Archäologen dokumentieren Luftschutzbau aus dem Zweiten Weltkrieg in Bochum-Gerthe
70 Jahre in Vergessenheit

Vorsichtig bewegt sich Lutz Cramer (LWL-Archäologie für Westfalen) durch den Deckungsgraben. Überall befinden sich noch die Einrichtungsgegenstände aus dem Zweiten Weltkrieg. | Foto: LWL/T. Poggel
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  • Vorsichtig bewegt sich Lutz Cramer (LWL-Archäologie für Westfalen) durch den Deckungsgraben. Überall befinden sich noch die Einrichtungsgegenstände aus dem Zweiten Weltkrieg.
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Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) haben in Bochum-Gerthe einen Luftschutzbau aus dem Zweiten Weltkrieg untersucht. Die gut erhaltene Anlage blieb nach dem Kriegsende nahezu unberührt.

Für ein städtisches Bauvorhaben an der Fischerstraße soll der Luftschutzbau nun abgetragen werden, um einen tragfähigen Baugrund herzustellen. Die Genehmigung dazu hat die Untere Denkmalbehörde in Abstimmung mit der LWL-Archäologie für Westfalen erteilt. Voraussetzung für diese Erlaubnis war die vorherige Dokumentation der Anlage.

Schutz für 120 Menschen – auf 50 Quadratmetern

Über zwei obertägige Zugangsbauwerke führen Treppen in wenige Meter tiefer liegende Schleusen. Dahinter stießen die LWL-Archäologen auf zwei rechtwinklig zueinander angeordnete, grabenähnliche Schutzräume. Auf lediglich 50 Quadratmetern konnten so über 120 Personen Schutz finden, die sich auf Holzbänken gegenübersaßen.
"Im Innern des Betonbaus war noch ein Großteil der Einrichtung vorhanden", schildert Thomas Poggel von der LWL-Archäologie für Westfalen. Offenbar wurde die Anlage kurz nach Kriegsende zügig verschlossen und blieb seitdem unangetastet. "Natürlich haben Zeit und Feuchtigkeit ihre Spuren hinterlassen, aber wir können dennoch das genaue Aussehen der beiden Schutzräume rekonstruieren."
Die Sauerstoffversorgung wurde durch Belüftungsrohre sichergestellt. Zwei voneinander unabhängige Stromleitungen speisten mindestens neun Lampen. "Als zusätzliche Notbeleuchtung dienten offenbar mehrere Kerzenhalter an den Wänden", erzählt Arne Koch, der gerade ein Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege absolviert. "Für mich war es ebenso spannend wie beklemmend, einen Einblick in dieses Bauwerk des Zweiten Weltkriegs zu erhalten."

"Es war so, als wäre die Zeit stehen geblieben."

Das sieht auch Lutz Cramer so, der zurzeit bei der LWL-Archäologie eine Fortbildung zum Grabungstechniker macht: "Es war so, als wäre die Zeit stehen geblieben." Mit einem kleinen Kohleofen konnte der Luftschutzbau beheizt werden. Eintretendes Wasser wurde über eine Rinne im Boden und mit einer Handpumpe abgeführt. Holzmatten über dieser Rinne schützten vor aufsteigender Kälte und die Notdurft konnte auf einer Trockentoilette in einem abgetrennten Abort verrichtet werden.
Bei der Anlage handelt es sich nicht um einen Bunker, sondern um einen sogenannten Deckungsgraben. "Solche Schutzbauten weisen nicht die massive Bauweise eines Bunkers auf", erläutert Prof. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie. "Sie boten daher in der Regel keinen Schutz gegenüber Bomben, sondern nur gegen Trümmer und Splitter." Deckungsgräben wurden bereits seit den frühen 1930er Jahren zum Schutz der Zivilbevölkerung errichtet. Durch bereits vorgefertigte Elemente aus Stahlbeton war es möglich, diese Anlagen schnell und mit wenigen Ressourcen zu bauen.

Die meisten Anlagen sind nicht mehr erhalten

Viele dieser Luftschutzbauten wurden nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen. Es gibt aber auch einige, die sich erhalten haben. "In der Regel befinden sich vergleichbare Anlagen in einem desolaten Zustand", so Baales. "Hier können wir aber einen Deckungsgraben in all seinen Details dokumentieren." Dabei konnten sich die Forscher auf Vorarbeiten des Studienkreises Bochumer Bunker e.V. stützen. Der Verein untersucht seit vielen Jahren Luftschutzanlagen im Raum Bochum und stellte den LWL-Archäologen seine 2004 angefertigte Kartierung und Beschreibung des Deckungsgrabens zur Verfügung.
Die Luftschutzanlage muss den Baumaßnahmen allerdings weichen und wird bald abgetragen. Sie ist jedoch ausführlich dokumentiert worden und bleibt so nachfolgenden Generationen als Informationsquelle erhalten.

Vorsichtig bewegt sich Lutz Cramer (LWL-Archäologie für Westfalen) durch den Deckungsgraben. Überall befinden sich noch die Einrichtungsgegenstände aus dem Zweiten Weltkrieg. | Foto: LWL/T. Poggel
Mit Hilfe eines Tachymeters vermessen die LWL-Archäologen den Luftschutzbau detailgetreu und dokumentieren so die Fundsituation. | Foto: LWL/T. Poggel
Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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6 Kommentare

Jens Steinmann aus Herne
am 23.05.2019 um 13:20

Hallo, Herr Jerzina, der Bunker aus dem Beitrag steht ja auch an der Fischerstraße, gut möglich, dass es derjenige ist, den Sie meinen. Wäre doch spannend, das herauszufinden, oder? Zumal die Archäologen ja davon ausgehen, dass der Bunker vor '74 zugemauert wurde...

Gudrun - Anna Wirbitzky aus Bochum
am 23.05.2019 um 15:06

Praktisch umme Ecke.
Die Fischerstraße ist fussläufig erreichbar.
Habe von meiner verstorbenen Schwiegermutter schon einmal davon gehört.Viele Gerther werden sich noch erinnern denke ich.

Thomas Jerzina aus Bochum
am 25.05.2019 um 01:17

Hallo Herr Steinmann, wenn sie im Viertel der Fischerstrasse aufgewachsen wären wüssten sie das am Ende der Strasse und in den Wohnhäusern mehrere Luftschutzbunker insolviert waren ( wurden an den Wänden durch Pfeile markiert ! ). Und da die Archäologen davon "ausgehen"!!!!!!..... Lieber Herr Steinmann, ich versuchte zu diesen Beitrag etwas beizutragen ...was nicht gelogen ist, sonst würde ich meinen Namen nicht nennen. Ich bin nicht der einzige der damals in diesen Bunker war. Habe als Kind nicht einen Archäologen in der Bronx von Bochum gesehen, woher sollen die wissen was war und was nicht?
Ich weiß und schwöre was ich schrieb (eine Mail den ich auf ihren Post geschrieben habe ist leider hier nicht erschienen...). Ihr Kommentar beruft sich auf den Bericht, mein Kommentar auf Tatsachen !!. Ich habe meine Kindsheiterfahrungen über den "Bunker" an mehreren Leuten schon vor über 40 Jahren kundgetan bevor ein Archäologe sich überhaupt an den unscheinaren Dreckshügel interressierte . Da sie offenbar mit an dem Lokalkompass mitwirken finde ich ihren Kommentar einfach überflüssig....da sie noch nicht einmal diesen Hügel kennenm geschweige wissen wo er liegt...., also einfach mal den Mund flach halten ( Sorry ! ).

MfG ....Thomas Jerzina