Kunstraum-unten zeigt Zeichnungen und Aquarelle der Künstlerin Yun Nam
Menschenbilder stehen für die 1991 geborene Yun Nam im Vordergrund ihrer Ausstellung im Kunstraum-unten in der Bochumer U-Bahnhaltestelle "Schauspielhaus". Die junge Künstlerin verbrachte ihre ersten Lebensjahre in Osnabrück, 1999 „wanderte sie nach Südkorea aus“ und durchlief einen Großteil ihrer künstlerischen Ausbildung in ihrer südkoreanischen Heimat. Seit 2009 ist sie Studentin an der Kunsthochschule Kassel.
Yun Nams handwerkliche Fähigkeiten stehen außer Diskussion. Die gezeigten Arbeiten aus verschiedenen Tusche- und Aquarellserien der letzten Jahre zeugen von ihrem hohen Können, das sich besonders durch eine ausgesprochen feine Arbeitsweise und technische Genauigkeit auszeichnet.
Ihre Motive findet sie vorwiegend im Internet, seien es Bilder aus der Kunstgeschichte oder aktuelle Nachrichten- bzw. Pressefotos. Was sie daraus schafft, sind allerdings keine Reproduktionen, sondern Zitate. So wird bei dem Bild “Das Jüngste Gericht” an dem sie über 4 Monate arbeitete oder der „Erschaffung des Adam“, ihr Stil schon offensichtlich aufgrund der Verwendung von Smileys, die ein gezwungenes Lachen zeigen und für die Entindividualisierung der Figuren stehen. Was sich in früheren Bildern in Form undeutlicher oder ausdrucksloser Gesichter darstellt, manifestiert sich hier in der Form dieser Smileys, die im Übrigen etwas ganz Zeitgenössisches in ein Bild aus der Renaissance bringen.
Kreativ zu sein heißt also für Yun Nam nicht noch nie Dagewesenes zu schaffen, weil für die Künstlerin alles schon mal irgendwie da war, sondern Vorhandenes zu nehmen und es dann in einen anderen interessanten Kontext zu bringen. So ersetzt sie auch Michelangelos Maria durch ein anderes Frauenbild, der Vorstellung einer perfekten Frau in unserem Zeitalter: Marilyn Monroe.
Stets versteht es die Künstlerin, ihre Inhalte aufs Neue in eine phantasievolle und zeitlose Form zu überführen, da sich ihre Realitätsvorstellung eben nicht in einer platten Abbildung des Gegebenen erschöpft.
Aber nicht jeder der Szenerien, die die Künstlerin Yun Nam ausbreitet mag man sich stellen. Ihre Motive haben es teilweise in sich. Wer sich ihren Bildern nähert, braucht teilweise starke Nerven. Ihre Motive sperren sich manchmal gegen voreilige Vereinnahmungen und bleiben dann auch einem gutwilligen Publikum gegenüber spröde und abweisend. Bisweilen erfordert es sogar Überwindung, nach dem ersten flüchtigen Blick einen zweiten folgen zu lassen. Dies gilt für die Schwarzweiß-Zeichnungen, die mit raffiniertem Strich seltsam deformierte und in Verwandlungsprozessen befindliche Figuren zeigen. Verdreht und verknotet, fügen sich die Abgebildeten zu neuen Konstellationen, wachsen zusammen oder durchdringen einander.
Das gilt ebenso für die 4 rundgemalten Bilder, welche jeweils eine OP-Szene darstellen und durch eine enorme Farbigkeit bestechen. Es sind ausschnitthafte Einblicke, in denen die Künstlerin organische Elemente des Menschen, die diesen als empfindendes und empfindliches, autonomes Wesen definieren und Technisch-Maschinenhaftes in ihrer Gegensätzlichkeit konstituiert. Diese Bilder gehen im wörtlichen Sinn „unter die Haut“. Dorthin blickt niemand gern. Hier wird nicht der schöne und im erotischen Sinn attraktive Körper gezeigt, sondern das, woraus der Mensch tatsächlich gemacht ist. Konträrer zum Zeitgeist, der beharrlich die Schönheit der Oberfläche feiert, kann man nicht liegen.
All diese Hinführungen können natürlich die Rätselhaftigkeit, die die Bilder beim Betrachter auslösen, nur bedingt mildern. Trotz aller Versuche, die Bilder zu kategorisieren und damit auch ansatzweise in ihrer Wirkung zu neutralisieren, bleibt ein gutes Stück Undurchdringlichkeit.
Ich bin grundsätzlich dagegen, die Kunst zu einer allgemeingültigen sprachlichen Aussage zu nötigen; mir ist da der Regisseur Roman Polanski viel näher, der einmal im Hinblick auf seine Filme gesagt hat, wenn er eine Botschaft hätte, dann würde er sie mit der Post verschicken. Auch im Fall von Yun Nam genügen die Bilder sich selbst.
Ausstellungseröffnung: 10.01.2014, 19:00 Uhr
Ausstellungsdauer: 10.01. - 14.02. 2014
Öffnungszeiten: Di und Fr 15:30 - 18:30 Uhr und nach Vereinbarung
www.kunstraum-unten.de
www.facebook.com/kunstraum.unten
Hattinger Straße 1 / Zwischenebene der U-Bahnhaltestelle Schauspielhaus
44789 Bochum
Autor:Gisbert Danberg aus Bochum |
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