"Übergänge" - Eindrücke zum 3. Gospel-Gottesdienst in Harpen

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Man musste sich zugegebenermaßen selber einen ziemlich ordentlichen Tritt verpassen, um an diesem usseligen Sonntagabend des 16.11.14 den Übergang von der kuscheligen Atmosphäre des eigenen Wohnzimmers in den Nieselregen vor der Haustür zu schaffen und den Weg zur Harpener St. Vinzentius-Kirche zurückzulegen.
Dort wurde man dann allerdings noch im Moment des Eintretens in das hell erleuchtete kleine Gotteshaus wärmend vom Gesang des sich noch einsingenden Chores in Empfang genommen und für seinen Kampf mit dem inneren "Mpf" mehr als reich belohnt.

Unter dem Thema "Übergänge" hatten die Evangelische Kirchengemeinde Harpen und die Gospel-Family Bochum unter der Leitung von Christiane Hartmann zum dritten Gospel-Gottesdienst eingeladen. Mit von der Partie war dieses Mal auch Christiane Hartmanns Instrumentalpraktischer Kurs der Schiller-Schule, dessen 16-jährige und 18-jährige Teilnehmer ihren jeweiligen Solopart im „We are the world“ vor Lampenfieber zwar nicht immer ganz so stimmsicher, aber ausgesprochen mutig und mit bewundernswertem Selbstbewusstsein meisterten.

Es war wieder ein Gottesdienst mit Familienanschluss und Konzertcharakter, der neben dem Gemeindeleben auch das eigene Leben spürbar bereicherte und einmal mehr zeigte, dass sich die aus dem 2. Gospel-Gottesdienst mitgenommene Vorfreude auf die dritte Auflage zu Recht eingenistet hatte.
Die mittlerweile vertrauten Gesichter der knapp 30 Sängerinnen und Sänger der Gospel-Family, ihre stets aufs Neue gelebte Begeisterung an der Musik sowie die bewegte und bewegende Art des Vortrags verstanden das nasskalte Innere problemlos zu lockern und zu lösen.

Das gemeinsame Singen, das Mitklatschen und Freude ausdrücken dürfen, die Verteilung der Sänger im gesamten Kirchenraum und die Zulässigkeit des Applaudierens stellte über alle Sinne jene familiäre Verbundenheit aller Anwesenden her, in der ein Gottesdienst „im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ gefeiert werden sollte. Es fühlte sich stimmig an, und so wuchs denn auch die Neugier auf die kreative Auseinandersetzung der Mitglieder mit dem selbst gewählten Thema „Übergänge“, zu dem sie dieses Mal eine Power-Point-Präsentation vorbereitet hatten. Über Fotos, Sprichworte, Gedichte und einen Dialog ließen sie die Anwesenden in ebenso humorvoll-verblüffender wie nachdenklich stimmender Weise in die vielen unterschiedlichen, dem steten Wandel unterworfenen Lebensphasen eintauchen.

So hatte sich bis zu diesem Gospel-Gottesdienst mit Sicherheit noch nie jemand die existentiell wichtige Frage gestellt, die aktuell von Zwillingen im Mutterleib kontrovers diskutiert wurde: „Gibt es eigentlich ein Leben nach der Geburt?“ Dass die Nabelschnur doch der schlagende Beweis dafür sei, dass das Leben hier auf Dauer angelegt wäre, gab der Zweifler zu bedenken, während der optimistische der beiden seine hoffnungsvolle Sicherheit, dass es nach vorn und somit weitergehen müsse, schlüssig formulierte: „Es ist schließlich noch nie jemand von nach der Geburt zurückgekehrt.“

Wie viele Übergänge jeder Einzelne im Leben längst schon hinter sich gebracht hat, ohne sie für sich bewusst zu reflektieren, vermittelten die Fotos, die den Bogen von der Kindheit über Schule Ausbildung und Eheschließung bis hin zu Phasen schwerer Eskalation und zwischenmenschlicher Zerwürfnisse spannte, die durchaus in Versöhnung münden können. Eine Botschaft blieb dabei besonders tröstlich: „Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst Du im Heute von neuem beginnen.“

Pastor Gerald Hagmann führte das Thema in seiner Predigt weiter, indem er auf die vielen kleinen und großen Übergänge des alltäglichen Lebens hinwies, durch die der Einzelne gehen darf und gehen muss; Übergänge die sowohl Freude auslösen, als auch Angst machen können. Existentielle Übergänge anderer Menschen dürften dem Einzelnen vor lauter Sorge um eigene Nachteile nicht egal sein, jeder habe eine soziale Verantwortung. Angesichts der im Kirchenraum zu spürenden Leidenschaft der Gottesdienstvorbereitung durch die Gospel-Family und der anwesenden gospelbegeisterten Menschen werde deutlich, wie wichtig es ist, in seiner persönlichen Art ansteckend zu sein, um positive Übergänge zu ermöglichen und zu spüren, wie heilsam es sein kann, seinen Glauben in der Musik und im gemeinsamen Singen mit anderen zu bekennen. Sein Zuspruch lautete, dass es in allen Übergängen etwas gibt, das bleibt: „Es kann alles anders werden, als geplant. Gott ist treu!“

Die vom Gospelchor gewählten, gemeinsam gesungenen Lieder wie „Rückenwind“ von Martin Pepper, „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ nach Dietrich Bonhoeffer oder das anstelle des Glaubensbekenntnisses gesungene, sehr eingängliche und wunderschön empfundene „Unser Vater“ nach Zehendner und Scharnowski fügten sich sehr treffend in den Ablauf des Gottesdienstes und in den Tenor des Themas und der hoffnungsvollen Botschaften.

Hatte Pastor Gerald Hagmann gleich zu Beginn seine Freude darüber zum Ausdruck gebracht, dass das Gemeindeleben in Harpen durch so lebendige Ideen wie die Ausrichtung von Gospel-Gottesdiensten bereichert werde, so dankten ihm die Anwesenden nach Beendigung des Gottesdienstes mit anhaltendem Applaus für seine Offenheit und die Möglichkeit der Kirchennutzung für diese besondere Gottesdienst-Form, für deren Gestaltung auch Christiane Hartmann begeistert applaudiert wurde.

Als „spannend, wenn auch nicht immer schön“, bezeichnete sie die Übergänge des Lebens, da sie oft auch Angst machten. Man solle sie auch als Chance annehmen und sich sicher sein: „Du bist nicht allein!“

Und so entließen Chor und Kirchengemeinde die Anwesenden mit dem gesungenen Segen nach Manfred Siebold „Geh unter der Gnade, geh mit Gottes Segen, geh in seinem Frieden, was auch immer du tust. Geh unter der Gnade, hör auf Gottes Worte, bleib in seiner Nähe, ob du wachst oder ruhst“ in den Sonntagabend und in die neue Woche.

Mit ihrer gelungenen warmherzigen kirchlichen Veranstaltungen machten sie erneut neugierig auf mehr und so darf an dieser Stelle dafür geworben werden, dass am Samstagabend, 29.11.14 in der Christuskirche am Rathaus zum mittlerweile 11. Mal und somit traditionell die Gospel-Gala zum 1. Advent stattfinden wird: http://www.lokalkompass.de/bochum/kultur/gospel-family-laedt-zu-weihnachten-unter-strom-oder-doch-lieber-kerzenschein-d492998.html

Autor:

Sabine Schemmann aus Bochum

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