„Ich bin ein Lichtmensch“ - Technikerin Awa Winkel gibt Einblick in ihre Arbeit am Prinzregenttheater
Der Lokalkompass stellt im Rahmen einer Serie verschiedene Mitarbeiter des Bochumer Prinzregenttheaters näher vor, um einen Einblick in die verschiedenen Theaterberufe zu geben und die Menschen, die die Arbeit der renommierten Bühne prägen, vorzustellen. In den ersten drei Teilen ging es um den Regisseur Frank Weiß, die Theaterpädagogin Clara Nielebock und die Fotografin und Bühnenbildnerin Sandra Schuck. Diesmal kommt Awa Winkel, die an der Prinz-Regent-Straße ihre Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik absolviert, zu Wort.
„Heute habe ich zwei Aufgaben zu erledigen“, blickt Awa Winkel auf die anstehenden Arbeiten voraus. Im Tagesverlauf wird sie sich zum Probenraum in der Nähe der Innenstadt aufmachen, um die Premiere des Stücks „Extremophil“, die am 20. April ansteht, vorzubereiten. Zunächst muss sie allerdings mit ihren beiden Kollegen das Licht für „Woyzeck“ hängen – Georg Büchners unverwüstlicher Klassiker steht am Abend auf dem Spielplan. Die für das Bühnenbild charakteristischen durchsichtigen Vorhänge sind bereits aufgehängt worden. „Die Zwischenräume sind gerade so breit, dass wir die Lampen anbringen können“, erläutert Winkel.
Die Lichtregie hat es Awa Winkel angetan
„Lampen“ ist bereits das richtige Stichwort, denn speziell die Lichtregie hat es der jungen Technikerin angetan. „Meine erste Arbeit am Prinzregenttheater war 'Spieltrieb' nach Juli Zehs Roman; da war mir der Theaterraum noch völlig unbekannt. Rückblickend muss ich sagen, dass diese Arbeit des Jugendclubs Junge Prinzess*innen ein super Einstieg für mich war“, erinnert sich Awa Winkel. „Spieltrieb“ war allerdings nicht die erste Inszenierung, die Awa Winkel „geleuchtet“ hat, wie es im Fachjargon heißt. „Ich habe 2014 an der Schiller-Schule Abitur gemacht“, blickt die gebürtige Bochumerin zurück und fährt fort, „da ich immer gern Theater gespielt habe, wollte ich zunächst Schauspielerin werden und habe auch an der Folkwang Universität vorgesprochen, war der Sache aber schnell überdrüssig. Ich habe dann ein Praktikum am Rottstr5-Theater gemacht und dort als Regieassistentin gearbeitet. Außerdem habe ich die Lichtregie bei 'Krieg' und 'American Psycho' übernommen und schnell gemerkt, dass das genau ist, was ich machen will. Anderthalb Jahre später habe ich dann gelesen, dass das Prinzregenttheater einen Ausbildungsplatz zu vergeben hat.“
Das Vorstellungsgespräch ließ nicht lange auf sich warten und verlief erfolgreich. „Die Arbeit hier macht viel Spaß. Der kleine Rahmen des Prinzregenttheaters ermöglicht es mir, aktiv mitzugestalten“, bedauert Winkel, dass Intendantin Romy Schmidt die Bühne im Sommer verlassen wird. Voraussichtlich wird Awa Winkel ihre Ausbildung Anfang 2019 abschließen, ob am Prinzregenttheater oder anderswo, ist noch nicht klar.
