Romy Schmidt bringt im Prinzregenttheater Rainer Werner Fassbinders "Angst essen Seele auf" auf die Bühne - der Stoff ist so aktuell wie 1974
„Es war immer mein Traum, ein Werk von Rainer Werner Fassbinder auf die Bühne zu bringen“, erklärt Romy Schmidt, Intendantin des Prinzregenttheaters. Dabei fiel ihre Wahl auf „Angst essen Seele auf“; Schmidt und ihre Mitstreiter arbeiten auf der Basis der Dialogliste des Films von 1974. „Damals“, blickt Schmidt auf die Entstehungszeit des Films zurück, „war die Gastarbeiterthematik zehn Jahre alt. Mittlerweile sind es 50 Jahre.“
Im Jahr 2017, im Angesicht der Wahlerfolge der AfD, erzählt das Prinzregenttheater die Geschichte des dreißigjährigen marokkanischen Gastarbeiters Ali (Linus Ebner) und der sechzigjährigen deutschen Hausfrau Emmi (Doris Plenert), die ein Paar werden und denen das Leben durch die Angst ihrer Mitmenschen vor dem Anderssein extrem schwer gemacht wird.
Die Rolle des Ali ist dabei bewusst mit einem Schauspieler ohne Migrationshintergrund besetzt. Schmidt erzählt: „Wenn sich Schauspielr mit erkennbarem Migrationshintergund vorstellen, scheint von vornherein klar zu sein, dass sie den Ali spielen. Damit habe ich ein Problem. Der Beruf des Schauspielers besteht ja gerade im Behaupten.“ - So spielt die Rolle Linus Ebner, der von sich sagt: „Natürlich kenne ich Berichte über Rassismus, habe aber selbst keine Erfahrung damit. Für mich ist Rassismus die primitivste Form von Ausgrenzung: Man verständigt sich auf ein Merkmal, das die Grundlage für Ausgrenzung bis hin zur Brutalität wird.“ - „Man sucht den Ausländer im Weißen und wird mit der Mechanik von Klischees konfrontiert“, merkt Dramaturg Frank Weiß an.
Die Zählebigkeit des Rassismus'
„Da stellt sich die Frage, warum es Rassismus immer noch gibt“, formuliert Schmidt und versucht sich an einer Antwort, „es geht um Macht. So ist jeder ein kleiner Rassist.“ - Ebner sieht in „Angst essen Seele auf“ folgerichtig ein Lehrstück im Brechtschen Sinne. Maximilian Strestik und Anne Hoffmann übernehmen den Part der Gesellschaft, die Ali und Emmi in Bedrängnis bringt. „Das Paar hat es auch aufgrund des großen Altersunterschied schwer“, sagt Regisseurin Romy Schmidt.
Frank Weiß äußert sich zur Bühnensituation: „Wir schaffen eine große Direktheit: Das Publikum wird ins Geschehen einbezogen und zur Reflexion angeregt. Der Zuschauer wird mit sich selbst konfrontiert.“
Wichtiges Stück angesichts des erstarkenden Rechtspopulismus'
„Entscheidend“, meint Schauspielerin Anne Hoffmann, „ist nicht die einzelne Erfahrung mit alltäglichem Rassismus, sondern die Aneinanderreihung solcher Vorfälle, an der die beiden Hauptfiguren scheitern müssen. Das ist insofern aktuell, dass Rechtspopulismus in vielen Ländern eine Rolle spielt – etwa in Österreich und Frankreich – und rassistische Äußerungen auch in Deutschland wieder salonfähig werden.“
Erstmals wird am Prinzregenttheater eine Produktion mit arabischen und englischen Unter- bzw. Übertiteln präsentiert. „Das bedeutet einen enormen Aufwand. Wir wollen damit das Publikum, das wir durch unser interkulturelles Theaterprojekt 'Grubengold' hinzugewonnen haben, ansprechen. Ich hoffe, dass andere Theater sich uns anschließen“, begründet Romy Schmidt diesen ungewöhnlichen Schritt.
Termine
Die Premiere von „Angst essen Seele auf“ am Freitag, 2. Juni, um 19.30 Uhr im Prinzregenttheater, Prinz-Regent-Straße 50-60, ist bereits ausverkauft. Im Anschluss an die Aufführung gibt es gegen 23 Uhr ein Konzert mit „Dezire“. Der Eintritt zum Konzert ist frei.
Für die Vorstellung am Samstag, 3. Juni, um 19.30 Uhr gibt es noch Karten.
Das Stück wird auch am Dienstag, 20. Juni, um 19.30 Uhr gezeigt. An diesem Termin besteht die Möglichkeit, an einem Inszenierungsgespräch teilzunehmen.
weitere Termine: Mittwoch, 21. Juni, 19.30 Uhr; Samstag, 1. Juli, 19.30 Uhr; Sonntag, 2. Juli, 19.30 Uhr.
Karten und Infos gibt es unter Tel.: 77 11 17 oder unter www.prinzregenttheater.de.
Autor:Nathalie Memmer aus Bochum |
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