Ruhr International Anfang Juli auf der Wattenscheider Freilichtbühne
Exkursionen in die postmigrantische Gesellschaft

Kabarettist Danko Rabrenovic, auch bekannt als Moderator bei WDR Funkhaus Europa, ist am ersten Festivaltag von Ruhr International dabei. | Foto: Dobrivoie Kerpenisan
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  • Kabarettist Danko Rabrenovic, auch bekannt als Moderator bei WDR Funkhaus Europa, ist am ersten Festivaltag von Ruhr International dabei.
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„Unser Festival Ruhr International läuft seit 2012 sehr erfolgreich und zieht alle zwei Jahre mehr als 20.000 Besucher an“, erklärt Bertram Frewer, der die Stadt Bochum im Leitungsteam des Festivals vertritt. Eine Veranstaltung dieser Größenordnung wird in diesem Sommer pandemiebedingt nicht möglich sein. In kleinerem Rahmen soll das Kulturfest, das im letzten Jahr abgesagt werden musste, aber vom 1. bis zum 3. Juli nachgeholt werden.

Anders als in der Vergangenheit findet Ruhr International, das die Tradition des 1974 ins Leben gerufenen Festivals Kemnade International weiterführt, diesmal allerdings nicht in der Jahrhunderthalle und im Westpark statt, sondern auf der Freilichtbühne Wattenscheid. „Wir werden unser Hygienekonzept dem aktuellen Inzidenzwert anpassen“, sagt Andreas Kuchajda von der Bochumer Veranstaltungs-GmbH, die Ruhr International gemeinsam mit der Stadt Bochum und dem Bahnhof Langendreer veranstaltet, und verspricht, „wir sorgen für ein maximales Kulturerlebnis bei maximaler Sicherheit. Das ist zugleich ein Neustart für die Kultur.“ Wie viele Besucher dabei sein können, ist noch nicht ganz klar, 500 dürften es an den einzelnen Festivaltagen allerdings schon sein.
„Leitthemen sind in diesem Jahr Diversität und Interkultur – diese beiden Begriffe sind relativ jung, stehen aber für gesellschaftliche Entwicklungen, die das Ruhrgebiet spätestens seit den 1960er Jahren prägen“, gibt Bertram Frewer, der Kemnade International von 1998 bis 2009 als Künstlerischer Leiter betreute und seither Teil des Leitungsteams von Ruhr International ist, die Richtung vor. Er erinnert an die Anfänge des Festivals: „Im Jahre 1974 war es etwas Neues, die Kultur der Herkunftsregionen der damals als Gastarbeiter bezeichneten Menschen einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren. Kemnade International war damals sehr folkloristisch orientiert. In den 1990er Jahren prägten dann Formationen wie Microphone Mafia und Sons of Gastarbeita das Bild, die einen ganz anderen Sound einbrachten und die Erfahrungen der zweiten und dritten Zuwanderergeneration zum Ausdruck brachten.“

Das Netzwerk am Leben halten

Die Wasserburg Haus Kemnade, vor deren beeindruckender Kulisse Kemnade International zwischen 1974 und 2009 stattfand, musste wegen höherer Sicherheitsauflagen für Großveranstaltungen und der damit verbundenen Kostensteigerung als Festivalstandort aufgegeben werden. „Im Kulturhauptstadtjahr 2010 gab es noch einmal eine Sonderedition der Veranstaltung am Kemnader Stausee. Danach ging Ruhr International als neues Festival ab 2012 in der Jahrhunderthalle an den Start“, blickt Bertram Frewer zurück. Nach der coronabedingten Absage im vergangenen Jahr war die Sorge bei den Veranstaltern groß, wie Bertram Frewer erklärt: „Netzwerke sterben ab, wenn ein Festival vier Jahre pausiert. Mit der Freilichtbühne Wattenscheid, die schon durch die Veranstaltungsreihe Odyssee ihre Tauglichkeit für Veranstaltungen aus dem Bereich der Weltmusik bewiesen hat, haben wir einen geeigneten Ort für eine Neuauflage von Ruhr International in kleinerem Rahmen gefunden.“
Der erste Festivaltag steht dabei ganz im Zeichen von Kabarett und Comedy. Danko Rabrenovic, Senay Duzcu und Tamika Campbell haben Wurzeln auf dem Balkan, in der Türkei und den USA und werfen aus ihrer jeweiligen Perspektive einen Blick auf den deutschen Alltag. Musikliebhaber kommen dann am zweiten Tag auf ihre Kosten, wenn die Global-Pop-Band „Il Civetto“ auftritt. Am dritten Tag bietet das Projekt Interkultur Ruhr, das vom Regionalverband Ruhr (RVR) getragen wird und mit dem Ruhr International schon länger kooperiert, ein Netzwerktreffen für Akteure der interkulturellen Arbeit aus Kultur, Verwaltung und Politik an. Die Musik kommt aber auch an diesem Tag nicht zu kurz: In Kooperation mit dem Verein Teranga Bochum präsentiert Interkultur Ruhr ein Konzert der Gruppe Anewal aus dem Niger. „Unser Festivalprogramm ist Ausdruck einer postmigrantischen Gesellschaft“, bringt Johanna-Yasirra Kluhs das Selbstverständnis von Ruhr International auf den Punkt. Denn genau darum geht es: eine Gemeinschaft zu bilden, die ihre Rolle als Einwanderungsgesellschaft offensiv annimmt und selbstbewusst gestaltet.

Infos
- Der Eintritt zu Ruhr International ist frei, eine Anmeldung ist jedoch erforderlich. Alle Infos gibt es auf: ruhr-international.de.
- Anmeldungen zum Netzwerktreffen werden bis Mittwoch, 16. Juni, entgegengenommen. Näheres hierzu ist auf: interkultur.ruhr zu finden.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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