Helden, Legenden & Leidenschaften
Buch und Ausstellung: Fotograf Thomas Solecki erinnert an die Glanzzeiten des VfL
Am Anfang stand der Ärger. Ärger über die Situation beim VfL in den letzten Jahren, das ewige Auf und Ab, den Umgang mit Fans, Spielern, Trainern. „Ich war total unzufrieden“, bekennt Fotograf Thomas Solecki freimütig. „Früher war ich eigentlich immer im Stadion, zuletzt bin ich kaum noch hingegagen.“ Dem Negativ-Image wollte der Bochumer Fotograf etwas entgegen setzen, an die „Goldenen Zeiten“ des Vereins erinnern und an die Menschen, die den Verein zu etwas ganz Besonderem machten. Heraus gekommen ist der Bildband „1848 Gold - Helden, Legenden Leidenschaften“. Mit einer Ausstellung, die am Freitag, 18. November, im Atrium der Stadtwerke am Ostring eröffnet wird, wird das Buch jetzt, der Öffentlichkeit vorgestellt.
Alles begann mit einem Portraitfoto von Ex-Stadionsprecher und Jugendleiter Erwin Steden, das der Bochumer Fotograf im letzten Jahr aufnehmen sollte. „Er war sehr zufrieden und meinte, dass ich ja auch mal Ottokar Wüst fotografieren könnte.“ Thomas Solecki nutzte die Gelegenheit, den Ehrenpräsidenten des VfL in dessen Wohnung zu fotografieren - und weiß heute, wieviel Glück er dabei hatte. „Kurz danach erkrankte Ottokar Wüst. Davon erholte er sich nicht mehr richtig.“ Im Juni dieses Jahres starb der Mann, der den Verein von 1966 bis 1993 als Vorsitzender führte und ihn über Jahrzehnte prägte, wie kaum ein anderer.
Zunächst plante Thomas Solecki, die Fotos als Grundstock für einen Kalender zu nehmen, doch schon bald war klar, dass daraus ein Buch werden sollte. Schon einmal, 2009, hatte sich der Fotograf mit seinem Buch „Traumstadt Bochum“ mit seiner Heimatstadt künstlerisch auseinander gesetzt.
46 weitere Bilder entstanden - alle in diesem Jahr. Sieben Monate und über 1000 Arbeitsstunden und unzählige Telefonate liegen hinter ihm. Menschen wie Ralf Zumdick, Thomas Kempe, Ralf Schafstall oder Jupp Kaczor prägten den Verein über viele Jahre und werden noch heute mit dem VfL in Verbindung gebracht. Hinter Soleckis Buch steht auch eine Sehnsucht - die Sehnsucht nach diesen „Goldenen Zeiten“, nach der Geschlossenheit einer Mannschaft, die mit Kampfgeist und Willen Erfolge erzielt, die man der vorgeblichen „grauen Maus“ gar nicht zutraut.
„Ich war mit 14 zum ersten Mal im Stadion, mit meinem Kumpel Oliver“, erinnert sich der 40-Jährige. Welches Spiel seine Ruhrstadion-Premiere war, das weiß Thomas Solecki heute nicht mehr - „aber ich erinnere mich zum Beispiel noch gut an den schweren Unfall des Kölner Torwarts Toni Schumacher beim Gastspiel der Kölner im Ruhrstadion.“ Die 1980er Jahre, das war „seine“ Zeit, auch die 1990er mit der Europapokal-Premiere des VfL prägten ihn. Kein Wunder also, dass viele der „Helden“, die Thomas Solecki für sein Fotoprojekt auf seiner Liste hatte, in dieser Zeit auf dem Rasen des Ruhrstadions standen - Uwe Leifeld, Thorsten Legat, Thomas Kempe oder auch Thomas Stickroth und Dariusz Wosz. „Gemeinsam mit Ata Lameck und Harry Fechner, dem Vorsitzenden der Alten Herren, bin ich die Liste durchgegangen. Sie haben mir geholfen, sie zu ergänzen um die Namen aus den 1970er Jahren, die damals die ‚Unabsteigbaren‘ ausmachten. An diese Zeit kann ich mich ja aktiv gar nicht erinnern.“
Doch nicht nur ehemalige Spieler finden sich in Thomas Soleckis Bildband: „Lameck und Fechner haben darauf bestanden, dass unbedingt auch Christa Ternow und Christa Jewers, die langjährigen Sekräterinnen der Geschäftsstelle, potratiert werden müssten. Ebenso wie Vereinsarzt Joachim Schubert. Einfach, weil sie in ihren ebenso dazu gehörten wie die Spieler und das Wesen des Vereins ausmachten.“
In der zweiten Rubrik „Leidenschaften“ widmet sich Thomas Solecki darüber hinaus den Fußball-Beobachtern Fans des VfL - der gebürtige Bochumer Komiker Hans-Werner Olm ist ebenso darunter wie Elli Altegoer oder Reporter Günther Pohl, um dessen Gesundheit Radiohörer schon bei so mancher Live-Reportage gefürchtet haben.
