Bochumer Jahrhunderthalle wird Festivalzentrum
Figurentheaterfestival Fidena kehrt nach vier Jahren zurück

Sind es Kinder? Oder sind es Puppen? Als Deutsche Erstaufführung ist "Pinocchio (live) #2" in den Kammerspielen zu sehen | Foto: Alice Laloy
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  • Sind es Kinder? Oder sind es Puppen? Als Deutsche Erstaufführung ist "Pinocchio (live) #2" in den Kammerspielen zu sehen
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Nach vier Jahren pandemie-bedingter Pause meldet sich das Internationale Festival "Fidena - Figurentheater der Nationen" vom 7. bis 18. Mai 2022 zurück. In Bochum, Hattingen Recklinghausen und Marl werden 15 Inszenierungen an neun Spielorten gezeigt - darunter zwei Deutsche und eine Europäische Erstaufführung sowie eine Uraufführung.

"Wir werden feiern!" Annette Dabs, Intendantin des Festivals "Fidena - Figurentheater der Nationen" gibt sich kämpferisch: Nach vier Jahren pandemiebedingter Pause kehrt das Festival im Mai auf Bühnen in Bochum sowie in Hattingen, Recklinghausen und Marl zurück. Die Corona-Pandemie machte dem im Zwei-Jahres-Rhythmus stattfindenden Festival 2020 einen Strich durch die Rechnung; 2018 ging die letzte Auflage über die Bühne. Damals wurde das 60-jährige Jubiläum des international renommierten Figurentheaterfestivals gefeiert. Die Neuauflage wird nicht nur durch die noch immer andauernde Corona-Pandemie überschattet, sondern nun auch durch die weltpolitische Situation mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine.

Eröffnet werden soll das Festival am 7. Mai erneut mit einer Parade durch die Bochumer Innenstadt, vom Musikforum bis zum Schauspielhaus - so, wie schon bei der letzten Auflage 2018. Damals sorgte die meterhohe Figur der "Punch Agathe" für Aufsehen - und auch in diesem Jahr soll die Parade spektakulär werden. Details werden jedoch noch nicht verraten - nur so viel: "Es werden einige hohe Köpfe und hochfliegende Gedanken dabei sein", gibt sich Annette Dabs geheimnisvoll. Besucher sind eingeladen, von zuhause eigene Puppen mitzubringen. Erlaubt ist, was gefällt - sogar Barbiepuppen.
"Ich bete, dass wir feiern können. Feiern ist heilsam und wird uns allen gut tun", kann die Festival-Macherin und Leiterin des Deutschen Forums für Figurentheater und Puppenspiel mit Sitz in Bochum, nicht verhehlen, wie die aktuelle Situation auch ihr zusetzt. "Es ist eine Situation, wie sie sich wohl niemand von uns jemals hat vorstellen können", macht sie deutlich, wie schwierig die Planungen waren.
Nur ein kleiner Teil des ursprünglich für 2020 geplanten Programms wurden ins diesjährige Festival mitgenommen, darunter das Gastspiel der legendären "Familie Flöz" in der Gebläsehalle der Hattinger Henrichshütte. Die aus dem Ruhrgebiet stammende Gruppe wird inzwischen weltweit gefeiert und zeigt in Hattingen am 11. und 12. Mai ihren Klassiker "Infinita". Anderes musste aufgrund der immer noch unsicheren Reisesituation aus dem Spielplan gestrichen werden - Produktionen aus Asien etwa.
In diesem Jahr steht das Festival unter dem Motto "Die Befragung der Welt" und will einer zunehmend unzivilisierten Welt die Kraft der Poesie und des Theaters entgegen stellen. "Das Figurentheater ist ein ideales Medium für solch ein Hinterfragen unserer Welt und den in ihr vorherrschenden Narrativen", ist sich Annette Dabs sicher. Gerade weil das Figurentheater so oft ein Ort des "Dazwischens" sei, könne es mit Fakten und Fiktionen, Illusion und Wirklichkeit, Märchen und Dystopien und jonglieren. Bestes Beispiel dafür sei das Eröffnungsstück "Pinocchio (live) #2" der französischen Gruppe "La Compagne s'appelle  reviens" (Samstag, 7. Mai, um 18 Uhr in den Kammerspielen), das die altbekannte Pinocchio-Geschichte auf den Kopf stellt: Kinder werden zu Marionetten und diese schließlich wieder lebendig.
Das Festival ist in Bochum an bewährten Spielorten wie dem Prinz-Regent-Theater, den Rottstr5-Kunsthallenund den Kammerspielen zu Gast. Dank der Kooperation mit den Ruhrfestspielen dehnt die Fidena ihren Radius in diesem Jahr zudem bis nach Marl und Recklinghausen aus. "Darüber freue ich mich sehr. Diese Kooperation hatten Olaf Kröck und ich schon für 2020 geplant", verrät Annette Dabs.
Erstmals wird in diesem Jahr das Areal an der Bochumer Jahrhunderthalle zum zentralen Spielort. Aufführungen gibt es dort in der Turbinenhalle sowie im Dampfgebläsehaus. Im Pumpenhaus wird ein Festival-Zentrum eingerichtet: Die "Stachanow-Bar" unter der künstlerischen Leitung von Stefanie Oberhoff bietet ein täglich abwechselndes Programm und soll Ort für Diskussion und Party gleichermaßen sein. Zudem finden im Langendreerer Figurentheaterkolleg offene Workshops statt, die jedem - auch Laien - offen stehen.
Traditionell zeigt die Fidena nicht nur Figurentheater-Produktionen für Erwachsene, sondern auch für jüngere Zuschauer und die ganze Familie. In diesem Jahr ist mit dem Stück "Curiosa" (10. und 11. Mai) des belgischen Theaters "De Spiegel" erneut eine Produktion vertreten, die sich an die allerjüngsten Zuschauer richtet: Kinder ab einem Jahr können in diesem Stück ohne Worte in die Welt des Barock eintauchen.
Mit von der Partie ist in diesem Jahr erneut Puppenspiel-Großmeister Neville Tranter: Gemeinsam mit seinem einstigen Schüler Nikolaus Habjan zeigt er im Theater Marl "The Hills are alive" (17. und 18. Mai) - und wer Neville Tranter kennt, der weiß, dass dabei jede Menge bitterböser Humor nicht fehlen darf.
Doch auch junge Gruppen bekommen bei der Fidena eine große Bühne: So ist mit "Kaffee mit Zucker" (11.Mai) der salvadorianisch-deutschen Gruppe "Laia RiCa" die Siegerproduktion des letztjährigen Fritz-Wortelmann-Preises zu sehen, die sich kritisch mit den politischen Dimensionen des Zuckers auseinander setzt - und mit "Echo of an End"(8. Mai) von Li Kemme der "Fritz"-Preisträger 2019. "Eigentlich hätte dieses Stück schon 2020 bei der Fidena zu sehen seien sollen", bedauert Annette Dabs.
Der Vorverkauf für die Fidena 2022 hat bereits begonnen. Wer dabei sein will, sollte nicht allzu lange zögern - aufgrund der Größe der Veranstaltungsorte ist das Kartenkontingent teilweise begrenzt.
Das gesamte Programm findet sich online unter www.fidena.de. Tickets für die meisten Veranstaltungen sind unter www.eventim.de erhältlich.

Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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