Dusan David Parizek schlägt im Schauspielhaus einen Bogen von Euripides zu Elfriede Jelinek
Iphigenie unter Hooligans
Der Regisseur Dusan David Parizek wirft in seiner eigenwilligen Adaption der „Iphigenie in Aulis“ des Euripides', die er auf erhellende Weise mit Elfriede Jelineks „Ein Sportstück“ verknüpft, unangenehme Fragen auf: die nach der Massenbasis, die jeder Herrscher braucht, um Krieg führen zu können, und die nach der Rolle von Frauen bei gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Wer „Iphigenie“ vor allem in Goethes versöhnlicher Version kennt, wird im Schauspielhaus mit der verstörenden Vorgeschichte konfrontiert: Eine junge Frau soll geopfert werden, um den Verlauf des Krieges der Griechen gegen die Trojaner positiv zu beeinflussen, und sie erklärt sich schließlich selbst bereit, für das Vaterland zu sterben. Frauen befeuern jedoch noch auf ganz andere Weise den Krieg: Sie verehren die Soldaten als Helden und helfen so, die Kämpfer bei der Stange zu halten. Und sie sind heutzutage in vielen Armeen selbst als Soldatinnen aktiv.
Sport und Krieg
Dass Krieg nicht allein von einer Herrscherclique verantwortet wird, rückt die Inszenierung durch Einschübe aus Elfried Jelineks „Ein Sportstück“ in den Blick – und überbrückt dabei zweieinhalb Jahrtausende. Mit beißendem Witz entlarvt die österreichische Literatur-Nobelpreis-Trägerin den unerbittlichen Konkurrenzkampf im Sport als Blaupause für das Treiben der Hooligans – da ist es nur ein Katzensprung zum Bürgerkrieg.
Parizek schafft mit seinen Schauspielern ein faszinierendes Gewebe, in dem sich die Blutspur abzeichnet, die die europäische Geschichte durchzieht. Das hervorragende Ensemble – Jele Brückner, Svetlana Belesova, Anne Rietmeijer, Bernd Rademacher, Konstantin Bühler und Lukas von der Lühe – navigiert mit traumwandlerischer Sicherheit zwischen bitterem Ernst und abgründiger Komik. - Theater mit Langzeitwirkung.
Termine
- „Iphigenie“ ist am Donnerstag, 21. März, um 19.30 Uhr wieder im Schauspielhaus, Königsallee 15, zu sehen.
- weitere Termine: Mittwoch, 27. März, 19.30 Uhr; Freitag, 19. April, 19 Uhr; Sonntag, 21. April, 19 Uhr; Dienstag, 23. April, 19.30 Uhr (18.45 Uhr: Einführung); Freitag, 26. April, 19.30 Uhr (anschließend Publikumsgespräch mit Dusan David Parizek); Sonntag, 28. April, 17 Uhr.
- Karten gibt es unter Tel.: 3333 5555.
Autor:Nathalie Memmer aus Bochum |
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