Ausländer raus, Fragezeichen

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Ausländer, oder besser Zugewanderte, denn viele haben ja bereits einen deutschen Pass, machen ca. 19% der Bevölkerung Deutschlands aus, rund ein fünftel sind Migranten, eine deutliche Minderheit. Dennoch ist die Diskussion um diese Menschen nie abgeflacht, sondern erreicht immer wieder neue Höhepunkte. Aktuell dreht es sich um Kriminalität, um die „Einwanderung“ in deutsche Sozialsysteme und um die Asylproblematik.

In Deutschland leben momentan rund 15 Millionen Zugewanderte, beziehungsweise deren hier geborene Nachkommen.

Doch woher kommen diese Migranten?

Zwei Millionen Menschen kommen aus Ländern der EU-25 (ohne Südeuropa), also aus Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Lettland, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, Schweden, Slowakei, Tschechien, Ungarn und dem Vereinigten Königreich.

Knapp vier Millionen sind Aussiedler, Menschen, die als deutsche Staatsangehörige in den ehemals deutschen Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie geboren wurden und zunächst nach 1945 dort verblieben sind, sowie deren Nachkommen und Ehepartner anderer Nationalität, die nach Deutschland übersiedelten, oder die als Deutsche aus einem Ostblockstaat im Rahmen eines Aufnahmeverfahrens in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder der Deutschen Demokratischen Republik übersiedelten, sowie die Angehörigen, die sie bei der Aussiedlung begleitet haben.

2,8 Millionen sind türkischstämmig, wobei knapp die Hälfte in Deutschland geboren worden.

Die restlichen 6,2 Millionen setzen sich aus ehemaligen Jugoslawen (828.300) Italienern (530.000), Griechen ( 290.000), Rumänen (205.000), Russen (202.000), Ukrainer (123.000), Portugiesen (120.000), Spanier (120.000), Bulgaren (118.000), Amerikaner (105.000), Chinesen (99.000), Iraker (84.000), Vietnamesen( 83.000), Marokkaner ( 63.000), Afghanen (61.000), Inder (60.000), Thailänder (58.000), Iraner (57.000) und ca. 3 Millionen anderer Abstammung (jeweils unter 50.000).

Insgesamt leben Migranten aus 194 verschiedenen Ländern in Deutschland.

Wenn ich jetzt rufen würde „Ausländer raus“ , wie es bisweilen aus der NPD Szene, von Pro-NRW oder anderen tönt, dann würde ich also nicht nur die bisher aufgezählten meinen, sondern auch die 38.000 Schweizer, 35.000 Brasilianer, 33.000 Japaner und 10.000 Australier. Welch ein Quatsch!

Nun zu den Problemen, die der Volksmund mit Migranten in Verbindung bringt.

Verbrecher sind Menschen, die Straftaten verüben. Verbrecher gibt es innerhalb jeder Nation und innerhalb jeder Ethnie. Verbrecher gibt es innerhalb jeder Gesellschaftsschicht. Sie ist unabhängig vom sozialen Status.
Verbrechen sind breit gefächert, vom Schwarzfahren bis zum Mord, vom Ladendiebstahl bis zu sexuellen Straftaten an Kindern und Frauen.
Von 1993 bis 2009 lagen die registrierten Straftaten in Deutschland über 6 Millionen (von 6.750.613 in 93 bis 6.045.330 in 2009), ab 2010 erstmalig seit 1992 wieder knapp unter 6 Millionen.

Die Anzahl der Straftäter aller ca. 6 Millionen Straftaten, lag laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 2012 bei 2.094.118, davon waren 1.562.190 männlich und 531.928 weiblich.

1.591.728 waren Deutsche und 502.390 ausländischer Herkunft. Übrigens 1.622.158 waren über 21 Jahre alt, ca. 77%.

Um noch eine kleine Statistik zum Abschluss zu erwähnen: 0,8% aller Deutschen und 3,3% aller Ausländer in Deutschland sind Verbrecher. Die ausländischen Straftäter z. B. in Berlin 2007 verteilen sich in der Mehrzahl auf wenige Ethnien: Araber 46%, Türken 33%, ehemalige Jugoslawen 7%, sonst. Orientalen 3% und Sonstige 11%.

