Wahre Werte suchen keine Waren als Werte.
Philosophie zum Jahresbeginn

Philosphie zum Jahresbeginn
( Der Text ist aus meinem noch unveröffentlichtem Roman)
„In besseren Stunden wachen wir so weit auf, zu erkennen, dass wir träumen.“ ( Ludwig Wittgenstein)
Marita, die begabte Rationalistin und Freundin und ich hockten auf der knautschigen Couch meines kleinen Wohznzimmers und wir versuchten, dem näher zu kommen, was man Leben nennt.
„ Manchmal erkennen und überblicken wir nicht, was Ursache und Wirkung ist. Was denkst du, wann begann die erste Ursache und gibt es sie überhaupt?“
Ich sagte:
„In der Quantenphysik lässt sich kein Phänomen auf einen einzigen Zustand reduzieren, da das Beobachtete immer abhängig vom Beobachter ist, der mit seinem Beobachten sich selbst, das Beobachtete und das Beobachten verändert, in der Resonanz eines Prozesses. So versteht sich auch der Buddhismus, wenn er sagt, nichts existiere aus sich selbst heraus.“
Marita sagte lachend:
„ Dann sind wir also quantenmäßig sowohl Wellen als auch Teilchen? Und können wir das Leben, den Tod erkennen oder ist alles nur Zufall? Oder können wir unser Nichtwissen über den Zufall als Gott bezeichnen? In der Mystik erweiterte man den Gottesbegriffauf ein persönliches Erkennen. Giordano Bruno wie Jan H,  als Ketzer verbrannt, widersprachen den kirchlichen Dogmen, denn für sie war: - Alles in Allem und ein Alles aus Allem..-
Ich sagte:
"Im Westen verschrieb man sich dem Logos, der Vernunft als einziges Kriterium, und alte Geschichten und Legenden, Weisheiten und Geheimnisse wurden verdrängt, verschwanen unter rationaler Berechnung,  die geistigen Wurzeln, Erbe und Kultur der Menschheit sowie das sittliche Streben nach dem Gutem. Die alten Kulturen waren in vielen Punkten umfassender als wir. Wenn zum Beispiel Tesla recht gehabt hatte, wussten sie, wie sich Energie verstrahlt und bauten Energiesysteme, glaubten außerdem an eine immaterielle Wiedergeburt. Jetzt vernichtet die Fixierung auf Materielles, Überdehnung des Egos, und Identifizierung mit einer Kampfesideologie alte Tugenden und Werte, ein kulturelles Erbe. Wie bei einer Steinigung in einer römischen Arena, bei Hexenprozessen, beim Stierkampf und sogar beim Fussballspiel, werden animalische Kräfte erweckt und ins Absurde getrieben, und später wird man sagen:„Wir waren doch gar nicht dabei.“ Marita sagte:
„ Unser Wisssen ist nicht so eindeutig wie wir gerne annehmen würden.
Paulo Coelho hatte einmal eine beeindruckende Geschichte über Buddha erzählt: Buddha wurde gefragt: „ Gibt es Gott?“ - „ Ja, es gibt ihn.“ antwortete er dem Frager. Später wurde er von einem anderen gefragt: „Gibt es Gott?“ und er sagte: „ Nein, es gibt ihn nicht.“ Zuletzt fragte jemand: „Gibt es Gott?“ und er sagte: „Das musst du selbst entscheiden.“ - „Das ist doch absurd“ sagte ein Mönch und Buddha sprach von den unterschiedlichen Menschen, die unterschiedliche Antworten benötigten: „ Jeder nähert sich Gott auf seine Weise,“ sagte er, “ In der Gewissheit - der Negation - oder dem Zweifel.“
„Ja“ sagte ich: „Wenn Jesus sagte, - Mein Reich ist nicht von dieser Welt. - In der Welt habt ihr Angst,aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. - ging er von unterschiedlichen Dimensionen aus. Die Kirche, die Jesus als Opfer darstellen wollte, verleumdete damit die Unendlichkeit Gottes, als ob Gott mit den Menschen handelte.
In allen Zeiten auf allen Wegen suchten Menschen, dem Göttlichen näher zu kommen, im Zen mit der Ruhe des Körpers, im Sufismus gerade durch die Bewegung, im Orthodoxen im schwebenden schwingenden Gesang,oder im Trommeln oder der Tiefe des Digeridoo,  um nur einiges zu nennen. Menschen verehrten Götter, um auf einen Mittelpunkt zu streben, im Versuch, dem Grund des Seins nahe zu sein.
Marita sagte:
„ Indigene und alte Völker lebten in anderen Welten und anderem Wissen, doch die überheblichen Weißen übersahen ihren Wert.
Ist das der Fortschritt unseres Bewusstseins?
Dennoch, auch im Zweifel liegt Wachstum. Nur wenn Dr. Faust bei Goethe aber zu wissen glaubte, er sei dem Erdgeist gleich, wurde seine Hybris gebremst, denn dieser sagte:“Du gleichst dem Geist, den Du begreifst, nicht mir.“
Goethe war sicher, der Glaube stehe nicht am Anfang, sondern am Ende des Wissens.
Und die alte Kinderfrage lautet doch: - Wie kommt das Böse in die Welt?-
Als ich wie ein Kind spielte, sah ich den Ernst des Spiels nicht und glaubte, im Spiel das zu finden, was der Ernst verbarg, doch als ich erwachsen wurde, hatte dieses Spiel nur noch die Form eines Spiels und es wurde zum Ernst.
