Die Armut in der Stadt macht die Stadt arm
Die Zahlen im städtischen Haushalt 2018/19 sind alarmierend, die Armut in der Stadt steigt. In sechs von 30 Stadtteilen beziehen zwischen 20 und 30 % der Einwohner (unter 65 Jahre) Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld (Karte Sozialleistungsbezug, Quelle: Sozialbericht 2016).
Die Ausgaben für Sozialleistungen und Zuschüsse steigen rasant
Unaufhaltsam steigt der Anteil der Sozialleistungen und Zuschüsse (Transferaufwenungen) an den Aufwendungen der Stadt. Immer mehr Menschen sind auf Leistungen angewiesen, immer höher werden die Ausgaben. Waren es 2009 noch 416 Mio., werden es 2022 gemäß Haushaltsentwurf über 682 Mio. sein. Der Anteil an den ordentlichen Aufwendungen der Stadt steigt von unter 40 % im Jahr 2009, auf 47,2 % 2022. Hält die Entwicklung bis 2032 an, wird der Anteil auf 52,9 % steigen, dann würde die Stadt 910 Mio. ausgegeben (Grafik Entwicklung Transferaufwendungen).
Die Fraktion „FDP und die STADTGESTALTER“ hat vor den Haushaltsberatungen mit einem überdimensionalen Plakat auf die Gefahr für den städtischen Haushalt nachdrücklich hingewiesen /Aktion Haushalt 2018/19).
Da die Transferaufwendungen deutlich stärker steigen als die Einnahmen der Stadt, sinkt der Anteil für andere Aufwendungen entsprechend. Dieser Anteil besteht zu einem wesentlichen Teil aus den Personalaufwendungen, das sind 2017 schon 336 Mio. (Personal und Versorgung), für 2022 werden bereits 355 Mio. eingeplant. Immer weniger Geld verbleibt besonders für die Instandhaltung und die Unterhaltung der Straßen, Brücken, Gebäude, Parks und anderer städtischer Infrastruktur.
Der städtische Haushalt befindet sich an der Belastungsgrenze
Im Haushaltsentwurf finde sich eine konkrete Warnung: „Die Anzahl derer, die durch Erwerbseinkommen Sozialversicherungsbeiträge und Steuern erwirtschaften, wird langfristig schrumpfen; der Anteil derer, die auf staatliche Transferleistungen (z.B. Grundsicherung im Alter) angewiesen sind, wird steigen. Dies wird unweigerlich zu einer weiteren Belastung der staatlichen und kommunalen Finanzsysteme führen. (Zitat, Haushaltsentwurf 2018/19, Band1)“ Das bedeutet, der beschriebenen Abwärtsspirale kann die Stadt nur entkommen, wenn sie es schafft, die Transferleistungen zu senken oder die Einnahmen mindest in dem Maß zu erhöhen, wie die Aufwendungen für Sozialleistungen und Zuschüsse steigen.
Maßnahmen, um die Abwärtsspirale zu stoppen
Die Stadt kann auf Dauer die Einnahmen erhöhen, in dem sie die Steuern erhöht. Doch diese liegen im Vergleich zu anderen Städten bereits so hoch, so dass hier kaum mehr Spielraum besteht.
Der zu verfolgende Weg liegt somit vielmehr darin die Ausgaben für Sozialleistungen und Zuschüsse zu senken. Das aber kann nur langfristig gelingen. Dabei gibt es besonders drei Handlungsfelder:
Schule und Bildung – Je höher der Bildungsabschluss, je geringer die Gefahr von Arbeitslosigkeit, um so höher das Einkommen. Umso besser der Schulabschluss und deso geringer die Wahrscheinlichkeit im Leben Transferleistungen beziehen zu müssen. Investiert die Stadt massiv in die Bildung der Kinder, führt das in 10-15 Jahren automatisch zu sinkenden Transferaufwendungen.
Stadtteilerneuerung – Umso lebenswerter der Stadtteil umso bessere Chancen haben die Einwohner ein gutes Einkommen zu erzielen, umso besser sind die Bildungschancen und umso höher sind die Steuereinnahmen, die die Stadt erzielt. In verwahrlosten Stadtteile haben Menschen kaum Aufstiegsschancen, Kinder wachsen in einem Umfeld auf, dass ihre Chance sinken lässt, einen guten Schulabschluss zu erlangen sowie ein ausreichendes Arbeitseinkommen zu erzielen um ein selbständiges Leben zu führen, ohne dauerhaft auf Sozialleistungen angewiesen zu sein.
Wohneigentum – Eigentum, das über Generationen vererbt wird, ist der beste Schutz vor sozialem Abstieg. Selbst in Zeiten von vorübergehender Arbeitslosigkeit muss keine Miete bezahlt werden. Finanzielle Engpässe lassen sich besser überbrücken. Die Gefahr von Altersarmut besteht im Falle von selbstgenutztem Wohneigentum nicht. Transferleistungen müssen im Alter nicht in Anspruch genommen werden.
Die Ursachen für Sozialleistungsbezug müssen beseitigt werden
Die bestehenden Probleme sind langfristiger Natur, die Stadt braucht einen langen Atem um die erforderlichen strukturellen Veränderung zu erreichen. Die Stadt muss ihre Kräfte auf die genannten drei Bereiche konzentrieren. Bisher dagegen versteht die Politik sich als sozial, wenn sie Zuschüsse für soziale Einrichtungen erhöht, soziale Leistungen ausweitet oder neue Sozialwohnungen baut. Das alles behebt aber die Ursachen nicht, weshalb Menschen auf Transferaufwendungen angewiesen sind. Die Stadt verwaltet die Armut, sie tut zu wenig substanzielles, damit Menschen erst gar nicht in die Situation kommen, Transferleistungen beantragen zu müssen.
Die Stadt muss ihr Geld insbesondere in die jungen Menschen, investieren und deren Lebenschancen deutlich verbessern. Ziel der Stadt muss es sein, dass alle Einwohner die Chance haben ihr Leben selbst zu gestalten ohne dauerhaft auf Sozialleistungen angewiesen zu sein. Im Ergebnis sinkt nicht nur langfristig die Zahl der Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, sondern sinken auch die städtischen Ausgaben für diese Transferaufwendungen. So gewinnt die Stadt in zweifacher Hinsicht.
Volker Steude,
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos
Autor:Dr. Volker Steude aus Bochum |
15 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.