Das mehrfache Stigma: Zwillinge, Homosexuelle, Juden – Stolpersteinverlegung für Ernst und Leo Salomon

Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer übernimmt Patenschaft

Erstmals werden am 6. November 2017 in Trier zwei Stolpersteine verlegt für zwei Männer, die in der NS-Zeit als Homosexuelle verfolgt wurden und zwar vor dem Wohnhaus in der Hohenzollernstraße 13, dem letzten freiwilligen Wohnort.

Sie teilten einen gemeinsamen Lebensweg: Die eineiigen Zwillinge Ernst und Leo Salomon waren beide homosexuell und entstammten einer alteingesessenen jüdischen Kaufmannsfamilie. Geboren wurden sie am 3. Oktober 1894 in Trier, wo sie gemeinsam auf dem Kaiser-Wilhelm-Gymnasium mit Realgymnasium (heute Humboldt-Gymnasium) bis zur mittleren Reife zur Schule gingen. Beide waren Kriegsfreiwillige im ersten Weltkrieg. Beide wurden Kaufleute und traten ab 1927 in leitender Funktion in den väterlichen Betrieb ein, die mechanische Kleiderfabrik J. Schloss Söhne in Trier.

Am 28. August 1935 wurden beide in Saarbrücken verhaftet wegen des Vorwurfes homosexueller Kontakte und in Untersuchungshaft nach Trier gebracht. Das Landgericht Trier verurteilte sie im April 1936 zu 5 ½ Jahren Gefängnis wegen sogenannter „Widernatürlicher Unzucht“. Im selben Verfahren wurden auch zwei Jugendliche zu Freiheitsstrafen verurteilt. Kurze Zeit später wurde Ernst Salomon außerdem wegen Beleidigung der Gestapo zu einem weiteren Monat Gefängnis verurteilt. Als die Brüder bereits drei Jahre ihrer Haft abgesessen hatten, wurde ihnen noch in einem weiteren Verfahren der betrügerische Bankrott der Kleiderfabrik vorgeworfen, das Urteil erhöhte die Gesamtstrafe um jeweils ein weiteres Jahr, so dass Ernst Salomon insgesamt zu sechs Jahren und sieben Monaten Gefängnis verurteilt wurde und Leo Salomon einen Monat weniger Strafe abzusitzen hatte.

Im NS-Regime wurde von verschiedenen Stellen nach den Ursachen der Homosexualität geforscht, in der Hoffnung, Homosexualität beseitigen zu können. Einen möglichen Forschungsansatz sah man in der Zwillingsforschung. Deshalb wurden die Brüder zu begehrten Forschungsobjekten.

Die Brüder mussten die volle Länge der Strafe verbüßen in den Gefängnissen Trier, Wittlich, Düsseldorf, erneut Wittlich, Siegburg, Bochum und zuletzt Wolfenbüttel, wo Leo Salomon zwei Wochen vor Haftende am 11. Oktober 1942 nach schlechter Behandlung und mangelhafter medizinischer Versorgung an Tuberkulose starb. Er war bei einer Größe von ca. 1,82 m auf ca. 55 kg abgemagert.

Eine Entlassung nach Haftende war aber für beide Brüder bereits zuvor durch Anordnung der sogenannten „Überhaft“ oder „Vorbeugehaft“ durch die Polizei ausgeschlossen gewesen. Und somit kam Ernst Salomon Ende November 1942 nicht in Freiheit, sondern wurde von der Polizei erneut verhaftet, nach Auschwitz deportiert, wo er am 18. Februar 1943 ermordet wurde.

Initiative, Recherchen und Bericht zu den Lebenswegen der Zwillinge Ernst und Leo Salomon und deren Geschwister Paul und Leonie sowie deren Familien stammen von Jürgen Wenke, ehrenamtlicher Mitarbeiter des Vereins Rosa Strippe e.V.
Die Patenschaft für die beiden Stolpersteine in Trier hat die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Frau Malu Dreyer übernommen.

Weitere Informationen finden Interessierte im Internet unter www.rosastrippe.de/verfolgung

Autor:

Eicke Ricker aus Bochum

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