Keine Fördermittel für Platz mit Autos - keine Bürgerabstimmung
August-Bebel-Platz wird voraussichtlich autofrei
Nach Aufhebung des Grundsatzbeschlusses für die Planung eines autofreien August-Bebel-Platzes am 21.01. in der Bezirksvertretung Wattenscheid soll entsprechend des neu getroffenen Planungsbeschlusses bei der weiteren Planung des Platzes erneut geprüft werden, ob und ggf. wie Autoverkehr über den Platz fließen könnte. Doch trotz dieses Beschlusses ist nicht zu erwarten, dass letztlich ein Planungsentwurf realisiert wird, bei dem der Verkehr weiterhin über den Platz fließt, denn nur für einen Platz ohne Autoverkehr wird es regulär Fördermittel vom Land geben.
Bezirksregierung sagt, ein Bebel-Platz mit Autoverkehr ist nicht förderfähig
Die Aussagen der Bezirksregierung Arnsberg, die die Fördermittel bewilligen muss, sind nach Darstellung der Stadtplanung Bochum eindeutig (Präsentation zum August-Bebel-Platz, Stadt Bochum): Bei der Beibehaltung der Verkehrsführung ist eine Förderfähigkeit für andere gestalterische Maßnahmen auf den Restflächen nicht gegeben. Bleibt der Autoverkehr auf dem Platz dominierend, so verbleiben kaum mehr Flächen, die anders als für Verkehr genutzt werden können. Heute beansprucht der Autoverkehr 41% der Platzfläche, Bus und Bahn 15% (Nutzung Fläche August-Bebel-Platz). Auch direkt neben der Straße bestehen bei Erhaltung des Autoverkehrs keine Gestaltungsmöglichkeiten, niemand will mit einer Bank direkt an der Straße sitzen oder dort seine Kinder spielen lassen. Eine neue, attraktivere Nutzung von Flächen zum Beispiel für großzügige Freisitzbereiche durch Restaurants und Cafés, sowie ausgedehnte Spielareale, Grünbereiche und Ruhezonen oder eine ausreichend große Fläche für Veranstaltungen wie einen Weihnachtsmarkt, ist nicht möglich, wenn diese auch weiterhin vom Autoverkehr beansprucht werden.
Entsprechend vertritt die Bezirksregierung die Ansicht, eine “Neugestaltung [der] Flächen außerhalb der MIV- [= Auto] und ÖPNV-Anlagen bringt keine ausreichende funktionale städtebauliche Verbesserung und Qualitätssteigerung für den Platz wie für StäBauFö [Städtebauförderung] erforderlich.” Die wesentlichen Missstände, “die Zerschneidung des Platzes, Lärm, Schadstoffe” durch den Autoverkehr, lassen sich anders nicht beheben. Fließt der Autoverkehr weiterhin über den Platz, ist zu erwarten, dass der/die Fußgänger*in weiter nur über Ampeln den Platz queren kann. Das Das bedeutet bei einer in Bochum üblichen Auslegung der Ampeln, 60 Sekunden Rot und 30 Sekunden Grün. Will man auf die andere Seite des Platzes, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, erstmal an einer Ampel stehen zu müssen. Aber auch ohne Ampel wird der stetige Autofluss eine bequeme Querung des Platzes kaum zulassen. Das führt dazu, dass der Teil nördlich der Straße auch weiterhin von Fußgängern kaum angesteuert wird und daher für die Ansiedlung von Geschäften weiterhin unattraktiv bleibt.
Die Herstellung eines attraktiven Platzes, der die Menschen anzieht, weil sie sich dort gerne aufhalten, Zeit verbringen und entspannt ihr Leben genießen, ist mit Autoverkehr, der quer über den Platz fließt, nicht möglich.
Bezirksvertretung: Überfahrung durch Autos soll möglich bleiben, wenn förderfähig
Um CDU, UWG, und der Bürgerinitiative, welche für Autoverkehr auf dem Bebel-Platz sind, den Wind aus den Segeln zu nehmen, haben sich SPD und Grüne breitschlagen lassen, dass im weiteren Planungsverlauf neben der Platzgestaltung ohne Autoverkehr auch drei Varianten mit Verkehr geprüft werden (Varianten 1-3). . Dass eine dieser drei Varianten förderfähig sein wird, ist aufgrund der bereits dargestellten Meinung der Bezirksregierung und der Richtlinien zur Städtebauförderung nicht zu erwarten. Für die Umgestaltung des Platzes werden aktuell rund 6 Mio. Euro veranschlagt, dass diese Summe die Stadt alleine übernimmt ist nicht zu leisten.
