Kirche mit Aussicht - Ökumenischer Neujahrsempfang im Bergbau-Museum
Vertreter der beiden christlichen Kirchen haben sich für eine präsente, offene und zugleich aber auch fragende und zuhörende Kirche ausgesprochen. Auf dem 14. Ökumenischen Neujahrsempfang der evangelischen und katholischen Kirche am Samstag im Bergbau-Museum folgen knapp 300 Gäste einer engagierten Podiumsdiskussion zur Zukunft der Kirche.
Zunächst begrüßte Gastgeber Superintendent Peter Scheffler die Gäste: „Ein Drittel der Deutschen ist nicht mehr religiös gebunden. Konfessionslose haben sich stabil im Normalzustand Konfessionslosigkeit eingerichtet. Ihnen scheint die Religion nicht zu fehlen.“ Mit dieser ernüchternden Feststellung müsse man sich auseinandersetzen, wenn über die Zukunft und Bedeutung von Kirche in der Gesellschaft diskutiert wird. „Zu beobachten ist ein Rückgang der Kirchenmitgliedschaft, des Gottesdienstbesuchs, der Teilnahme an den Sakramenten. Aufgrund der abnehmenden Breitenwirkung der religiösen Sozialisation kommt es zu einer kontinuierlichen Abnahme sowohl der Verbundenheit zur Kirche als auch der Religiosität.“ Scheffler benannte in seinen begrüßenden Worten an diesem Morgen klar die Probleme, mit denen beide Kirchen jetzt und in Zukunft zu kämpfen haben.
„Wir als Christinnen und Christen wollen uns eben von diesen Aussichten, von den manchmal schon bedrückenden Sorgen um die Zukunft der Kirchen nicht beherrschen und damit lähmen lassen. Wir wollen wegkommen, von den belastenden Gedanken, was alles nicht mehr geht, sondern unser Ziel ist es, auch die Chancen des Wandels begreifen und den Wandel mit zu gestalten“, sagte Scheffler weiter.
In ihrem folgenden Grußwort bekräftigte Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz die überaus wichtige Bedeutung der ehrenamtlichen Mitarbeit vieler Menschen in verschiedensten Bereichen der Stadt: „Das Ehrenamt ist alternativlos!“
Welche Aussicht könnte denn die Kirche in Zukunft haben?
Darüber diskutierten in einer sehr engagierten Runde auf dem Podium im Bergbau-Museum der Theologe und Soziologe Professor Reimer Gronemeyer, der Generalvikar des Bistums Essen, Monsignore Klaus Pfeffer, und der Direktor des Evangelischen Presseverbandes Westfalen und Lippe, Bernd Becker.
Als Input für diese Diskussionsrunde dienten fünf bewusst provokante Thesen zur Bedeutung von Kirche. „Der Wandel betrifft nicht das Christentum an sich, sondern eine bestimmte Sozialform, nämlich die Kirche als Organisation“, lautete etwa eine These.
WDR-Journalist Ralf Andreas Bürk moderierte die Gesprächsrunde und griff diese Aussagen dabei immer wieder auf. „Kirchen werden zu Kletterhallen oder Restaurants – aber es gibt auch immer noch die Sehnsucht nach Spiritualität, nach Antworten auf Fragen der Menschen.“
Schwindende Mitgliedschaft sei keineswegs nur ein Problem der Kirchen, bemerkte dazu Bernd Becker: „ Die Menschen treten auch massenweise aus Vereinen aus. Die Kirche ist so überflüssig wie noch nie und gleichzeitig ist sie so notwendig wie noch nie.“
Kirche müsse, wenn sie denn Aussicht haben wolle, da sein, wo die Menschen sind. Stattdessen sei aber ein Trend zur Zentralisierung vorhanden. „Die Nähe der Kirchen wird in Zukunft nur über die Beteiligung aller getauften Menschen möglich sein“, stellte Generalvikar Pfeffer, der „Mann der Botschaft und Mann der Verwaltung“, wie ihn Moderator Bürk vorstellte, fest. Denn hauptamtliche Kirchenmenschen wird es in Zukunft immer weniger geben.
Wie lassen sich junge Menschen für Kirche begeistern?
Es müssten ansprechende und angemessene Angebote gemacht werden, denn die Kirche habe den Auftrag, die Botschaft ansprechend rüberzubringen, hieß es dazu in der Runde. Dabei müsse aber auch eine große Vielfalt in der Ausübung des Glaubens auszuhalten sein.
Die vielen ehren- und hauptamtlichen Kirchenmitglieder, die im Bergbau-Museum zum Neujahrsempfang zusammen kamen, verfolgten die Diskussion mit großer Aufmerksamkeit.
„Die Aussichten sind nicht immer schön. Aber es liegt auch an uns, von welchem Bewusstsein wir uns leiten lassen. Es liegt auch an uns, welche Botschaften wir in die Welt hinaustragen. Und somit liegt es auch an uns, wie unsere Gesellschaft sich entwickelt.“ Mit dieser Erkenntnis bekräftigte Superintendent Scheffler die Aufgaben, denen sich die christlichen Kirchen zukünftig stellen sollten.
Autor:Rolf Stegemann aus Bochum |
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