Zum "Tag der Architektur" zeigt Familie Ebbert in Bochum, wie ein altes Haus modern wird, ohne seinen Charme zu verlieren
Alte Schale, neuer Kern
Von außen sieht man: nichts! Und genau das soll auch so sein. Denn das Haus von Thiemo und Christiane Ebbert glänzt mit seinen inneren Werten: Während sich das 1940 fertig gestellte Gebäude von außen seinen historischen Charme bewahrt hat - Klappläden und Buntglasfenster inklusive - ist es im Inneren auf dem allerneuesten Stand der Technik. Das Haus erfüllt den Standard eines KfW-Effizienzhaues 70, ist 30 Prozent sparsamer als ein vergleichbarer Neubau. "Das Haus ist energetisch super, aber nicht totgedämmt", bringt es Ebbert auf den Punkt.
Alles begann damit, dass Christiane und Thiemo Ebbert ein Haus für sich und ihre beiden kleinen Söhne Henri und Hannes suchten: "Das war auch schon vor fünf Jahren in Bochum nicht einfach, der Markt war leer", erinnert sich Thiemo Ebbert.
Ein Haus mit "Gruselfaktor"
Selbst zu bauen kam für das Paar nicht infrage: "Wir wollten ein Haus mit Geschichte. Es gibt ja Menschen, die einen Neubau wollen, genau nach ihren Vorstellungen - wir gehören nicht dazu." Hinzu kommt: "Ich bin zwar Architekt, aber ich sage immer 'neu bauen kann ich gar nicht'", lacht Thiemo Ebbert. Energetisches Sanieren im Bestand, das ist sein Spezialgebiet, gerade hat er sich mit dem Energieberater Thomas Meinberg in einem eigenen Büro selbstständig gemacht. Ebbert ist "Überzeugungstäter": "Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass man beim Wohnen kein C02 verursachen muss."
Liebe auf den ersten Blick war es bei ihrem Haus nicht, das macht Christiane Ebbert deutlich: "Es war schrecklich dunkel hier drin - wir wussten sofort, dass hier dringend Licht rein muss." Die Vorbesitzerin war zwei Jahre zuvor gestorben, Erben konnten nicht gefunden werden. Sogar ein wenig gruselig sei es anfangs gewesen: "Obwohl das Haus zwei Jahre komplett unbewohnt war und leer stand, war hier noch das gesamte Mobiliar drin - inklusive angerauchter Marlboro im Aschenbecher. Es sah aus, als habe man die Vorbesitzerin eben erst herausgetragen."
Aus diesem Dornröschenschlaf haben die Ebberts das Haus geweckt - sehr zum Erstaunen der Nachbarn: Die Tinte unterm Kaufvertrag war noch nicht trocken, da begann Thiemo Ebbert schon damit, das zugewucherte Haus freizuschneiden und die Fenster rauszubrechen, dann kam das Gerüst und nach einer Woche waren neue Fenster drin. "Jahrelang passierte hier nichts, dann ging alles Schlag auf Schlag", erinnert sich das Paar lachend. Überhaupt, die Nachbarn: "Bevor wir unterschrieben haben, habe ich mir schon die Nachbarschaft angeschaut", gibt Christiane Ebbert zu. "Das war mir wichtig - schließlich wollte ich wissen, wo und mit wem wir hier leben." Es hat gepasst: "Wir haben eine tolle Nachbarschaft, die froh ist, dass mit dem Haus wieder was passierte und hier wieder Kinder spielen. Wir sind mit offenen Armen aufgenommen worden."
Aber hätte er es sich mit der Sanierung des mehr als 75 Jahre alten Hauses nicht einfacher machen können? Wäre es dann nicht auch günstiger geworden? "Nein", macht der Fachmann klar deutlich. "Mein Schwager, der Ökonom, hat gerne mal den Kopf geschüttelt. Doch ich führe genau Buch und inzwischen gibt es Zahlen, die belegen, dass diese Sanierung nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch Sinn macht." Und diese Zahlen sprechen für sich: Heizung und Warmwasser kosten für die vierköpfige Familie auf ihren ihren 185 Quadratmetern Wohnfläche weniger als 800 Euro im Jahr: "Da geben andere Leute schon mehr für ihre Telefon- und Handy-Rechnungen aus."
Modernste Haustechnik im Einsatz
Möglich macht den geringen Verbrauch modernste Haustechnik: Zum Energie-Konzept gehören eine Luft-Wasser-Wärmepumpe und eine elektronisch gesteuerte Wohnraumlüftung, eine Solar-Anlage auf dem Dach kam hinzu. Und selbst der Kamin im Wohnzimmer widerspricht dem Konzept nicht. "Der Kamin musste sein, darauf habe ich bestanden", lacht Christiane Ebbert. Doch er ist mehr als nur dekorative und gemütliche Feuerstelle: Mit einer Wassertasche versehen, unterstützt er die Heizung. "Es war nicht einfach, entsprechende Fachfirmen zu finden, die sich darauf einlassen", gibt der Bauherr zu. "Viele arbeiten mit vorgefertigten Komplettsystemen, die aber wenig flexibel sind, und wollen sich nicht darauf einlassen, mit Einzelkomponenten unterschiedlicher Hersteller zu arbeiten", erläutert er. "Die Verantwortung will keiner übernehmen. Aber es hätte das Projekt enorm verteuert."
Gut, dass Ebbert "vom Fach" ist - auch wenn letztlich seine Frau, studierte Psychologin, vor Ort die Bauaufsicht auf der Baustelle übernommen hat. "Er hat mich jeden Abend gebrieft und mir anhand der Pläne gezeigt, worauf ich achten muss", erinnert sie sich an die turbulente Zeit. Größere Katastrophen blieben aus - nur die Sanitärfirma, die die ambitionierte Haustechnik schließlich installiert hat, scheiterte an den WC-Schüsseln: "Da mussten die noch mal ran", erinnert sich Thiemo Ebbert.
Größere Katastrophen blieben aus
Daran, dass das Haus zwischendurch eine Großbaustelle war, erinnert heute nichts mehr: Im Hochparterre wurde die Wand zwischen Wohnzimmer und Küche herausgerissen. Die einstige Speisekammer, Toilette und Minibad wurden zu einem großzügigen Badezimmer zusammengelegt. Aus dem ehemaligen Wintergarten wurde ein offenes Spielzimmer und eine angebaute Terrasse ermöglicht inzwischen den Zugang zum Garten. Im Dachgeschoss, wo es einst eine "Dienstmädchenkammer" gab, hat Thiemo Ebbert nun sein Büro, direkt neben dem seiner Frau - in der ersten Etage haben die beiden Jungs großzügige Zimmer. Erhalten blieben die alten Holzdielen und vor allem die historischen Buntglasfenster in Flur und Bad - neue Fenster wurden davor gesetzt.
Allen, die sich an ein ähnliches Projekt herantrauen, gibt der Fachmann einen Rat mit auf den Weg: "Gar nicht erst versuchen, sowas in Eigenregie mit Schwiegervater und Bruder zu stemmen - die Baustelle nimmt dann kein Ende."
TERMIN:
- Das Haus der Familie Ebbert liegt an der Heintzmannstraße 170 in Querenburg.
- Es ist anlässlich des "Tags der Architektur" am Sonntag, 30. Juni, von 14 bis 17 Uhr zu besichtigen.
Autor:Petra Vesper aus Bochum |
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