Stadtarchiv
Schaufenster Stadtgeschichte präsentiert das „Porträt von Rabbiner Moritz David“
Das „Schaufenster Stadtgeschichte“ präsentiert einmal im Monat ein besonderes Dokument oder Objekt aus den Beständen des Stadtarchivs - Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte. Auf diese Weise werden nicht nur historische Ereignisse oder Persönlichkeiten vorgestellt. Das „Schaufenster Stadtgeschichte“ gewährt auch einen Einblick in die bunte Vielfalt der historischen Zeugnisse, die zum kulturellen Erbe Bochums gehören und die im Stadtarchiv - Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte verwahrt werden.
Im Mai geht es um das „Porträt von Moritz David, Rabbiner der jüdischen Kultusgemeinde Bochum 1904–1936“. Interessierte können die Exponate auch im Stadtarchiv - Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte, Wittener Straße 47, besichtigen. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.bochum.de/stadtarchiv.
Auf den ersten Blick mögen Talar, Barett und Beffchen auf einen evangelischen Pfarrer schließen lassen – doch der jüdische Tallit, hier in Form eines einfachen Schals, gibt den entscheidenden Hinweis: Abgebildet ist Moritz David, der erste und langjährige Rabbiner der jüdischen Kultusgemeinde Bochum. Geboren 1875 im rheinpfälzischen Gimbsheim, wurde er nach dem Studium in Breslau und Erlangen, das er mit der Promotion abschloss, nach Bochum berufen. Die jüdische Gemeinde hatte damals – 1904 – etwa 800 Mitglieder.
David galt als hervorragender Redner, der den Menschen in der Gemeinde über die Jahrzehnte einen festen Halt bot und ihnen auch unter dem Schatten des Nationalsozialismus‘ Hoffnung auf die Zukunft machte. „Die Synagoge und seine Predigten waren damals für uns eine Oase in der braunen Wüste“, erinnert sich 1997 ein früheres Mitglied.
Nach einigen Haftwochen im KZ Sachsenhausen emigrierte David 1939 nach England und ließ sich – nach erneuter Internierung als „feindlicher Ausländer“ – mit seiner Frau Charlotte endgültig dort nieder. An der Neugründung der jüdischen Gemeinde Bochum nach dem Krieg nahm er aus der Ferne regen Anteil. Moritz David starb 1956 in Manchester. Im Mai 1998 wurde in Bochum die bisherige Wißmannstraße zu seinen Ehren umbenannt.
Das gezeigte Porträt stammt aus dem Fotostudio Louis Frohwein in der Hochstraße 19 (heute Kortumstraße). Es ist handschriftlich „Herrn und Frau Leo Baer freundschaftlichst zugeeignet. Bochum, Chanukah 1922.“ Leo Baer war Unternehmer im Metallhandel und mit seiner Ehefrau Else aktives Gemeindemitglied. Nach „Arisierung“ seiner Firma und Haft in Sachsenhausen emigrierte Baer 1939 nach Paris, wurde dort ebenfalls als „feindlicher Ausländer“ interniert, war mit der Fremdenlegion in Algerien stationiert und ging schließlich mit seiner Ehefrau nach Kanada, wo er 1991 starb.
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