Dank Abrissbirne und Konjunkturpaket - Sanierungsbedarf bei städtischen Gebäuden nimmt um 79 Mio. ab
Von 359 Mio. Euro vor 5 Jahren soll der Sanierungbedarf bei den städtischen Gebäude und Liegenschaften jetzt auf 280 Mio. Euro gesunken sein (
Tatsächlich wurde bei der Aufstellung leider nicht der gesamte Sanierungsbedarf für die städtischen Gebäude und Liegenschaften erfasst, sondern nur der Sanierungsbedarf für den Bereich Hochbau, also für den Erhalt der Gebäudehüllen (Dächer, Fenster und Fassaden) und die grundlegende technische Gebäudeausrüstung. Bei der Erfassung gänzlich unberücksichtigt blieb der Sanierungbedarf bei der Einrichtung und Ausstattung der Gebäude, also den sogenannten Ausbaugewerken (Fliesen, Ansrich, Bodenbelag, Sanitäreinrichtungen u.a.). Ebenfalls nicht berücksichtig wurde der Sanierungsbedarf für energetische, brandschutztechnische und Schadstoffsanierungen.
In den berechneten 280 Mio. Sanierungsbedarf fehlen also z.B. die Kosten für die Sanierung der Schultoiletten, soweit sie Fliesen, Anstrich, Sanitär und sonstige Ausstattung betreffen oder auch die notwendigen Ausgaben für die Sanierung der Umkleidekabinen in den Bädern.
Wenn man bedenkt, dass die Sanierung nur einer einzigen Schultoilette z.B. an der MSM- Gesamtschule in Wattenscheid 120.000 Euro verschlungen hat, dann erkennt man, dass zu den 280 Mio. Sanierungsstau im Hochbau auch nochmal schnell die gleiche Summe für den Innenausbau hinzu kommen kann.
Weiterhin ist zu beachten, dass fast alle Zahlen nur grob geschätzt werden konnten. Viele Sanierungsschäden sind aber von außen gar nicht erkennbar und können daher bei den Schätzungen zum bestehenden Sanierungsstau gar nicht berücksichtigt werden. So auch der Schwamm im Gebälk der Feldsieper-Schule. Entsprechend verdoppelten sich bei der Feldsieper-Schule die Sanierungskosten (5 statt 2,5 Mio.), verschlang die Sanierung des Unibads statt 4 satte 7 Mio. Die Kosten der Instandsetzung des Sprungturms im Schwimmbad Höntrop verdreifachten sich sogar (263.000 statt 90.000). (siehe auch:
Warum in der Sanierungsliste ein wesentlicher Teil des Sanierungstaus nicht erfasst wird, ist nicht nachvollziehbar. Sollen die Zahlen bewusst klein gehalten werden, um das wahre Ausmaß des Sanierungsbedarfs zu verschleiern?
Zudem ist zu fragen, ob der verlautbarte Rückgang des Sanierungsbedarfs auf die Einführung einer nachhaltigen Instandhaltungspolitik zurück zu führen ist. Auch dem ist leider nicht so. Von den 79 Mio. Rückgang sind 40 Mio. auf den Einsatz von Mitteln aus dem Konjunkturpaket II der Bundesregierung zurück zu führen. Ursache für diesen Rückgang ist also ein Einmaleffekt, der in absehbarer Zukunft leider kein zweites Mal zu erwarten ist.
Von den verbleibenden 39 Mio. ist wiederum ein wesentlicher Teil auf die Aufgabe von Gebäuden, z.B. Schulen oder Bäder zurück zu führen. Für Gebäude, die wegen Baufälligkeit abgerissen werden (z.B. Hauptschule Wattenscheid oder Nordbad), müssen natürlich keine Kosten für eine Sanierung mehr aufgewendet werden. Trotzdem dieses Vorgehen gleichzeitig den Verlust von städtischem Eigenkapital bedeutet, ist er unumgänglich. Die Stadt hat nicht die finanzielle Kraft alle Gebäude zu erhalten. Es werden also noch einige städtische Immobilien der Abrissbirne weichen müssen.
Auch ein wichtiges Ziel der Aufstellung der Sanierungsbedarfsliste war ja festzustellen, welchen Betrag Bochum pro Jahr ausgeben muss, damit die Gebäude vernünftig Instand gehalten werden und es zukünftig nicht mehr zu Sanierungsstaus kommt. Damit nicht wie bisher erst gehandelt wird, wenn die Gebäude bereits fast unbrauchbar geworden sind (Wie z.B. jetzt wieder beim Amtshaus Harpen) und der Sanierungsbedarf sich aufgrund der vorherigen Untätigkeit in kaum bezahlbare Höhen geschraubt hat.
Doch in diesem Punkt blieben Verwaltung und Politik bis heute untätig. Es fehlt nicht nur an einer Aufstellung, die sämtliche Sanierungsbedarfe bei den städtischen Gebäuden erfasst, sondern auch eine Strategie, wie der Sanierungsstau in den nächsten 20 Jahren behoben werden soll. Überdies reicht der Haushaltsansatz für die Instandhaltung der städtischen Gebäude nichtmal ansatzweise dazu aus die jedes Jahr erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Somit wird jedes Jahr nur ein Teil der notwendigen Maßnahmen umgesetzt. Der verbleibenden Teil wird aufgeschoben und erhöht den Sanierungsstau.
So hat man die Instandhaltungskosten für das gerade entstehende Musikzentrum in der Kostenkalkulation auf 0 Euro festgelegt. Dass mag für die ersten 5 Jahre noch angehen, doch danach fehlt das Geld, um z.B. ein undichtes Dach des Musikzentrum wieder Instand zu setzen. Und wie bei vielen städtischen Gebäuden wird man sich zunächst mit Eimern behelfen müssen, oder die Räume werden einfach, da unbenutzbar, abgesperrt, wie das in einigen Schulen ja heute schon Usus ist.
Eine Liste, die das Problem halbwegs erfasst, löst es noch nicht. Auch nichts weiter zu tun, als darauf zu hoffen, dass es irgendwann mal wieder ein Konjunkturpaket gibt, mit dem man wieder einen kleinen Teil des Staus beheben kann, stellt keine nachhaltige Politik dar.
Die Politik ist aufgefordert, zu kalkulieren welcher Instandhaltungsbedarf jedes Jahr für die städtischen Gebäude tatsächlich besteht und den entsprechenden Kostenansatz in voller Höhe in den Haushalt aufzunehmen. Außerdem ist zu ermitteln wie hoch der Sanierungsstau bei den stätischen Gebäuden und Liegenschaften tatsächlich ist. Dann ist ein Plan vorzulegen, wie der Stau in den nächsten 20 Jahren beseitigt werden soll.
In gleicher Weise ist bei der städtischen Infrastruktur zu verfahren. Denn auch bei Brücken, U-Bahnhöfen, Straßen, Abwasserkanäle und anderem ist der Sanierungsstau der Stadt gigantisch und das Problem nach wie vor ungelöst, da die Politik bisher leider untätig ist.
Und das sieht man der Stadt wiederum an, denn immer mehr fällt die Baufälligkeit von Gebäuden, Straßen und Brücken in der Stadt ins Auge.
Volker Steude,
BÄH - Bochum ändern mit Herz
(ruhrblogxpublik)
Autor:Dr. Volker Steude aus Bochum |
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