Prinz Regent Theater feiert 30-jähriges Bestehen mit eindrucksvoller Premiere
Theater am Puls der Zeit
Am vergangenen Montag stand mit "Der Reichsbürger" nicht nur eine Premiere im Prinz Regent Theater an, sondern die renommierte freie Bühne wurde auf den Tag genau 30 Jahre alt. Eine große Feier gab es nicht, aber die Gelegenheit wurde doch genutzt, um drei Jahrzehnte wechselvoller Theatergeschichte Revue passieren zu lassen.
Dabei ist es kein Zufall, dass mit "Der Reichsbürger" von Annalena und Konstantin Küspert ein Stück auf die Bühne kam, das ein hoch aktuelles Thema aufgreift und das, obwohl bereits 2018 in Münster uraufgeführt, wie ein Kommentar zu den teilweise antidemokratischen Protesten gegen die Corona-Politik der Bundesregierung wirkt. Vielmehr stehen der Künstlerische Leiter Hans Dreher und die Geschäftsführerin Anne Rockenfeller, die die Geschicke des Hauses seit 2018 bestimmen, damit in einer Tradition, die auch schon von ihren Vorgängerinnen gepflegt wurde. Immer wieder reagierte das Theater nämlich auf gesellschaftliche Entwicklungen.
So ist Sibylle Broll-Pape, die das PRT von 1995 bis 2015 als Theaterleiterin prägte, vielen noch mit ihrer pfiffigen Neudeutung von Dario Fos und Franca Rames "Offene Zweierbeziehung" in Erinnerung, die heteronormative Klischees geschickt unterlief, was 1997 keinesfalls selbstverständlich war. Die Inszenierung hielt sich gut 20 Jahre im Spielplan des Theaters.
Sibylle Broll-Papes Nachfolgerin Romy Schmidt demonstrierte mit ihrer Deutung von Thilo Refferts "Bilge Nathan", dass Integration und Toleranz oder gar echtes gegenseitiges Verständnis schwerer in die Tat umzusetzen sind, als Sonntagsreden es vermuten lassen. Das Stück, das auch an Schulen zur Aufführung kam, hielt dem Zuschauer den Spiegel vor.
Auch "Der Reichsbürger" ist nicht einfach eine Abrechnung mit denjenigen, denen andere gern das Etikett "Schwurbler" anheften. Regisseur Hans Dreher und Schauspieler Björn Geske konfrontieren auch diejenigen mit unangenehmen Wahrheiten, die sich gern über Reichsbürger (die sich selbst übrigens lieber als "Selbstverwalter" bezeichnen), lustig machen. Ein linksliberales Bürgertum, das den Mühen, die mit dem Zusammenleben verschiedener Kulturen eben auch verbunden sind, aus dem Weg geht, sollte eben auch vor der eigenen Tür kehren. Und die Kritik des Reichsbürgers an blinden Flecken des Sozialstaats wird ja nicht schon dadurch falsch, dass ein "Selbstverwalter" sie äußert.
Die Corona-Krise hat freie Bühnen wie das PRT massiv getroffen. Da führt eine Inszenierung wie "Der Reichsbürger" vor Augen, wie dringend das PRT gebraucht wird. Die Themen werden in einer immer unübersichtlicher werdenden Welt sicher nicht ausgehen. In diesem Sinne: Auf die nächsten 30 Jahre!
Termine:
"Der Reichsbürger" ist am Mittwoch, 22., und Donnerstag, 23. September, jeweils um 19.30 Uhr im PRT, Prinz-Regent-Straße 50-60, zu sehen.
Mehr Infos auf: prinzregenttheater.de.
Autor:Nathalie Memmer aus Bochum |
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