Urbanatix
Sport von der Straße
Es ist wie in einem Tanzfilm: Eine ehemalige Fabrikhalle in einem Hinterhof, an den Wänden hängen noch Reste von einem Kran. Vorne liegen Turnmatten, wie man sie aus einer Sporthalle kennt. Dahinter mannshohe Kästen und Boxen, Turnstangen und von den Decken hängen Seile mit Ringen. Aus den Boxen dröhnt Musik. Hier im „Open Space“ im Schatten des Bahnhofs Ehrenfeld treffen sich rund 30 Jugendliche: Die Truppe probt für die neue Urbanatix-Show "X", die ab 6. November in der Jahrhunderthalle zu sehen ist.
Von Fabian Schulenkorf
Zum Klatschen und den Anweisungen des Choreografen Takao sammeln sich die Jungs und Mädchen, die wenige Momente zuvor noch wie ein Flohhaufen umhergelaufen sind, Saltos geschlagen oder sich auf den Matten gelümmelt und ihre Späße gemacht haben.
Die Truppe formiert sich vor dem rund zehn Meter breiten Spiegel und plötzlich ist von dem vermeintlichen Durcheinander nichts mehr übrig: Diszipliniert und kontrolliert schieben sie ihre Arme nach links, springen nach rechts und formen Ketten, Kreise und werfen sich gegenseitig durch die Halle. Plötzlich springt einer der Tänzer in die Mitte, macht einen Handstand und dreht sich schwindelerregend im Kreis. Die Umstehenden feuern ihn frenetisch an, bis sie sich wieder in einer gekonnt einstudierten Choreografie zu einem Element zusammenformen.
Mountainbikes, Parcours und Tanz
Hip Hop, Breakdance und Krumping sind Tanzarten, die man in Ballett-, Opern- und Schauspielhäusern so für gewöhnlich nicht sehen würde. Diese Tänze kommen von der Straße, haben ihren Ursprung in der Hip-Hop-Bewegung unter afroamerikanischen Jugendlichen in Manhattan und der südlichen Bronx im New York der frühen 1970er Jahre, haben also ihre Wurzeln in Sub- und Jugendkultur. Genau da kommen auch die Akteure der Urbanatix-Show her.
Einer davon ist Fatmir Ziberi. Der 28-Jährige ist schon seit der ersten Aufführung dabei. Vom Tanzen war er schon immer begeistert. „Zusammen mit zehn Freunden bin ich dann zum Casting für die Show gegangen", erinnert sich der Tänzer. Mit Erfolg: „Christian hat uns dann direkt alle genommen.“ Seitdem ist er fester Teil der Show.
Höhepunkte aus zehn Jahren Urbanatix
Mit „Christian“ ist Christian Eggert gemeint. Der hat vor zehn Jahren das Projekt „Urbanatix“ ins Leben gerufen und leitet es bis heute. Dass er gleich die ganze Gruppe von Fatmirs Freunden in sein Team genommen hat, spricht auch für den Zusammenhalt, der innerhalb des Teams zu spüren ist: „Die Truppe hier ist wie ein Abbild unserer Gesellschaft. Wir haben Moslems, Christen und Atheisten, verschiedene Hautfarben und Charaktere, aber alle ziehen an einem Strang“, schwärmt Eggert. „Das ist so, wie's da draußen sein sollte.“
Auch Christian Fährenkemper ist begeistert von dem Zusammenhalt innerhalb der Gruppe: „Das ist hier wie eine große Familie.“ Der 25-Jährige führt in der Show Stunts auf seinem Mountainbike vor. Dafür probt er heute im Open Space und saust über die Holzrampen, die hinten in der Halle fast bis zur Decke reichen.
Früher hat er zusammen mit seinen Freunden mit Schaufeln und Paletten selbst Rampen und sogenannte Bikeparks gebaut. Vom 6. bis 17. November kann man dann sehen, wie er als einer von rund 40 Streetartisten in der Jahrhunderthalle auf der 18 Meter breiten Bühne über die extra dafür aufgebauten Rampen rast, meterhoch springt und dabei das Fahrrad um das Vorderrad dreht.
Autor:Fabian Schulenkorf aus Essen |
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