzige Spiele stehen. Die Winterspiele von Lillehammer 1994 könnten ein gutes Vorbild sein, die als grüne und maßvolle Spiele mit einer besonders freundlichen Atmosphäre in die Geschichte eingegangen sind.
Auch gegenüber der olympischen Bewegung gilt es selbstbewusst klar zu machen, dass eine Bewerbung des Ruhrgebietes an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. Restriktiver Markenprotektionismus der Sponsoren, wie sie bei den letzten Spielen z.B. in London zu beobachten war, darf es bei Spielen im Ruhrgebiet nicht geben. Sponsoren muss es für die Durchführung der Spiele geben, diesen darf aber z.B. nicht das Exklusivrecht eingeräumt werden über den Zeitraum der Spiele Begriffe wie „Gold“, „Silber“, „Bronze“, „Sommer“, „Ruhrgebiet“, und „Sponsoren“ anderen zu verbieten.
Auch muss allen Beteiligten klar sein, dass Olympische Spiele im Ruhrgebiet eine tolle Sache sein können, aber sie nicht als Lösung für die Probleme der Region taugen. Eine Bewerbung heißt noch lange nicht, dass die Spiele auch hier stattfinden werden. Auch ist eine Bewerbung frühestens für 2024 und 2028 möglich und kostet schätzungsweise 80 bis 100 Mio. Diese müssen durch Sponsoren aufgebracht werden. Die Kommunen des Ruhrgebietes haben nicht die finanzielle Kraft eine Bewerbung zu stemmen, deren Erfolg nicht berechenbar ist. Es dürfen keine falschen Erwartungen an eine Bewerbung geknüpft werden.
Trotzdem ginge von einer Bewerbung ein Signal aus. Wir im Ruhrgebiet wollen uns zu einer wirklichen Metropole weiterentwickeln. Wir leben in einer Region, die sich durch besondere Sportbegeisterung und Gastfreundlichkeit auszeichnet. Wir präsentieren uns als Region, die sich trotz aller Widrigkeiten den Herausforderungen stellt und diese annimmt. Wir sind in der Lage nachhaltige Spiele mit einem angemessenen Kostenrahmen zu organisieren. Im Herzen Europas pulsiert die Metropole Ruhr, die noch vieles andere zu bieten hat als Industrieromantik. Unser Anliegen ist es, Olympische Sommerspiele mit einer besonders freundschaftlichen Atmosphäre auszurichten.
In Bochum und Wattenscheid würde für eine Sommerolympiade sicher nicht das Ruhrstadion zum Olympiastadion umgebaut. Allerdings wäre die Stadt z.B. als Standort für das Olympische Dorf interessant. Wattenscheid bietet auch während der Spiele herausragende Möglichkeiten als Trainingsstandort für die Leichtathletikwettbewerbe. Da Bochum ziemlich mittig im Ruhrgebiet liegt und hier das Nachtleben der Ruhr-Metropole seinen unbestrittenen Mittelpunkt hat, wäre die Stadt auch ideal als Stätte geeignet, auf dem am Ende eines Wettkampftages die Siegerehrungen gefeiert werden.
Es könnte also mehr als eine Überlegung wert sein, ob es nicht interessant für das Ruhrgebiet wäre, eine neue Bewerbung für Olympische Sommerspiele anzustoßen.
Volker Steude,
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos
BoWäH - Bochum und Wattenscheid ändern mit Herz
(ruhrblogxpublik)
Autor:Dr. Volker Steude aus Bochum |
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