Das „System Stadtwerke“ muss zerschlagen werden

Ottilie Scholz, sie steuert das "System Stadtwerke" | Foto: Arnoldius, Wikipedia
  • Ottilie Scholz, sie steuert das "System Stadtwerke"
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Der Skandal um den Atrium-Talk der Stadtwerke richtet den Fokus auf ein Grundübel der Bochumer Lokalpolitik: Die städtische Filz- und Klüngelpolitik hat sich über die Sponsoringgelder von Stadtwerken, Sparkasse und Co. einen Nebenhaushalt von über 10 Mio./Jahr geschaffen. Über diese Gelder verfügen die etablierten Parteien SPD, CDU und Grüne exklusiv nach eigenem Gutdünken und verwenden es, um damit die Stadt am demokratisch legitimierten Rat vorbei zu steuern. Aufgrund des Stadtwerke-Skandals erscheint für dieses Geflecht die Bezeichnung "System Stadtwerke" angemessen.

Zu besagtem Nebenhaushalt steuern die Stadtwerke 4,5 Mio. bei, die Sparkasse 5 Mio.. Dies sind nur die größten Zahler, weitere städtische Unternehmen wie USB, VBW, BOGESTRA und EGR steuern kleinere Beiträge bei.

Statt das Geld an den städtischen Haushalt abzuführen, wie das beispielsweise bei den Stadtwerken Duisburg gehandhabt wird, geschieht dies in Bochum bei den städtischen Unternehmen bewusst nicht. Über das "System Stadtwerke" sichern sich SPD, CDU und Grüne den exklusiven Zugriff auf die Geldverwendung. Die Geschäftsführungen der Unternehmen sind mit treuen Parteisoldaten besetzt (Sparkasse: Volker Goldmann, SPD und Stadtwerke Bernd Wilmert, SPD), die willig vollziehen, was die Partei bestimmt.

Ein Beispiel: Fehlen noch 2 Mio. bei den Spenden für das SPD-Vorhaben „Musikzentrum“, dann werden die Unternehmen auf direktem Weg angewiesen, die entsprechenden Gelder unbürokratisch bereit zu stellen. So geschehen 2008: Unter dem Deckmantel „Spenden und Sponsoring“ stellten Sparkasse und Stadtwerke unverzüglich die fehlenden 1,5 Mio. bzw. 0,5 Mio. bereit.

Überall wo Millionen fehlen, die sich nicht aus dem städtischen Haushalt bereitstellen lassen, weil eine Ratsentscheidungen dafür nur schwer zu rechtfertigen wäre bzw. derartige Ausgaben den Bürgern kaum vermittelbar wären, springen auf Veranlassung von Fleskes, Cordes und Co. Sparkasse und Stadtwerke ein. Das ist beim Schauspielhaus so, beim Steiger-Award, beim Vfl und auch bei den Bochumer Symphonikern. Bei all diesen Projekten und vielen anderen sind Sparkasse und Stadtwerke die Hauptfinanziers.

Das „System Stadtwerke“ funktioniert wie geschmiert, weil auch die Aufsichtsräte der städtischen Unternehmen vom roten Geflecht beherrscht werden. Nicht alle Ratsfraktionen sind in den Aufsichtsräten vertreten. So wird eine Kontrolle der Unternehmen durch den Rat umgangen. Wirksam wird verhindert, dass die nicht im Aufsichtsrat vertretenen Parteien unliebsame Fragen an die städtischen Unternehmen stellen oder gar Einsicht in kritische Unterlagen einfordern. Der Klüngel bleibt lieber unter sich.

Transparenz Fehlanzeige. Das rote Geflecht lässt sich nicht in die Karten schauen. In typisch rotautokratischer Manier wird jede Rechenschaft über die Mittelverwendung abgelehnt, so verkündet der Vorstand der Sparkasse Volker Goldmann (SPD) selbstherrlich: „Ich wüsste nicht, woher jemand den Anspruch nehmen könnte von einem Unternehmen, das im Wettbewerb steht, diese Zahlen bekommen zu wollen.“ (WAZ 23.09.2012).