Eine relativ kleine Prozentzahl, aber die Größenunterschiede zwischen 0,8 und 3,3 Prozent sind auffällig. Und ebenso auffällig ist, dass die meisten ausländischen Verbrecher aus Ländern mit anderer Kultur und anderer Religion kommen.

Woher kann das kommen? Und schon sind wir bei der fehlgeschlagenden Integration.

Die zweite und dritte Generation der in Deutschland lebenden damaligen Fremdarbeiter schafft es kaum, die Defizite der meist bildungsfernen Zugewanderten aus den Zeiten der Gastarbeiteranwerbung auszugleichen. So sind auch noch unter den in Deutschland geborenen 15- bis 64-Jährigen zehn Prozent ohne jeden Bildungsabschluss – siebenmal mehr als unter den Einheimischen dieser Altersklasse. Dementsprechend schwach fällt ihre Integration in den Arbeitsmarkt (Einkommen) aus und somit die Teilhabe am gesellschaftlichen Zusammenleben.

Regional gesehen verläuft die Integration generell dort besser, wo der Arbeitsmarkt vergleichsweise viele Personen aufnehmen kann. Umgekehrt stößt sie auf Probleme, wo viele gering qualifizierte Personen mit Migrationshintergrund leben. Auf die Bundesländer bezogen, weisen daher Hessen und Hamburg relativ gute Integrationswerte auf, besonders schlechte erreicht hingegen das Saarland.

Unter den Städten fallen München, Frankfurt, Bonn und Düsseldorf positiv auf, während die Bedingungen für Migranten in Ruhrgebietsstädten wie Duisburg oder Dortmund, sowie in Nürnberg am schlechtesten sind. Allerdings sind selbst in den Regionen mit den besten Ergebnissen Migranten mehr als doppelt so häufig erwerbslos wie Einheimische, und sie hängen mehr als doppelt so oft wie diese von öffentlichen Leistungen ab.

Und jetzt zu der „Einwanderung“ in die Sozialsysteme.

Wären wir uns selbst gegenüber ehrlich, würden wir eingestehen müssen, dass wir genauso handeln würden, wenn wir in einer vergleichbaren Situation wären. Wir verhalten uns in weiten Teilen doch schon genauso obwohl es uns noch relativ oder sehr gut geht. Wir wurden zu Schnäppchenjägern, „Geiz ist Geil“ Jüngern, Ausverkauf-freaks und Konsumidioten. Ich meine damit ausdrücklich nicht die zunehmende Anzahl von Menschen, die in Armut, oder nahe der Armutsgrenze leben, in Deutschland ca. 14%.

Doch wenn andere „eindringen“ und uns etwas von dem nehmen wollen, was wir selbst gar nicht haben, machen wir Zoff.

Nicht die Menschen, die etwas haben wollen sind Schuld, sondern die, die etwas versprechen, ohne entsprechende Regeln aufgestellt zu haben und ihre Versprechungen im Zweifel nicht halten können. Wie wäre es einmal mit gezielter Einwanderung nach kanadischem Vorbild und keine ungeordnete Zuwanderung, auch nicht aus EU Ländern. Dazu müsste das EU-Recht „Freizügigkeit“ geändert werden und das ist Aufgabe der Legislative, sprich der zuständigen Politiker.

Natürlich müssen auch weiterhin ernsthaft politisch Verfolgte in Deutschland Asyl finden können. Zu einer menschenwürdigen Behandlung gehört aber auch, dass Asylbewerber hier vom ersten Tag an arbeiten können. (aus dem AfD Wahlprogramm)

Die Probleme liegen nicht bei den Menschen („Ausländern“ oder Migranten) generell, sondern bei wenigen Menschen und den spezifischen Punkten, wie Kriminalität und fehlender Integration.

Suchen wir uns nicht unser Feindbild, indem wir Pauschalieren sondern Differenzieren und suchen wir dort wo die Schuldigen wirklich sind. Denn einseitiger Hass auf alles „Fremde“ macht uns nur blind für die wahren Probleme.

Autor:

Ulrich Bormann aus Bochum

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