„Ich träume inzwischen schon von Baggern“

Die französische Companie Beau Geste zeigt an der Viktoriastraße den spektakulären Pas de Deux von Mensch und Maschine. Die Fidena bringt Künstler aus Großbritannien, Belgien, Ungarn, der Schweiz, Israel, Kanada und Australien nach Bochum. Foto: Fidena | Foto: Foto: Fidena
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  • Die französische Companie Beau Geste zeigt an der Viktoriastraße den spektakulären Pas de Deux von Mensch und Maschine. Die Fidena bringt Künstler aus Großbritannien, Belgien, Ungarn, der Schweiz, Israel, Kanada und Australien nach Bochum. Foto: Fidena
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Bei der diesjährigen Fidena sind Grenzüberschreitungen wieder Programm

Wenn die künstlerische Leiterin eines Figurentheaterfestivals nachts bei dem Gedanken an schwere Baufahrzeuge hochschreckt, kann das durchaus mit ihrem Beruf zu tun haben. So jedenfalls bei Fidena-Chefin Annette Dabs, denn das Baugerät spielt einen nicht unwesentlichen Part bei einer der spektakulärsten Aufführungen des Figurentheaterfestivals: „Schwertransport“, ein „Pas de Deux“ von Mensch und Bagger auf dem Platz neben der Marienkirche.

Umtriebig wie sie ist, hat Annette Dabs inzwischen auch dieses Problem gelöst: „Eine Straßenbaufirma leiht uns das Gerät.“ Pünktlich am 14. Mai rollt der 19-Tonner per Tieflader an. „Ich gehe ja immer ziemlich naiv an so etwas heran - und hätte nie gedacht, dass allein der Transport hierher regulär über 2000 Euro kosten würde.“
Großformatiger Baggertanz oder intimes Handpuppenspiel, temperamentvolle Trommel-Performance oder Poesie ohne Worte - in diesem Jahr geht die Fidena ihren eingeschlagenen Weg, nämlich die Grenzen des traditionellen Figurentheaters auszudehnen und zu überschreiten, konsequent weiter.
Ausgeweitet wird aber auch der Aktionsradius des Festivals: Nachdem schon in den letzten Jahren die Herner Flottmann-Hallen regelmäßig zur Spielstätte wurden, ist diesmal auch Essen mit im Boot: Die Eröffnungsgala findet am 10. Mai im edlen Ambiente der Essener Lichtburg statt und am ersten Wochenende wird der Schlosspark Borbeck bespielt. Der Schritt nach Essen sorgte für manche Irritationen: „Als wir Herne hinzugenommen haben, hat das niemanden verwundert.“ Doch Annette Dabs wiegelt alle Mutmaßungen ab, die Fidena wolle noch größer werden: „Dann wäre es irgendwann nicht mehr das Festival, das die Menschen kennen und lieben. Es würde mit Sicherheit unpersönlicher. Und zehn Tage volles Programm in drei Städten - das ist schon an der Grenze dessen, was unser Team leisten kann.“
Insgesamt holt die Fidena vom 10. bis zum 20. Mai 20 internationale Produktionen ins Ruhrgebiet, die oft genug auch die Grenzen des traditionellen Theaterraumes sprengen. „Die Leute glauben immer noch, Figurentheater sei nicht viel mehr als kleine Studioproduktionen“, so die Erfahrung von Annette Dabs. „Natürlich haben wir die auch dabei - aber selbst diese Produktionen sind oft technisch hochkomplex.“
Eine Vielzahl der Produktionen aber lässt die klassische Theaterbühne hinter sich. So wird der leere Parkplatz neben der Marienkirche gleich zwei Mal zum Schauplatz einer Open-Air-Veranstaltung: Neben dem „Baggertanz“ am Montag, 14. Mai, um 16 und 18 Uhr, ist hier am Samstag, 19. Mai, ab 21 Uhr, die haushohe Schattenperformance „Weißes Blatt“ zu sehen. In beiden Fällen ist der Eintritt frei. Und Bruno Pilz, schon im letzten Jahr bei der „Zwischen-Fidena“ in Bochum zu Gast, lädt am 19. und 20. Mai zur Neuauflage seines interaktiven Parcours durch den Weitmarer Schlosspark auf den Spuren von Alice im Wunderland ein. „Die Menschen, die das 2011 erlebt haben, waren so begeistert, dass wir uns entschlossen haben, ihn noch einmal einzuladen“, berichtet Annette Dabs. Und während sich Erwachsene mit Kopfhörern auf eine wundersame Reise durch den Schlosspark einlassen, können Kinder ab 9 Jahren das klassische Märchen „Hänsel und Gretel“ im Melanchthonsaal in Form einer Installation, in der sich Theater und bildende Kunst vereinen, völlig neu erleben.
Bochumer Spielstätten sind darüber hinaus das Prinz-Regent-Theater, das Theater Rottstr5, das „Thealozzi“, die „Goldkante“ und das Schauspielhaus. „Wir sind sehr froh darüber, wieder in den Kammerspielen und im Theater Unten sein zu können“, gibt Annette Dabs zu. „Nachdem wir durch die Zusammenarbeit mit der Ruhrtriennale vor einigen Jahren mit unserem Festival in den Herbst gerutscht sind, war die Terminfindung mit dem Schauspielhaus nahezu unmöglich.“ Jetzt hingegen gestalte sich die Zusammenarbeit wieder äußerst erfreulich. „Nicht nur im Schauspielhaus, sondern in all unseren Spielstätten sind wir gern gesehen Gäste. Ich finde, das zeigt die Wertschätzung, die die Fidena genießt.“
Der rote Faden, der das diesjährige Fidena-Programm durchzieht, ist eigentlich ein weißer - das weiße Blatt Papier nämlich, das beschrieben, bemalt oder ganz vielfältig benutzt werden kann: „Der Vorgang des kreativen Schöpfens steht im Mittelpunkt gleich mehrerer Produktionen im Mittelpunkt.“ Bewusst geworden ist Annette Dabs das allerdings erst beim Zusammenstellen des Programms: „Ich hätte blind sein müssen, um das nicht zu sehen.“

ZAHLEN & FAKTEN

Die Fidena 2012 findet von 10. bis 20. Mai in Bochum, Herne und Essen statt und wird vom Deutschen Forum für Figurentheater und Puppenspiel (dfp) mit Sitz an der Hattinger Straße organisiert.
20 Gruppen aus 11 Nationen zeigen 30 Vorstellungen an 12 Spielstätten, darunter sind 6 Deutsche Erstaufführungen.
Veranstaltungsorte in Bochum sind der Melanchthonsaal, der Marienplatz, das Schauspielhaus, das Prinz-Regent-Theater, das Rottstr5-Theater, das Kulturhaus Thealozzi, der Schlosspark Weitmar und die Goldkante.
Das Programm und weitere Informationen gibt es unter www.fidena.de.
Karten gibt es im Vorverkauf direkt beim Veranstalter unter Tel.: 47720 oder karten@fidena.de.

Die französische Companie Beau Geste zeigt an der Viktoriastraße den spektakulären Pas de Deux von Mensch und Maschine. Die Fidena bringt Künstler aus Großbritannien, Belgien, Ungarn, der Schweiz, Israel, Kanada und Australien nach Bochum. Foto: Fidena | Foto: Foto: Fidena
Anette Dabs: „Mein ganz persönliches Highlight ist das Stück ‚2-Dimensional Life of Her‘ am 17. Mai in den Kammerspielen - eine Performance aus Papier, Projektionen und Puppentrick  - die reinste Anarchie der Kunst.“ Foto: Molatta | Foto: Foto: Molatta
Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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