Im Reich der Phantasie: 100 Jahre Katholische Bücherei Grumme

Wer kennt ihn nicht, den Struwwelpeter?
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Auf stolze 100 Jahre Büchereigeschichte kann die Katholische Öffentliche Bücherei der Kirchengemeinde Seliger Nikolaus Groß in Bochum-Grumme in diesem Jahr zurückblicken.
Diesem besonderen Jubiläum und der Bibel als dem „Buch der Bücher, ein Bestseller seit 2000 Jahren“, widmete sich am Sonntag, 16.Oktober 2011 die Messfeier in der
St. Liboriuskirche.

„Nicht diejenigen haben die Bücher recht lieb, welche sie unberührt in ihren Schränken aufheben, sondern sie Tag und Nacht in den Händen haben, und daher beschmutzet sind, welche Eselsohren darein machen, sie abnutzen und mit Anmerkungen bedecken“
(Erasmus von Rotterdam).

Was nutzt das schönste Buch und der edelste Einband, wenn es ungelesen in der Ecke liegt und die Herzen nicht erreicht? fragte Pastor Stephan Scheve zu Beginn der Dankmesse, um zur Bedeutung der Bibel als dem für Christen wichtigsten Buch überzuleiten.
In diesem größten und bedeutendsten Werk der Literatur steckten Hoffnung und Zuversicht, dass Gott mit uns durchs Leben geht. Es gebe den roten Faden auf dem Weg durchs Leben mit. Gott sei bei uns, er lasse uns nicht allein, auch wenn man in einer Sackgasse zu stecken scheine.

Seien die Texte der Bibel oft auch in schwieriger Sprache verfasst, so forderten sie uns doch heraus, sich ihnen zu nähern und sich zu fragen, was fördern und motivieren könne. Sie seien nicht wie Märchen, die keine Relevanz für unser Leben haben. Die Bibel solle uns ansprechen, sie müsse in unser Leben kommen. Manchmal sei es nur ein einziges daraus gehörtes Wort, das sich verankere und Halt gebe.

Mit dem 100-jährigen Jubiläum der Katholischen Öffentlichen Bücherei in Grumme verbinde sich Dankbarkeit und Freude, dass sich über die vielen Jahre hinweg immer wieder Menschen ehrenamtlich zusammengefunden haben, um Bücher bereitzustellen und andere aus einer Quelle schöpfen zu lassen, die sich längst nicht jeder leisten konnte. Der Erwerb eines Buches war nicht selbstverständlich. Diese soziale Komponente, das Teilhaben lassen anderer, sei auch heute noch so wichtig. Ein Miteinander zu ermöglichen mache unsere Gemeinschaft aus.

„Bücher sind nicht Denkmäler der Vergangenheit, sondern Waffe der Gegenwart“
(Heinrich Laube, 1806-1884)

In der Gemeinde St. Liborius habe man seinerzeit mit ca. 100 vorwiegend religiösen Büchern begonnen. Heute seien es vielfältige moderne Medien, die die Nutzer ansprechen. Dabei sei Bücherei weit mehr, als ein Ort der Ausleihe. Man finde sich zusammen, nehme aneinander Anteil und komme miteinender ins Gespräch. Dass auch Kinder und Jugendliche vertreten sind und Fernsehen und Computer doch noch Raum für Bücher lassen, bereite dabei Freude.
In der heutigen Gesellschaft werde in kurzer Zeit viel konsumiert, oft aber nur für den kurzen Augenblick. Die Aussagekraft von Büchern sei hingegen vielgestaltig. Ihr Wert liege in der Vermittlung des vielfältigen Miteinanders der Menschen in Vergangenheit und Gegenwart.

„Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt“ (Jorge Borges)
Mit der Neustrukturierung der Kirchengemeinden und der Aufgabe des Kirchenstandortes Hl. Kreuz an der Castroper Straße haben sich Ende 2008 die ursprünglich eigenständigen Büchereien St. Liborius und
Hl. Kreuz zur Bücherei Seliger Nikolaus Groß zusammengeschlossen.
Sieben Frauen und mehrere Jugendliche engagieren sich seitdem im Gemeindezentrum an der Kaiseraue ehrenamtlich, um der Gemeinde auch weiterhin einen kostenfreien Zugriff auf Bücher zu ermöglichen.

Die mit 2700 Werken vergleichsweise kleine Bücherei bietet eine breite Palette unterschiedlicher Medien und wird auf eine ausgewogene Weise allen Altersgruppen der Gemeinde gerecht. So gehören neben der „schönen Literatur“ zahlreiche Kinder- und Jugendbücher, Bilderbücher, Comics, Sachbücher für Kinder und Erwachsene, aber auch Hörspielkassetten, Hörbücher für Erwachsene und Spiele zum Angebot.

Die Mitarbeiterinnen beschränken ihre Tätigkeit nicht auf die Ausleihe und die Pflege des Bestandes. Mit einer Reihe wiederkehrender Aktionen weiß man die Gemeinde auf vielfältige Weise aus dem Alltag abzuholen und zu begeistern.
So profitiert der direkt nebenan liegende katholische Kindergarten St. Liborius vom wöchentlichen Besuch der Lesepaten, die mit den Kindern in der Kuschelecke Bilderbücher lesen. Wer nicht schon die Kleinen einlädt, in die Welt der Bücher einzutauchen, wird sich später nicht darüber wundern müssen, wenn die Leser fehlen.
Den Vorschulkindern wird mit der Möglichkeit des Erlangens eines Bibliothekführerscheins die selbständige Nutzung der Bücherei vermittelt, um sie im Umgang mit den Büchern, aus denen ganz viel Wissen krabbelt, für ihre Schulzeit fit zu machen.

„Wer Bücher kauft, kauft Wertpapiere!“ (Erich Kästner)
Wer in der Vergangenheit das umfangreiche Programm zur „Nacht der offenen Bibliotheken“, den Buchflohmarkt zum Pfarrfest, die Kommunionbuchausstellung und die jährlich zur Zeit des Volkstrauertags stattfindende Buchausstellung miterlebt hat, der weiß um die Begeisterung der von Büchern infizierten Mitarbeiterinnen und deren Identifizierung mit dem „Lebensraum Bücherei“.
Auch der im Anschluss an die Dankmesse im Gemeindezentrum ausgerichtete Empfang mit einer Ausstellung antiquarischer Bücher aus Privatbesitz sprach deutlich von der Liebe im Umgang mit dem gedruckten Werk.

„Ein Leben ohne Bücher ist wie eine Kindheit ohne Märchen, ist wie eine Jugend ohne Liebe, ist wie ein Alter ohne Frieden“ (Carl Peter Fröhling)
Wer regelmäßig Büchereien aufsucht, ohne unter der Last der geliehen Bücher aufzustöhnen und sie anschließend auf dem Nachttisch aufstapelt, um die schlaflosen Nächte in die Zukunft zu retten, kann sich ohne Zweifel emotional in das Zitat hineinversetzen.
Ein Leben ohne Bücherei in der Gemeinde ist wie ein Leben ohne Wärme, ist wie ein Leben ohne Rückzugsräume, ist wie ein Leben ohne Paradies der Träume, ist irgendwie … kein Leben.

Autor:

Sabine Schemmann aus Bochum

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