Entsprechend hat die Bezirksvertretung beschlossen (TO 4.3, Bezirks- vertretung vom 21.01.20), dass die neue Planung den Einsatz von Städtebauförderungsmitteln ermöglicht. Zwar wurde ebenfalls beschlossen, dass die neue Planung eine Überfahrung des August-Bebel-Platzes durch Autos weiter zulassen soll. Doch das heißt auch, wenn es dafür keine Fördermittel gibt, wie von der Bezirksregierung bereits in Aussicht gestellt, wird keine Planungsvariante mit Autos realisiert.
Also läuft alles aktuell darauf hinaus, dass am Ende der August-Bebel-Platz autofrei wird.
Bezirksvertretung will Bürger nicht über Planungsvarianten abstimmen lassen
Auch gegen eine echte Bürgerbeteiligung hat sich die Bezirksvertretung ausgesprochen. Die von den STADTGESTALTERn vorgeschlagene Abstimmung der Bürger darüber, welcher der Planungen umgesetzt werden soll wurde mit 1:17 Stimmen von SPD, CDU, UWG und Grünen abgelehnt. Nach Vorstellung der STADTGESTALTER (Bürgerentscheid zum August-Bebel-Platz) sollten die Bürger auch darüber abstimmen können, ob eine Planungsvariante realisiert wird, die Autoverkehr vorsieht und dann aber ggf. ohne Fördermittel realisiert wird, neben den Varianten, dass der Platz zum Park oder mittels eines Neubaus im Norden teilweise überbaut wird oder ob er gar so bleiben soll, wie er ist. SPD, CDU, UWG und Grüne in der Bezirksvertretung reicht es anscheinend aus, wenn in maximal einer Handvoll Bürgerveranstaltungen wenige hundert Wattenscheider von fast 73.000, vermutlich sogar eher weniger, sich die Planungen anschauen und ihre Ansichten und Anregungen dazu äußern. Echte Bürgerbeteiligung, bei der die Bürger entscheiden, wie der Platz umgestaltet werden soll, sieht anders aus.
Die STADTGESTALTER halten weiterhin daran fest, dass die Bürger letztlich darüber entscheiden sollen, welche Planung für den Platz umgesetzt werden soll. Entgegen der Darstellung des Städteplaners Burkhard Huhn in der WAZ vom 21.01.20, verzögerte sich dadurch der Zeitablauf zur Stellung des erforderlichen Förderantrages durch den Bürgerentscheid nicht, der erst bis 30.09.2022 gestellt werden muss. Die Abstimmung dauert bei zwei Wahlgängen nicht länger als zwei Wochen. Traurig, wenn sich ein neutraler Verwaltungsmitarbeiter wider besseren Wissens erneut von der Politik einspannen lässt, um dieser den erforderlichen Grund zu liefern, ihnen nicht genehme Anträge mit Hinweis auf seine Aussagen ablehnen zu können.
Fragwürdig auch das Vorgehen des Stadtplanungsamtes, Politik und Bürger erst jetzt darüber zu informieren, dass die Bezirksregierung in Arnsberg offenbar bereits seit 2015 die Ansicht vertritt, dass die Umgestaltung des Platzes, wenn weiterhin der Autoverkehr drüber fährt, voraussichtlich nicht föderfähig gem. der Städtebauförderungsrichtlinien ist. In der Begründung der Vorlage zum nunmehr aufgehobenen Beschluss (Vorlage 20193491), findet sich dazu kein Wort.
Wie schon einige Male zuvor (Stadterneuerung in Wattenscheid läuft mehr schlecht als recht), macht das Amt für Stadtplanen und Wohnen auch hier leider nicht den Eindruck, die Sache mit der erforderlichen Transparenz und politischen Unbahängigkeit voran zu treiben.
Nach der Kommunalwahl 2020 werden die Karten neu gemischt
Die Verwaltung wird nachdem nunmehr gefällten Grundsatzbeschluss eine erneute Planung zum August-Bebel-Platz erarbeiten. Nach der Kommunalwahl im September 2020 wird die Bezirksvertretung in neuer Besetzung darüber entscheiden, wie mit den dann vorliegenden Planungsentwürfen weiter zu verfahren ist. Zu hoffen ist, dass sich dann eine Mehrheit für eine Bürgerabstimmung findet.
Volker Steude
Die STADTGESTALTER
Autor:Dr. Volker Steude aus Bochum |
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