Falsch: Die Sparkasse ist ein städtisches Unternehmen, also ein Unternehmen der Bürger unserer Stadt. Da ist es selbstverständlich, dass die Bürger erfahren, an wen die Sparkasse wie viel von ihrem Geld auf wessen Veranlassung zahlt. Wer das nicht will, hat einen Grund, diese Informationen den Bürgern vorenthalten zu wollen.

Auch befinden sich die Stadtwerke und Sparkasse nicht wirklich im Wettbewerb mit normalen Unternehmen. Noch legen sie die Höhe der Gebühren für Strom und Konto fest, „ohne sich auf einem funktionierenden Markt im Wettbewerb durchsetzen zu müssen“ (Rainer Kambeck, RWI, Welt am Sonntag 11.11.12).

Das System aus rot durchgefärbter Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Partei steuert den Geldfluss von Stadtwerken und Sparkasse zum eigenen Vorteil. Will man sich mit Prominenz schmücken, lässt man Atrium-Talk oder Steiger-Award steigen. Will man was her machen mit einem neuen Konzerthaus, schließen die städtischen Goldesel die Finanzierungslücke und man kann die Bürger dreist täuschen, die Stadt würde nur 2,4 Mio. zu diesem Projekt beisteuern, denn weitere 2 Mio. werden von Stadtwerken und Sparkasse stillschweigend aus dem Nebenhaushalt zugeschossen. In gleicher Weise läuft es beim Fußball, die Stadtwerke zahlen 7,5 Mio. nur dafür, dass das Ruhrstadion „rewirpower“-Stadion heißen darf. Aus unternehmerischer Sicht ein völlig sinnfreies Engagement: Der Werbeeffekt geht ins Leere. Die Kunden der Stadtwerke sitzen im Revier. In den Spielstädten der 2. Bundesliga, Aue, Kaiserslautern, Regensburg, Dresden oder Cottbus kann mit „rewirpower“ keiner was anfangen.

Die Kunden von Sparkasse und Stadtwerken füllen die Kriegskasse der roten Barone über die diese nach Belieben verfügen. So gelingt es insbesondere der SPD ihre Politik am Rat vorbei ohne lästige demokratische Kontrolle durchsetzen zu können. Der Koalitionspartner, die Grünen duldet seit Jahren dieses Spiel ohne groß aufzumucken, man hat sich in der Rolle des schwachen Erfüllungsgehilfen eingerichtet. Die CDU wird durch Vermittlung lukrativer Posten in den Aufsichtsräten ruhig gestellt und angemessen am System beteiligt.

Die etablierte Politik stellt das System nicht in Frage. Dabei wissen alle, es ist alles andere als demokratisch. Darüber, wie die Überschüsse der städtischen Beteiligungsgesellschaften verwendet werden, hat allein der Rat zu entscheiden. Wenn das Geld, wie bei den Stadtwerken für Promi-Sausen verbraten wird, ist das nicht nur höchst peinlich, sondern auch undemokratisch. Ebenso ist für Bürger und Rat vollständige Transparenz darüber herzustellen, welche Beträge die Gesellschaften für welche Zwecke außerhalb ihres eigentlichen Geschäftsfeldes ausgeben.

Das „System Stadtwerke“ muss zerschlagen werden. OBin Ottilie Scholz hat bei ihrem die ganze Nation brüskierenden Presseauftritt am Donnerstag das System jedoch ungeniert verteidigt (ZDF, heute). Sie konnte nichts Schlimmes daran erkennen, dass die Stadtwerke in Bochum Steinbrück mit 10.000 extra sponsoren wollten. Ebenfalls wies sie die Forderung nach personellen Konsequenzen kategorisch zurück. Die Botschaft ist eindeutig: Die Erbhöfe des roten Geflechts sollen unangetastet bleiben.

Nicht nur die Kunden von Stadtwerken und Sparkasse werden durch das „System Stadtwerke“ betrogen, sondern alle Bürger. In 27 Aufsichtsräten sitzt die OBin Scholz und steuert das „System Stadtwerke“. Um dieses zu beenden, hilft wohl nur abwählen.

Volker Steude (ruhrblogxpublik)

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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