„Drewermann erklärt das Böse mit der Angst, Naturwissenschaftler mit dem Desinteresse des Universums, Darwin mit der Auswahl der Arten, Ökonomen mit gesellschaftlichen Zwängen, Tugendethiker mit dem Auflösen der Moral, Anthropologen mit dem tierhaften Erbe des Menschen.
Habe ich etwas vergessen? Zeigen nicht all diese Begründungen die Unfähigkeit des Menschen, Böses zu vermeiden und Gutes zu tun?“
Schopenhauer, der Spötter, sagte: „Wir haben die Welt im Kopf, aber den Kopf in der Welt“ und Roger Willemsen fragte einmal: „Was wollte das Bewusstsein, als es wurde?“  "Wahre Werte suchen keine Waren als Werte.“
Ich sagte:
Ein Bekannter erzählte von einem Streit mit einer muslimischen Nachbarin über das Kopftuch Tragen. Man versuchte, in den gefundenen Suren gegen ihre Überzeugung zu argumentieren und als falsch auszulegen. Ein erschreckendes Beispiel westlichen Hochmuts, über andere Religionen und Traditionen zu bestimmen.
Ernst Jünger erzählte aus dem Krieg von russischen Gefangenen, die aus Schweinetrögen fraßen und die die Deutschen daher als Untermenschen verachteten. Sie hatten keine andere Wahl, denn sie waren halb verhungert.
Geht es in die Köpfe nicht hinein, dass man einen Feind nur hassen und töten kann, als Vieh betrachten und verachten, wenn man ihm zuvor das eigene Bild eines Feindes übergestülpt hat?
Jaques Baud, ehemaliger NATO General, ging beim Betrachten von Kriegen von einer ganzheitlichen Sicht aus und sagte: Das eine Verbrechen oder Kriegsverbrechen rechtfertigt nicht ein anderes weiteres, denn wer Gewalt denkt, dient mehr der eigenen Sache als dem Ganzen. Wer in einem Unrecht nur die eigene Seite sieht, versteht die gesamten Zusammenhänge nicht.
Betrachtet man die Erde als einen unendlichen Raum, nicht astrologisch esoterisch, als könne das kleine Ich die Sterne steuern, so würde ein Suchender jeweils nur einen winzigen Ausschnitt, eine winzige Perspektive sehen, unvollkommen, weil Menschen unvollkommen sind.
Und Liebe scheint  wie eine ungewisse Welle des Universums, nicht festhaltbar, nicht bestimmbar, frei und ungebunden, ein seltenes Juwel, das vom umgebenen Schmutz bereinigt und ins Lebendige erhoben werden muss, wobei sinnliches Denken wie formbarer Ton erscheint, mit unterschiedlichen Schattierungen, Färbungen, Konstrasten, aber er bleibt in seiner Kenntlichkeit doch eben immer eines, nämlich Ton.
Marita feixte etwas, indem sie sagte:
„Ist das, was man Glück nennt, häufig nicht nur ein flüchtig hedonistischer Lustgewinn gegen die aufkommende Unlustvermeidung und Langeweile ? Und wünschte man es oft von anderen, nicht aber zu geben? In jedem Fall ist es Arbeit, Arbeit an sich selbst? Nun ja, das Gute lässt frei, das Böse zwingt und bindet. Liebe Leute, wenn eventuell die Schuldfrage der Deutschen nach der NS Zeit noch immer nicht wirklich geklärt ist, will man sich dann allen Ernstes in eine neue Schuld, einen neuen Krieg begeben?
Bindung und Bezug zersplittern, gefüllt mit Wertlosigkeiten, die als etwas Gutes geglaubt werden sollten, wobei kein Mächtiger einen Gesichtsverlust riskierte und lieber weiter log, wenn er gelogen hatt und Intellektuelle und Besserwisser anderen vorschreiben wollten, wie sie zu fühlen und denken haben, dabei hat doch jeder schon seinen eigenen Kopf.“
„Eugen Drewermann sagte, „Man kann seelenlos von Gott reden oder gottlos von der Seele, und Schopenhauer nannte die Lüge die intelligenteste Form der Gewalt.
„Ein Mensch ist ein Ganzes und Teil zugleich, so wie die Erde ein pulsierendes Wesen im unbegrenzten All ist, und wir uns in Resonanz von Körper, Geist und Sinnen im unübersehbaren Raum, dessen Dimensionen niemand kennt, befinden.
Wir brauchen neue Sternengucker, Heilige, Propheten, Künstler, die in den unterschiedlichen Fenstern und Spalten ins Ewige schauen, jeder aus seinem Blickwinkel und sich wie Religionen zu einer Gesamtheit verbinden. Die stets von ihrer Wahrheit Überzeugten sollte man bezweifeln, denn der Himmel öffnet sich nicht einem einzigen Fragenden, er ist überall."
Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
Bist alsobald und fort und fort gediehen
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen,
So sagten schon Sibyllen, so Propheten;
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt. ( Goethe )

Autor:

Ingrid Dressel aus Bochum

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