Mentor: Paten für den Weg durch den Buchstabendschungel

Immer weniger Kinder tun sich so leicht mit dem Lesen wie Julia, die in die vierte Klasse gekommen ist. Schülern, denen das Lesen schwer fällt, hilft der Verein „Mentor“. Zum Start des neuen Schuljahres suchen die Bochumer Vorsitzende Heidrun Abel und ihr Team noch viele Helfer  .  Foto: Molatta. | Foto: Foto: Molatta
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  • Immer weniger Kinder tun sich so leicht mit dem Lesen wie Julia, die in die vierte Klasse gekommen ist. Schülern, denen das Lesen schwer fällt, hilft der Verein „Mentor“. Zum Start des neuen Schuljahres suchen die Bochumer Vorsitzende Heidrun Abel und ihr Team noch viele Helfer . Foto: Molatta.
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Mit dem Start in das neue Schuljahr begann auch für 2731 Bochumer I-Dötzchen das Abenteuer Schule. Die größte Herausforderung für viele: das Lesenlernen. Manchen Kindern fällt der Weg durch den Buchstabendschungel leicht, andere dagegen tun sich schwer. Ihnen hilft der Verein „Mentor - Die Leselernhelfer“. Auf weitere ehrenamtliche Lesepaten ist er dringend angewiesen, denn die Zahl der Kinder, die ihre Hilfe brauchen, steigt von Jahr zu Jahr.

Julia mag die lustigen „Olchis“, Emma verschlingt die Krimis der „Drei ???“, Liya liebt „Liliane Susewind“: In Kinderbüchern warten eine Menge aufregender Abenteuer. Wer sie entdecken will, muss einfach nur Lesen lernen. Leichter gesagt, als getan: Denn gerade damit tun sich viele Kinder schwer. Oft fehlt ihnen die Unterstützung ihrer Eltern, etwa wenn diese selbst kaum lesen oder der deutschen Sprache gar nicht mächtig sind. Dann kommen die Leselernhelfer von „Mentor“ ins Spiel.
Das „Mentor-Prinzip“ ist ganz einfach: ein Kind – ein Pate – eine Stunde pro Woche. „Diese 1:1-Betreuung ist das Besondere, was Mentor ausmacht. Viele Kinder haben so etwas in ihrem Leben vorher noch nie erlebt“, macht Heidrun Abel deutlich. Die 61-Jährige ist Vorsitzende von Mentor Bochum, selber Lesepatin und Koordinatorin der ehrenamtlichen Paten für den Bezirk Wattenscheid.

Bedarf ist riesig

„Als wir 200 Lesepaten hatten, habe ich gesagt, dass wir doppelt so viele Helfer brauchen könnten. Jetzt sind wir 400 Mentoren – und wir haben längst nicht genug. Der Bedarf ist riesig.“
2007 ging das Mentor-Projekt in Bochum an den Start – inzwischen sind die Mentoren nicht nur an 60 Grundschulen aktiv, sondern auch an vielen weiterführenden Schulen. „Mentoren werden an allen Schulformen gebraucht“, macht Heidrun Abel deutlich. „Vor allem für Kinder, die über die Inklusion kommen, aber auch für Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund sind Mentor-Lesepaten auch nach der Grundschulzeit eine große Hilfe.“ Angefangen habe die Zusammenarbeit mt weiterführenden Schulen dadurch, dass für die ersten Kinder der Schulwechsel anstand und sie ihre Paten ‚mitnahmen‘. „So wurden auch Schulleiter weiterführender Schulen auf uns aufmerksam.“
Wer als Mentor-Leselernhelfer einem Kind bei seinem Weg durch den Buchstabendschungel zur Seite stehen will, muss nicht viel mitbringen außer Liebe zu Kindern, einem Führungszeugnis, einer Stunde Zeit pro Woche – und Geduld. „Man muss nicht mit dem vermeintlich guten Kinderbuch ankommen, sondern die Kinder dort abholen, wo sie stehen. Oftmals muss man mit ganz kurzen Texten oder Bilderbüchern anfangen“, weiß Heidrun Abel aus Erfahrung. Wichtig sei es allein, dass die Kinder Spaß an dem haben, was sie lesen, denn das Lesetraining soll sich deutlich vom „normalen“ Schulalltag abgrenzen. „Oft machen wir auch kleine Spiele mit den Kindern, bei denen es um Sprache, Buchstaben und Wörter geht.“
Natürlich gelinge es nicht, aus jedem Büchermuffel eine Leseratte zu machen, aber das sei auch nicht das Ziel: „Ich hatte mal einen Jungen, der mir am ersten Tag klipp und klar gesagt hat, dass er keine Bücher lese. Dabei ist es auch bis zum Ende geblieben – aber in der Zeit ist er zu einem begeisterten Zeitungsleser geworden.“
Die Mentoren arbeiten in den Schulen in enger Absprache mit den Lehrern. Diese schlagen aus ihren Klassen die Schüler vor, die am Mentor-Programm teilnehmen sollen. Häufig sind es Kinder, in deren Familien zuhause kein Deutsch gesprochen wird. „Und immer wieder müssen wir feststellen, dass es bei vielen Kindern zuhause kein einziges Buch gibt“, erzählt Heidrun Abel.

Begleiter für Schüler

„Unsere Mentoren sind in erster Linie Menschen, die selber gerne lesen und die wissen, dass man ohne diese Fähigkeit nicht durchs Leben kommt.“ Zwei bis drei Jahre lang arbeiten die Mentoren mit ihrem Schützling. Durch diese intensive Betreuung entsteht leicht ein Vertrauensverhältnis zwischen den Kindern und ihren Mentoren. „Wir erfahren viel über ihren Alltag und ihre familiäre Situation – Dinge, über die sie sonst vielleicht mit niemandem sprechen können.“ Oftmals, weiß Heidrun Abel, nehme man als Lesepate die Geschichten dieser Kinder mit nach Hause. Doch niemand, versichert sie, werde mit den Problemen allein gelassen: Es gibt regelmäßige Treffen der Lesepaten untereinander, mit den Koordinatoren in den Stadtteilen, mit Lehrern und darüber hinaus Fortbildungen. „Um diese zu finanzieren, können wir auch Spenden immer gut gebrauchen“, macht die Bochumer Vorsitzende deutlich.

Kinder selbstbewusster machen

Kinder lernen durch die Helfe von „Mentor“ nicht nur lesen – sie werden insgesamt selbstbewusster, melden sich im Unterricht, trauen sich mehr zu. „Eine Lehrerin hat es mal auf den Punkt gebracht“, erinnert sich Heidrun Abel, „sie sagte: ‚Sie tun den Kindern gut.‘“
 Wer ein „Mentor“ werden will, erhält weitere Informationen bei Heidrun Janssen, Tel.: 02327/79813 oder in der Buchhandlung Janssen, Brüderstrasse 3, Tel.: 13001.

Der Stadtspiegel Bochum unterstützt den Verein Mentor mit dem Erlös aus dem Verkauf seines Geburtstagsposters. Mehr dazu lesen Sie hier:

Stadtspiegel-Geburtstagsposter hilft Mentor

Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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