„Eigentlich“, so blickt er zurück, „war es gar nicht so schwierig, an die einzelnen Leute ranzukommen. „Nur vor dem Anruf bei Klaus Fischer hatte ich etwas Muffensausen. Aber spätetestens ab dem zwölften Bild wurde die ganze Sache zu einem Selbstläufer.“ Sogar jemand wie der einstige Torjäger Hans Walitza, der sich inzwischen komplett vom VfL losgesagt hat, stellte sich bereitwillig vor Thomas Soleckis Linse. Absagen gab es keine, darauf ist er stolz. 48 ganz unterschiedliche Portraits sind so entstanden. „Es ist eine Serie, die im Laufe der Zeit gewachsen ist.
Thomas Solecki fotografierte so, wie es ihm am liebsten ist: schwarzweiß, komplett analog, mit einer Hasselblad-Mittelformat-Kamera, im quadratischen Format. „Ich habe die Leute immer gefragt, wo sie gerne fotografiert werden wollen. Rund 60 Prozent hatten direkt eine Idee, für die anderen habe ich mir etwas überlegt.“ So haben die gewählten Orte auch immer einen Bezug zum Portraitierten: Dieter Bast wollte gerne vor der Skyline seiner Heimatstadt Oberhausen fotografiert werden, Heinz Knüwe zuhause in Ostwestfalen, Martin Kree in seiner Dortmunder Computerschule und Trainer Klaus Toppmöller traf Solecki im Haus seiner Eltern. Peter Közle dagegen wollte gerne in dem Tattoo-Studio fotografiert werden, wo er sich gerade ein neues Tattoo hatte stechen lassen. Für Ata Lameck dagegen musste sich Thomas Solecki etwas einfallen lassen: „Ich fand, den Rekordspieler müsste man auch auf einen Thron setzen. Deshalb lieh ich mir von meinem Nachbarn einen passenden Sessel und fuhr mit Lameck zum Kirmesplatz.“
Angst, dass er bei seinem Fotoprojekt seine Helden mal von einer ganz anderen Seite kennenlernen würde und sie sich vielleicht als weitaus weniger sympathisch entpuppen würden, als erwartet, hatte Solecki zu keiner Zeit. „Die waren eigentlich alle nett - sogar Hermann Gerland, obwohl er schon ein wenig ruppig war. Aber dafür ist er ja Trainer.“ Thorsten Legat, der unbedingt auf dem Werner Fußballplatz fotografiert werden wollte, auf dem seine Karriere begann, meldete sich hinterher noch zwei Mal, um zu erzählen, wie Trainer Gerland ihn dort entdeckt hat.
Gemeinsam mit einer Texterin in Wuppertal und einer Layouterin in Düsseldorf entstand schließlich das Buch: „Wir haben uns nie gesehen, haben nur übers Internet kommuniziert.“ Das habe prima geklappt - „Obwohl die Texterin Köln-Fan ist und die Layouterin mit Fußball absolut nix am Hut hat. Die hat mich gefragt, was dieses ‚eintausendachthundertachtundvierzig‘ eigentlich bedeuten soll...“
INFOS:
Das Buch „1848 Gold“ mit 136 Seiten ab dem 18. November im Bochumer Buchhandel sowie bei Amazon erhältlich (ISBN 978-3-9814802-0-7). Auf Wunsch gibt es signierte Exemplare direkt bei Thomas Solecki.
Die Ausstellung „1848 Gold - Helden, Legenden, Leidenschaften“ mit allen 48 Portraits der Serie wird am Freitag, 18. November, um 18.48 Uhr im Atrium der Stadtwerke eröffnet. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 30. Dezember.
www.thomas-solecki.de
Autor:Petra Vesper aus Bochum |
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