Licht erzeugt Stimmungen
Winkel hat auch die Lichtregie bei der wohl erfolgreichsten Produktion in Romy Schmidts Intendanz übernommen: „Die Schöne und das Biest“. Die Technikerin erzählt: „Ich arbeite gern mit Romy Schmidt zusammen, weil man mit ihr richtig in das Bühnengeschehen eintauchen kann. Meine Aufgabe ist es, Stimmungen zu schreiben, also das Licht auf die jeweilige Atmosphäre abzustimmen. Dadurch schaue ich von einer ganz anderen Seite auf das Stück.“
Dabei entpuppte sich das Märchen „Die Schöne und das Biest“ für Awa Winkel und ihre Kollegen als große Herausforderung. „Von oben kommen zum Beispiel Kuchen, ein Croissant und ein Eis aus Pappmaché auf die Bühne geschwebt. Insgesamt sind das 16 Gegenstände. Das Problem dabei ist, dass wir im Gegensatz zum Schauspielhaus nicht über einen Schnürboden verfügen“, denkt Winkel zurück. Die Lösung: „Wir haben Seilklemmen verwendet, die sich von selbst festziehen. Die kommen sonst beim Segeln zum Einsatz. Den Schauspielern darf schließlich nichts auf den Kopf fallen. Da auch ein Glaskasten von der Decke kommt, ist das besonders wichtig.“
Bei einer Produktion wie „Die Schöne und das Biest“ sind die Leitlinien der Lichtregie klar: „Durch das Grundlicht werden die Schauspieler gut angeleuchtet, damit man sie sieht. Vor allem ihre Augen müssen für die Zuschauer gut zu erkennen sein. Wechselnde Farben bringen Magie ins Bühnenbild. Das Licht erzählt den Raum und erzeugt Stimmungen.“
Ein Theaterstück wie ein Konzert
Ganz anders gestaltet sich die Arbeit der Lichtregisseurin bei der Stückentwicklung „Sisyphos“. „Die Positionen, die der Schauspieler Linus Ebner während der Aufführung einnimmt, sind nicht exakt festgelegt“, erläutert Winkel und zieht die Schlussfolgerung, „das Ganze ist eher wie ein Konzert zu leuchten. Ich setze dabei einen Verfolger ein, um Linus Ebner immer im Fokus zu haben. Dadurch ist ein sehr freies Arbeiten möglich und ich habe für 'Sisyphos' mein bisher schönstes Licht entworfen.“
Der Weg dahin war allerdings steinig, wie sich Awa Winkel erinnert: „An der Passage, in der Linus Ebner scheinbar endlos Rainer Maria Rilkes Gedicht 'Der Panther' rezitiert, haben wir drei Stunden gearbeitet und am Ende war ich nur noch verwirrt.“ Die Mühen haben sich jedoch gelohnt. „Das Stück hat keine Szenen, wie man sie aus anderen Dramen kennt“, verweist die angehende Veranstaltungstechnikerin auf die Besonderheiten dieser Inszenierung und erinnert sich, „wir hatten zunächst damit gerechnet, dass Zuschauer aufstehen und gehen könnten, weil ihre Erwartungen nicht erfüllt werden. Genau das Gegenteil war der Fall; ich selbst bin manchmal so fasziniert, dass ich fast vergesse, Linus Ebner mit dem Licht zu verfolgen. Bei 'Sisyphos' ist wirklich jeder Abend anders.“
Neugierig auf Ton und Musik
Durch die Mitarbeit des Musikers und Performers Martin Widyanata war „Sisyphos“ für Awa Winkel auch noch in anderer Hinsicht ein Aufbruch zu neuen Ufern: „Ich habe drei Stunden mit ihm am Sound gefeilt. Wir haben unsere Positionen im Raum verändert, um zu erfahren: 'Wie hört sich das denn hier jetzt an.' Eigentlich bin ich ein Lichtmensch, aber durch die Zusammenarbeit mit Martin Widyanata, der ein toller Komponist und DJ ist, bin ich auf Ton und Musik neugierig geworden.“ Dabei hat Winkel das Publikum immer fest im Blick: „Ohne die Zuschauer gäbe es ja keinen Grund, das alles zu machen.“
Bevor Romy Schmidt das Prinzregenttheater verlässt, werden noch zwei Premieren über die Bühne gehen: „Extremophil“ und „Beruf: Eulenspiegel“. „Da ich noch nie mit dem Regisseur Frank Weiß zusammengearbeitet habe, habe ich darum gebeten, diese beiden Produktionen als Technikerin betreuen zu dürfen“, erzählt Winkel und fährt fort, „unseren Probenraum, die 'Prärie', wo wir derzeit an 'Extremohil' arbeiten, habe ich selbst gestaltet. Wir haben hier einen Ort geschaffen, an dem man sich geborgen fühlt. Dass das Ende Juni vorbei ist, finde ich sehr schade.“
Zum Weiterlesen
Viele Informationen zum Prinzregenttheater gibt es unter www.prinzregenttheater.de.
Autor:Nathalie Memmer aus Bochum |
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